BER-Debakel

Flughafen BER könnte fast sechs Milliarden Euro kosten

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Sabine Gundlach

Foto: Ralf Hirschberger / dpa

Einem Bericht zufolge soll der Pannenflughafen BER jetzt noch mal um 1,1 Milliarden teurer werden. Zudem listet ein bislang vertrauliches Gutachten im Internet die Planungsfehler auf.

Jetzt ist es öffentlich: Die gravierenden Änderungsanordnungen der Flughafengesellschaft zu teilweise bereits genehmigten Planungen haben wesentlich zur Verschiebung der Eröffnungstermine für den Großflughafen BER beigetragen. Das belegt ein Gutachten der „Ernst & Young Real Estate GmbH“ (EYRE). Das bereits am 27. April 2012 vorgelegte Gutachten, das „erhebliche Projektstörungen“ beim BER benennt, war vom BER-Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus am Freitag vergangener Woche per Polizeieinsatz beim Architektenbüro Gerkan, Marg und Partner (GMP) eingefordert worden.

Die bislang als vertraulich geltende Unterlage ist jetzt im Internet öffentlich einsehbar. Nach monatelangen Bemühungen in Form von Anträgen und Anfragen ist es Katrin Arendt von der Friedrichshagener Bürgerinitiative gelungen, Akteneinsicht zu erhalten und das 25 Seiten umfassende Gutachten im Internet zu veröffentlichen.

„Nachdem vergangenes Jahr die für den 3. Juni 2012 geplante Eröffnung des BER geplatzt war und daraufhin plötzlich die Architekten entlassen wurden, weil sie als Verantwortliche herhalten mussten, wollte ich wissen, was da wirklich passiert ist“, begründete Katrin Arendt am Donnerstag gegenüber der Berliner Morgenpost ihr hartnäckiges Nachfragen. Sie habe bereits im Juni 2012 Akteneinsicht beantragt – der Weg, bis das nun endlich möglich wurde, fülle unterdessen einen ganzen Aktenordner, sagte Arendt.

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Erste Anfragen im Sommer 2012 bei den damaligen Aufsichtsratmitgliedern der Flughafengesellschaft, dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Brandenburgs ehemaligem Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) und dem Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums Rainer Bomba (CDU), seien teilweise unter Hinweis darauf, dass man ein solches Gutachten nicht kenne, abgelehnt worden. Erst nach mehreren Anläufen sei ihr jetzt vom Bundesverkehrsministerium Einsicht gewährt worden.

Nach Informationen der Berliner Morgenpost wurde das Gutachten bereits Ende 2011 von dem Büro Gerkan, Marg und Partner Architekten bei der Ernst & Young Real Estate GmbH in Auftrag gegeben. Aufgabe der unabhängigen Prüfer war die „Sachverhaltsdarstellung zu Störungen des Projektablaufes und deren Verzögerungen“ – so, wie auch der Titel des Gutachtens lautet. Die Wirtschaftsprüfer von EYRE hatten bereits unter anderem aufgrund der von ihnen geleisteten Aufarbeitung des Sachverhalts der Planungen und Verzögerungen des neuen Terminals am Flughafen Wien hinreichend Erfahrungen in diesem Bereich.

Neue Baugenehmigung nötig

In ihrem Gutachten kommen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Flughafengesellschaft „den vorgesehenen Planungsablauf durch umfangreiche Änderungsanordnungen erheblich gestört hat“. Weiter heißt es: „Im ersten Halbjahr 2008 hat die FBS (Flughafengesellschaft, die Red.) gravierende Änderungen zur bis dato bestehenden Entwurfsplanung (Stand Oktober 2007) angeordnet.“ Insbesondere Änderungen der Bahnstatik, der Fluggastbrücken und nicht zuletzt die Änderungen des Hauptpiers Süd hätten zu massiven Eingriffen in die bestehende Planung geführt und „erforderten sogar eine neue Baugenehmigung“. Während der gesamten Planungs- und Bauausführungsphase habe die Flughafengesellschaft etwa 500 weitere Änderungen zur bestehenden Planung angeordnet.

Im Büro des Architekten Meinhard von Gerkan reagierte man am Donnerstag erwartungsgemäß bedeckt. „Wir können uns dazu nicht äußern“, sagte GMP-Sprecher Michael Kuhn. Auch die Planer des Büros wollten sich zu der Angelegenheit nicht äußern.

Dass Verzögerungen des BER-Projekts bereits lange vor 2011 prognostiziert wurden, belegt das BER-Gutachten unter Bezug auf eine Stellungnahme des damaligen Construction Managers Drees & Sommer. Das Unternehmen hatte bereits im Januar 2009 auf eine Überschreitung der Fristen der Ausbautätigkeiten um circa drei bis vier Monate verwiesen und eine Gefährdung der damals vorgesehenen Inbetriebnahme am 31. Oktober 2011 prognostiziert.

Bericht: BER soll fast sechs Milliarden kosten

Einem Bericht der „Bild“-Zeitung zufolge soll der BER noch einmal 1,1 Milliarden Euro teurer werden. Die Zeitung bezieht sich auf einen geheimen Bericht des Projektsteuerers WSP/CBP. Demnach benötige die Flughafengesellschaft eine „kaufmännische Vorsorge über 1,1 Milliarden Euro“, um die Fertigstellung des Flughafens sicherzustellen. Damit würde der Flughafen insgesamt 5,7 Milliarden Euro kosten. Bislang ging man von 4,6 Milliarden Euro Gesamtkosten aus.

Laut dem Bericht fließen darin Prognoseerhöhungen, weitere Planungs- und Baumaßnahmen, die längere Sicherung und Kontrolle der Baustelle, der bessere Schallschutz und diverse Kosten mit ein. Die Projektsteuerer würden zudem einen Risikopuffer von zusätzlichen 205 Millionen Euro empfehlen, heißt es weiter.

Die Gesellschafter verwiesen laut „Bild“ darauf, dass der Flughafen noch keine konkreten Zahlen vorgelegt habe.