Mamas und Papas

Sohn Hans schenkt „Sonntag ohne i-bad“ im Adventskalender

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Kolumnist Hajo Schumacher über einen besonderen Adventskalender, den sein Sohn Hans ihm geschenkt hat. Darin sind 24 Dienstleistungen, die sein Kind der Familie erfüllen möchte. Es hapert bei der Umsetzung.

Wir sind eine Bastel-Familie. Seit Gerhard Schröder Kanzler wurde, lagern wir geschnippelte, geklebte, getöpferte Dings - nun, sagen wir: Objekte im Keller, deren Funktion selbst ihren Schöpfern entfallen ist. „Das war doch eine Krippe?“, fragte ich Hans, als wir neulich mit einer Schneeschaufel unsere 17 Kartons mit Weihnachtskrempel freigelegt hatten. „Nein, Papa“, entgegnete der Kleine empört, „das ist der Weihnachtsmann auf seinem Schlitten.“ Aha.

In dieser Adventszeit traf es uns besonders hart. Bislang mussten wir uns nur am Heiligen Abend über Ton- oder Salzteigklumpen freuen müssen. Nun aber sind wir täglich gefordert. Denn Hans hat uns einen Adventskalender geschenkt. Mein Wunsch, er möge sein Erspartes auf 24 Beutelchen verteilen, um seinem Erzeuger allabendlich ein Bier im „Flair“ zu ermöglichen, wurde von der Chefin abgelehnt.

Adventskalender als Psychogramm des Sohnes

Hansens Kalender ist ein wunderbares Psychogramm. Statt kleiner Geschenke bekommen wir jeden Morgen eine Dienstleistung. So werden 24 Facetten des kindlichen schlechten Gewissens abgebildet. Und was zum Raten ist auch dabei. „Beten machen“ zum Beispiel. Huch, will er plötzlich Papst werden? „Betten“ übersetzte die Chefin. Interessant auch die Offerten: „Muöll runterbriengen“ und „zimmer aufhreumen“. Die Chefin suchte die Nummer vom Schulpsychologen, aber ich konnte die Rechtschreibschwäche erklären: Bei haushaltsnahen Tätigkeiten befällt das Kind eine spontane Legasthenie, was wiederum an seiner Allergie gegen Putzmittel und Staubsaugerbeutel liegt, die seit Generationen in unserer Familie nistet. Wir müssen wohl mit dem Fluch leben, an der Raumpflege aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen zu können. Hans kompensiert den unbewussten Mangelschmerz mit willkürlich verstreuten „h“. Keihn Gruhnd zuhr Pahnik.

An welchen Stellen seiner zarten Seele zwackt es noch? „Die ganze Woche Radio1 hören auser in meinem zimmer“. Das ist mal eine Überraschung. Sieben Tage kein Radio Teddy, weder in der Küche noch im Auto – ein Fest für die Ohren. „Schneller anziehen“ kam bislang in drei Varianten vor, ohne einmal eingelöst worden zu sein. Kein Druck, mahnt die Chefin, das Jahr sei ja noch lang. Das Angebot „Wäsche aufhengen“ werden wir ablehnen, denn bei Hansens Technik, den Korb feuchten Textils einfach auf den Ständer zu kippen, wachsen eher Pilzkulturen, als dass auch nur eine Socke trocknet.

„Brötchen holen“ nehmen wir dagegen gern, obwohl der Racker natürlich nur deswegen sonntags zum Bäcker schlurft, damit er sich unterwegs das erste Schoko-Croissant einverleiben kann. Nach dem Frühstück werden wir einen Spielenachmittag veranstalten, mit echten Karten, weil sich unser tapferer Spross („Sonntag kein i-bad“) die elektronische Unterhaltung verboten hat. Prima. Dann kann ich ja endlich mal daddeln.