BER-Ausschuss

Eberhard Diepgen rechtfertigt Entscheidung für BER

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Viktoria Solms

Foto: Paul Zinken / dpa

Der ehemalige Regierende Bürgermeister Diepgen steht zum BER-Standort. Es habe 1996 ausschlaggebende Gründe für Schönefeld gegeben.

Bislang hat der Berliner Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des BER-Debakels nur wenige neue Erkenntnisse gebracht. Die Erwartungen waren daher groß, als der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zur Befragung ins Abgeordnetenhaus kam und am Zeugentisch Platz nahm. 72 Jahre ist Diepgen alt. Gleich zu Beginn wies er auf die „Erkenntnisse der Hirnforschung“ hin, denen zufolge manche Erinnerungen verblassen.

Es wäre nicht nötig gewesen. Diepgen hatte die meisten Ereignisse noch gut im Kopf. Ohnehin hatte er nur die eingeschränkte Aufmerksamkeit der Parlamentarier. Seine Befragung begann zur Mittagszeit. Im Raum hing der Geruch von Würstchen. Mehrere bissen auch dann noch in ihre Brötchen, als Diepgen längst ausführte, wieso der neue Großflughafen am Ende in Schönefeld gebaut wurde.

„Es gab unterschiedliche Interessenlagen der Gesellschafter“, sagte Diepgen. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht.“ Zumal im Raumordnungsverfahren Sperenberg als Standort für den Großflughafen besser abschnitt als Schönefeld.

Entscheidung umstritten

1996 einigten sich Berlin, Brandenburg und der Bund dagegen auf Schönefeld. Dies empfanden viele Bürger als plötzlichen Meinungsumschwung, was Diepgen abstritt. Der Konsensbeschluss sei noch nicht bindend, „sondern nur die Aufforderung zur weiteren Planung gewesen“. Die Planfeststellung mit der endgültigen Festlegung für Schönefeld sei dagegen erst nach seiner Amtszeit gefallen.

Bis heute ist die Entscheidung umstritten. In Schönefeld sind viel mehr Menschen Fluglärm ausgesetzt als es in dem dünn besiedelten Gebiet rund um Sperenberg der Fall gewesen wäre. Zudem kann der Luftverkehr hier in Stadtnähe nicht so stark wachsen, da die Anwohner nachts Ruhe vom Fluglärm brauchen. Zudem wurde am Freitag bekannt, dass schon von diesem November an die Nachtruheregelung gelten könnte.

Dies würde bedeuten, dass zwischen 23.30 und 5.30 Uhr keine Luftfahrzeuge starten und landen dürfen. Bis Mitternacht wären allenfalls verspätete, ab 5.00 Uhr verfrühte Flüge gestattet. Einen entsprechenden Vorschlag unterbreitete Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Freitag.

Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt waren ausschlaggebend

Diepgen erläuterte im Untersuchungsausschuss, dass man viele verschiedene Punkte abgewogene habe. So habe man sich von der Nähe zu Berlin neue Unternehmensansiedlungen erhofft. „Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt waren ein wichtiger Faktor“, so Diepgen. Zudem habe es ein Umweltgutachten gegeben, das vor den Eingriffen in die Natur rund um Sperenberg warnte. Dort hätte man Tausende von Bäumen fällen müssen. Zudem fürchtete man negative Folgen für das Grundwasser.

Der ehemalige Regierende Bürgermeister gab offen zu, dass auch er zunächst für Sperenberg gewesen sei. Doch als die Landesregierung in Potsdam die Verkehrsanbindung zu dem von Berlin rund 44 Kilometer entfernten Sperenberg nicht vorfinanzieren wollte, sei die Entscheidung für Schönefeld gefallen. Kritik übte Diepgen an der Lufthansa. Der Konzern habe zwar im sogenannten Non-Aviation-Bereich viel in Berlin investiert und unter anderem ein Call-Center aufgebaut. Doch Flughäfen wie München und Frankfurt seien der Lufthansa trotz anders lautender Beteuerungen am Ende wichtiger gewesen als Berlin, so Diepgen.

Vor Diepgen wurde der frühere Flughafen-Aufsichtsratschef und spätere BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel befragt. Er war von 1994 bis 1996 Chef des Aufsichtsrats. Das sei eine „Schlangengrube“ gewesen, so Henkel. Dem jetzigen Aufsichtsrat warf er vor, in den vergangenen Jahren schwere Fehler gemacht zu haben, die zu ausufernden Kosten und Verspätungen geführt hätten.

Flugbetrieb soll nicht behindert werden

„Wenn man die für Juni 2012 geplante Eröffnung drei Wochen vorher absagt und jetzt noch mal ein oder sogar zwei weitere Jahre braucht, ist dort etwas grundlegend falsch gelaufen“, so Henkel. Ein Unternehmenschef müsse dafür sorgen, dass die Mitarbeiter widersprechen und auf Probleme hinweisen. Henkel würde es gut finden, wenn der ehemalige Fraport-Chef Wilhelm Bender Chef des BER würde. „Dann hätten wir einen Riesenfortschritt gemacht“, sagte Henkel.

Der neue Flughafen-Koordinator in Brandenburgs Staatskanzlei, Rainer Bretschneider, hat in Potsdam erläutert, wie es am BER weitergehen soll. Als Erstes müsse die noch unvollständige Geschäftsführung der Flughafengesellschaft handlungsfähig werden, sagte Bretschneider. Dann müsse der neue Hauptstadt-Flughafen in Gang gebracht werden. Dabei dürfe man aber nicht den laufenden Flugbetrieb in Tegel und Schönefeld vernachlässigen.

Bis Mitte Februar will Bretschneider die von ihm geführte zehnköpfige Gruppe zusammengestellt haben. Sie soll vor allem Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) unterstützen, der im Januar den Vorsitz im Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft übernommen hat.