Frankfurt (Oder)/Potsdam. Ermittlern in Brandenburg sind gleich zwei spektakuläre Einsätze gegen Drogenschmuggel gelungen. Dabei stellten sie die größte jemals in Deutschland gefundene Menge Heroin sicher und zerschlugen einen internationalen Drogenring.
Zunächst bescherte ein Einsatz an der deutsch-polnischen Grenze dem Zoll den größten Drogenfund aller Zeiten in Deutschland. Bei der Durchsuchung eines Lkw, der kurz zuvor den Grenzübergang Frankfurt (Oder) passiert hatte, entdeckten Beamte 670 Kilogramm Heroin.
Der Einsatz erfolgte bereits in der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni. Ein Sprecher des Zollfahndungsamtes Berlin-Brandenburg bestätigte entsprechende Informationen der Berliner Morgenpost.
Der Lkw kam, wie die Morgenpost aus Ermittlerkreisen erfuhr, aus der ehemaligen sowjetischen Teilrepublik Kirgisistan, die Fracht war für Belgien bestimmt. Der türkische Fahrer des Lkw mit georgischen Kennzeichen wurde noch während des Einsatzes festgenommen und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Die bisherigen Vernehmungen des Mannes sollen allerdings wenig ergiebig gewesen sein.
Deklariert war die gesamte Fracht als „türkischer Honig“. Das führte automatisch dazu, dass es beim Eintritt in die EU an der Grenze zwischen Weißrussland und Litauen bereits eine stichprobenartige Kontrolle der Ladung gab, bei der Einfuhr von Lebensmitteln in die EU ist dies vorgeschrieben. Bei dieser eher oberflächlichen Kontrolle blieben die Drogen allerdings noch unentdeckt.
Die Beamten nahmen den Lkw quasi komplett auseinander
An der deutsch-polnischen Grenze sah das allerdings anders aus. Die Beamten von Zoll und Zollfahndung erwarteten, unterstützt von der Bundespolizei, den Lkw bereits, sie hatten offenbar zuvor einen Tipp bekommen. Das Fahrzeug wurde quasi komplett auseinandergenommen, so stießen die Beamten auf die außergewöhnlich große Menge.
Wie die Morgenpost weiter erfuhr, soll der Hinweis auf den Drogentransport von einer Person gekommen war, die zuvor in den Niederlanden in anderer Sache festgenommen wurde. Die Information wurde umgehend an die deutschen Behörden weitergeleitet.
Marihuana in Brandenburg: Ermittler fangen eine Vierteltonne ab
Am Mittwoch wurde bekannt, dass Ermittler einen internationalen Drogenring zerschlagen haben. Ein Spezialeinsatzkommando habe fünf Männer und eine Frau vorläufig festgenommen, Hunderte Kilo Drogen im Verkaufswert von rund 3,4 Millionen Euro seien sichergestellt worden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft Cottbus am Mittwoch in Potsdam mit. Die Lieferung sei aus Spanien gekommen.
Einsatzkräfte von Landeskriminalamt (LKA) und Zollfahndung hatten am vergangenen Freitag nach ihren Angaben einen Lastwagen abgefangen, der rund 250 Kilogramm Marihuana zu einer Lagerhalle in Großwoltersdorf (Kreis Oberhavel) brachte. Die Drogen waren demnach gut getarnt: Sie seien unter rund 20 Tonnen Salat versteckt worden. Rund 100 Kräfte aus dem LKA, Bereitschaftspolizei und Spezialeinheiten waren bei dem Einsatz dabei.
Danach durchsuchten die Ermittler Wohn- und Lagerräume und fanden gleich noch mehr Drogen: 20 Kilogramm Amphetamin, 15 Kilo Ecstasy, zwei Kilo Haschisch, 100 Gramm Kokain, 64 Gramm Crystal sowie Streckmittel und Waagen. Die Beamten entdeckten außerdem Schusswaffen, eine Armbrust, Messer und Macheten. Das Amtsgericht Cottbus ordnete am vergangenen Sonnabend Untersuchungshaft für die sechs Verdächtigen im Alter zwischen 32 und 47 Jahren an.
Drogen in Brandenburg: Ermittler hatten die Lieferung bereits erwartet
Schon seit einem halben Jahr sei die gemeinsame Ermittlungsgruppe Rauschgiftkriminalität aus LKA und Zollfahndungsamt der Gruppe im Auftrag der Staatsanwaltschaft Cottbus auf der Spur gewesen, berichteten Polizei und Staatsanwaltschaft. Sie hätten die Lieferung nach Brandenburg bereits erwartet. Die Ermittlungen gegen die Gruppe dauerten noch. Die Gemeinsame Ermittlungsgruppe Rauschgift von Brandenburg wurde 1997 gegründet. Sie richtet sich gegen die organisierte Rauschgiftkriminalität.
Ermittler der Zollfahndung nutzen bei Vernehmungen EU-weit unter anderem Formulare, die in etwa drei Dutzend Sprachen vorliegen. In ihnen werden Verdächtige in ihrer jeweiligen Landessprache darüber informiert, dass eine Kooperation mit den Behörden im Falle einer späteren Verurteilung zu ihren Gunsten ausgelegt werden kann. Offenbar hat sich der in den Niederlanden festgenommene Mann für diese Möglichkeit entschieden.
Und dem deutschen Zoll bescherte die Information einen Erfolg, wie er den Fahnder im Kampf gegen den Drogenschmuggel nur selten zuteil wird. Größere Mengen wurden bislang lediglich bei Kokain-Lieferungen entdeckt, die per Schiff aus Lateinamerika kamen.
Großer Heroinfund in Frankfurt (Oder) bereits 1999
Einen der bislang größten Heroinfunde gab es ebenfalls am Grenzübergang Frankfurt (Oder). Der liegt allerdings 20 Jahre zurück und entdeckt wurden damals 316 Kilogramm, versteckt im doppelten Boden eines türkischen Lkw. Und vor vier Jahren entdeckten Fahnder bei einem Einsatz gegen eine Schmugglerbande in einer Werkshalle in Köln etwa 330 Kilogramm Heroin.
Beim Straßenverkaufswert der 670 Kilogramm Heroin gehen die Behörden von einer Summe im zweistelligen Millionenbereich aus. Für die Ermittlung des genauen Wertes sind umfangreiche chemische Untersuchungen zum Reinheitsgehalt des Heroins nötig.
Nach Einschätzung von Ermittlern kommt die entdeckte Lieferung mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einem der großen Opium-Anbaugebiete im Norden Afghanistans. Die dortigen Ernten werden offenbar häufig in eine der benachbarten Republiken wie Kirgisistan, Tadschikistan oder Usbekistan gebracht, wo sie verarbeitet und für den Transport verpackt werden.
Warum der Zoll den überaus erfolgreichen Einsatz mehr als zwei Wochen geheim hielt, ist unklar. Denn inzwischen ist der Fund gleich mehreren Behörden bekannt. Die örtlichen Dienststellen (Hauptzollamt Frankfurt (Oder), Zollfahndungsamt Berlin Brandenburg) haben längst vorschriftsmäßig eine so genannte WE-Meldung (WE = wichtiges Ereignis) an vorgesetzte Stellen bis hinauf zum Bundesfinanzministerium abgesetzt.
Drogentransporte werden von den Banden überwacht
Wer die eigentlichen Abnehmer der Ware am Zielort in Belgien waren, wird sich nach dem Zugriff vermutlich nicht mehr oder nur schwer feststellen lassen. Fest steht allerdings, dass dort wohl niemand mehr auf die Lieferung wartet. Große Drogentransporte, die organisierte Banden durchführen, werden häufig unauffällig begleitet, zumindest werden sie an neuralgischen Punkten wie Grenzübergängen beobachtet. Dass dieser Transport aufgeflogen ist, dürfte den Drahtziehern vermutlich bereits bekannt gewesen sein, als die Durchsuchung des Lkw noch lief.