Berlin/Schönefeld. Im Zuge der Erweiterungen des BER will die Flughafengesellschaft den geplanten Bau des zweiten großen Terminals T2 von privaten Geldgebern bezahlen lassen. Das Gebäude könnte für 15 Jahre von einer dafür zu gründenden Projektgesellschaft gemietet und dann zum Restwert gekauft werden.
Diesen Kunstgriff erläuterte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup nach Informationen der Berliner Morgenpost den Spitzen von SPD, Linken und Grünen im Koalitionsausschuss zum BER. Für Lütke Daldrup hätte diese Konstruktion zwei entscheidende Vorteile: Er könnte einen für die Umsetzung des Masterplans nach einer BER-Eröffnung bereit stehenden Kredit heranziehen, um das Hauptterminal fertig zu bauen und bräuchte zunächst kein zusätzliches Geld aufzutreiben. Zweitens würde die von den öffentlichen Gesellschaftern Berlin, Brandenburg und Bund benötigte Finanzspritze weiter reduziert.

Zusätzlicher Finanzbedarf von 770 Millionen Euro
Denn vor allem in Brandenburg und unter Berlins Grünen gibt es massive Bedenken, einen weiteren Scheck für die Fertigstellung des BER auszustellen. Im Businessplan der Flughafengesellschaft, über den der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am Freitag beraten soll, wird der zusätzliche Finanzbedarf bis zum für Oktober 2020 geplanten Start des neuen Flughafens mit 770 Millionen Euro kalkuliert.
Lütke Daldrup hofft, die Flughafengesellschaft werde etwa die Hälfte dieser Summe auf dem Kapitalmarkt selber besorgen können. Hierbei soll es sich um Kredite handeln, die die öffentlichen Eigentümer maximal zu 80 Prozent absichern.
Steuerzahler müssen noch 200 Millionen Euro zahlen
Bürgschaften über die volle Darlehenshöhe sind nicht nur politisch umstritten. Eine Komplettgarantie des Staates würde auch die EU-Wettbewerbskommission wieder auf den Plan rufen, die solche Beihilfen erneut genehmigen müsste. Das wollen die Beteiligten tunlichst vermeiden.
Der Mietkauf des zweiten Terminals, das gegenüber dem noch immer nicht fertigen Haupt-Abfertigungsgebäude entstehen soll, würde das Budget der Flughafengesellschaft kurzfristig zusätzlich um 200 bis 250 Millionen Euro entlasten. Die Mietraten ließen sich hingegen aus den nach dem BER- Start deutlich erhöhten Einnahmen refinanzieren. Letztlich bliebe in diesem Fall für die Gesellschafter nur noch eine Lücke zwischen 100 und 200 Millionen Euro, die sie durch weiteres Steuergeld schließen müssten. Jeder der drei Eigentümer müsste also noch um die 50 bis 70 Millionen Euro aufbringen, argumentierte Lütke Daldrup nach Informationen der Morgenpost am Dienstag im Koalitionsausschuss.
Über Finanzierung des BER soll bis Mai entschieden werden
Dass sich die beiden Länder und die Bundesregierung bei Bedarf auch noch einmal finanziell engagieren würden, hatte am Abend zuvor die Gesellschafterversammlung deutlich gemacht. Mit einer solchen Zusage dürfte es für Finanz-Geschäftsführerin Heike Fölster deutlich leichter und auch günstiger werden, Geld von privaten Financiers für die Vollendung des BER aufzutreiben. Ohne die Aussage dürften erheblich höhere Zinsen anfallen.
Über die Finanzierung des BER soll nun bis Mai entschieden werden. Dann müsse der Aufsichtsrat abschließend über den Business-Plan entscheiden, auch die jeweiligen Regierungen sollen ihr Okay geben.
Vor allem in Kreisen der SPD und unter den Linken in Berlin gibt es erhebliche Vorbehalte, den Weiterbau des BER quasi zu privatisieren. Zumal auch Lütke Daldrup weiß, dass solche Mietkäufe die Flughafengesellschaft auf lange Sicht teurer kommen als ein Gebäude vorab zu finanzieren. Man verschiebe damit Lasten in die Zukunft, mahnen die Kritiker. Gleichzeitig drängen aber vor allem die Brandenburger darauf, dass der Flughafen selber Lösungen für seinen Geldbedarf finden müsse.
Einzelne Gewerke erst Anfang 2019 abgeschlossen
Weiterhin sorgenvoll blicken Teilnehmer der Koalitions-Spitzenrunde auf die Lage auf der Baustelle. Inzwischen räumt der Flughafen ein, dass der Bau eben nicht wie zuletzt vermittelt im Sommer 2018 fertig werde. Einzelne Gewerke könnten erst Anfang 2019 abgeschlossen sein. Erst danach könnten die Anlagen im Zusammenhang geprüft werden. Vor allem Siemens müsse bei der Programmierung der Entrauchungssteuerung noch mal ein paar Schritte zurück machen, hieß es.
Lütke Daldrup versicherte der Runde jedoch, er habe diese Verzögerungen schon in seinen im Dezember vorgestellten Zeitplänen berücksichtigt und hinreichend Puffer eingeplant. Er warnte die Skeptiker, nicht alle „Kassandra-Rufe“ zu glauben, die sie von der Baustelle erreichten. Nicht umsonst werde es eben noch mehr als zweieinhalb Jahre dauern, ehe am BER die Flugzeuge abheben könnten. Dennoch blieb Skepsis in der Runde: Erneut wurde die Möglichkeit beraten, den BER auch ohne fertigen Hauptterminal in Betrieb zu nehmen. Lütke Daldrup hält von solchen Überlegungen jedoch gar nichts.
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