Veterinärmedizin

FU Berlin eröffnet Pferdeflüsterer-Zentrum in Bad Saarow

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Christiane Flechtner

Foto: Patrick Pleul / dpa

Einmalig in Europa: Die Freie Universität Berlin eröffnet im Brandenburgischen Bad Saarow das erste Pferdezentrum. 30 Studienplätze wird das Kompetenzzentrum für Zucht und Forschung jährlich anbieten.

„Zehn gute Pferde zu bekommen, ist leichter als einen guten Pferdekenner.“ Mit diesem chinesischen Sprichwort begann Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität Berlin (FU), am Donnerstag die Feierstunde zur Eröffnung des neuen universitätseigenen Pferdezentrums in Bad Saarow. Alt ist sich sicher, dass es mit dieser europaweit einmaligen Einrichtung „schon bald zahlreiche Pferdekenner“ geben werde.

Der artgerechte, gewaltfreie Umgang mit Pferden steht im Mittelpunkt des neuen Kompetenzzentrums für Pferdezucht und Wissenschaften. Auf dem 13 Hektar großen Areal werden künftig Reproduktionsmedizin, Pferdezucht und artgerechter Umgang mit dem Pferd betrieben und gelehrt. Und in der Einrichtung werden ab dem Wintersemester auch Teile des neuen Bachelorstudiengangs Pferdewissenschaften angeboten. Zur Anlange gehören eine 1600 Quadratmeter große Reithalle samt Tribüne mit überdachten Zugangswegen für die Vierbeiner sowie überdachte Führmaschinen, in denen sich je vier Pferde in beliebigem Tempo bewegen lassen. Für das Wohl der Tiere sind die Böden im Pferdezentrum trittgedämmt, es gibt hochwertige Boxengatter in den Ställen, und auch Longierringe sowie Reitplätze stehen zur Verfügung.

Mit dem Pferdezentrum wird das Spektrum der Leistungen deutlich erweitert, das die Klinik für Pferde, allgemeine Chirurgie und Radiologie des Fachbereichs Veterinärmedizin am Standort der Freien Universität in Berlin-Düppel anbietet. Angesiedelt ist dort unter anderem eine von der Europäischen Union zertifizierte Besamungs- und Embryotransferstation.

Doch das Areal bietet noch mehr: Angeboten werden auch Dienstleistungen für Pferdebesitzer wie die Ausbildung von Pferden, insbesondere Jungtieren. Der FU-Präsident erklärte bei der Eröffnung: „Das neue Pferdezentrum Bad Saarow stellt eine ideale Ergänzung unseres Fachbereichs Veterinärmedizin dar.“ Es sei von großem Wert für die praktischen Ausbildungsanteile der Pferdewissenschaften an der Freien Universität.

Artgerechter Umgang mit Reit-, Sport- und Zuchttieren

Eine wichtige Komponente des Bachelorstudiengangs sei das Erlernen des artgerechten Umgangs mit dem Tier. Hierzu erklärte Johannes Handler, Universitätsprofessor und Leiter des Pferdezentrums: „Für die Blockseminare und praktischen Übungen, die hier im Pferdezentrum in Bad Saarow stattfinden werden, werden schon jetzt 23 eigene Lehrpferde gehalten, überwiegend Tiere der Rasse Haflinger und Warmblut.“

So widmen die Studierenden die mit Abstand meiste Zeit ihrer Ausbildung dem Verhalten des Pferdes – der Ethologie – und der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Auch an den bis zu 30 Pferdepatienten, die hier Platz finden können, werden die Studierenden geschult, unter anderem in der Überwachung von Geburten oder bei der Behandlung von Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane.

Handler hob den artgerechten Umgang mit Pferden hervor, der im Zentrum im Vordergrund stehe: „Wenn junge Pferde von Menschen zu einem Nutztier ausgebildet werden – ob zu einem Reit-, Freizeit-, Sport- oder Zuchttier –, werden immer noch Fehler gemacht.

Wir wollen, dass die Fehler minimiert werden, und verfolgen in unserer Ausbildung den Ansatz, Pferde für eine Aufgabe zu gewinnen.“ In der Regel liege es einfach an einem falschen Umgang, wenn Pferde in einer bestimmten Situation scheuten oder sich nicht verladen ließen. Ziel sei es also, mit den Tieren so zu kommunizieren, dass sie selbst lernten, auf die vom Menschen gewünschte Weise zu reagieren und dessen Wünsche zu erfüllen.

30 Studienplätze pro Jahr

Mit dem Nutzungskonzept aus Forschung, Dienstleistung und Ausbildung überzeugte die Freie Universität die Besitzerin des Areals, die Geschäftsführerin der Scharmützelsee Golfhotel- und Sportanlagen GmbH, Ulrike Haselsteiner. Der Ehefrau des früheren Vorstandsvorsitzenden des Baukonzerns Strabag, Hans Peter Haselsteiner, liegen Pferde sehr am Herzen: „Mir ist es wichtig, dass die Ausbildung in artgerechtem Umgang mit Pferden wissenschaftlich etabliert wird. Dieses Ziel verfolgt die Freie Universität.“

Die Idee, den Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität um den Standort in Bad Saarow zu erweitern und mit den österreichischen Mäzenen Ulrike und Hans Peter Haselsteiner über eine Nutzung zu verhandeln, kam vom langjährigen Dekan der Universität, Professor Leo Brunnberg. „Ein solch breitgefächertes Angebot wie in Bad Saarow hätten wir in Düppel aus Platzgründen nicht anbieten können“, sagte er. „Und so bin ich froh, dass wir diese exzellente Einrichtung für unsere Studierenden der Veterinärmedizin nutzen können.“

Voraussetzungen für die Bewerbung um einen von 30 Plätzen pro Jahr im Studiengang sind das Abitur und Erfahrungen im Umgang mit Pferden, beispielsweise durch eine Reitausbildung. Die Ausschreibungsfrist beginnt im Juni. Ein Service für Studenten mit Pferden: Sie können ihr Tier für die Dauer des sechssemestrigen Studiums in Bad Saarow einstellen.