Fernseh-Show

Abiturient Jacob Schrot will Kanzler werden

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Gudrun Mallwitz

Foto: ddp / ddp/DDP

Er ist erst 18 - trotzdem findet Jacob Schrot: Bundeskanzler sein, das könnte er auch. Schrot ist Unicef- Jugendbotschafter, CDU-Mitglied, außerdem bei Amnesty International tätig - und ein wenig Kanzlerkandidat ist er nun auch. Der Schüler aus Brandenburg an der Havel tritt am heutigen Freitag im Finale der ZDF-Show „Ich kann Kanzler" an.

Bei Jacob Schrot könnte sich so mancher Politiker etwas abschauen. Der Junge ist nicht auf den Mund gefallen. Und was er sagt, hat ziemlich viel Substanz. Vor allem erscheint er durch und durch politisch – und nicht machtbesessen. „Politik ist allumfassend“, sagt der 18-Jährige. „Sie steckt ebenso im Weg dieses Mineralwassers aus Italien wie hinter den Klamotten, die wir tragen.“. Der Abiturient aus Brandenburg an der Havel ist ein Tausendsassa: Sein politisches und soziales Engagement reicht vom Unicef- Jugendbotschafter und dem Vorsitz von Amnesty International in seiner Heimatstadt bis hin zum Landesschülerrat und Jugendhilfeausschuss. Seit zwei Jahren ist der schlaksige Schüler auch Mitglied der CDU. Jacob Schrot hat es mit so viel Engagement bis ins Finale der ZDF-Show „Ich kann Kanzler“ geschafft. Heute Abend wird der Märker „seine Politik“ als einer von sechs Finalisten live vor einem Millionen-Publikum verkünden.

„Ich verreise nie unpolitisch“

Wir sitzen am Neuen Markt in Potsdam bei Cappuccino und Erdbeerkuchen. Jacob Schrot war vorher noch nie auf dem abgeschirmten Barockplatz mit den repräsentativen Bürgerhäusern. Seine großen grünen Augen wandern interessiert umher. Sein Urteil: „Beeindruckend schön.“ Irgendwie erweckt er den Eindruck, als passiere in ihm alles gleichzeitig. Er nimmt die Architektur genauso gründlich wahr wie sein journalistisches Gegenüber – und hat längst losgelegt. Wie er zu seiner „Kanzler-Kandidatur“ kam?

„Ich recherchierte im Internet für die Schule und hatte Helmut Schmidt sowie Willy Brandt eingegeben. Da stieß ich auf die geplante Sendung.“ Kurz vor Schluss schickte er seine Bewerbung los – einen Essay und ein Video. Die Einladung zur ersten Runde nach Bonn erreichte ihn mitten in der israelischen Wüste. „Wir tranken gerade mit den Beduinen Tee“, erinnert er sich.

Natürlich handelte es sich nicht um irgendeinen Urlaub, sondern um einen interkulturellen Jugendaustausch. „Ich verreise nie unpolitisch“, sagt der fast 19-Jährige, der in diesem Moment nicht wie einer wirkt, der erst vor knapp einem Jahr erwachsen geworden ist. Neulich, da sei er in Kuba gewesen – „um den real existierenden Sozialismus zu sehen“. Er schrieb von dort einen Kinderrechte-Bericht für Unicef. Als Jacob Schrot Ende Juni 1990 geboren wurde, gab es die alte DDR schon nicht mehr. Seine Mutter stammt aus Brandenburg/H., sein Vater aus Rudolstadt. Beide sind Ärzte. „Ich bin in einem bürgerlichen Milieu aufgewachsen“, sagt Jacob Schrot. „Viele sprechen mir daher ab, über Chancengleichheit sprechen zu können. Doch in unseren Diskussion spielten soziale Fragen eine große Rolle.“

Politik miteinander machen

Sein Wahlslogan als „Kanzler-Kandidat“ lautet: „Die Kraft des Pluralismus erkennen“. Deutschland sei ein Land mit Innovationen, Kreativität und Geschick. Es werde aber Politik gegeneinander und nicht miteinander gemacht, bemängelt er. „Dabei kann jede politische Kraft, ob links, konservativ, liberal oder grün, Ideen einbringen“, sagt Jacob Schrot. „Es darf keine ideologischen Gräben mehr geben.“ Bei der Polit-Show will er nicht als CDU-Politiker antreten. Er sei aber sehr bewusst in die Union eingetreten. Sein Fazit, nachdem er die Wahlprogramme durchgeackert hatte: „Die perfekte Partei gibt es nicht.“

Warum er als Kanzler gebraucht wird? „Weil ich ein festes Wertefundament besitze, wissbegierig bin und zielstrebig.“ Jakob Schrot will gewinnen, das Wichtigste ist ihm aber, seine Meinung äußern zu können. Er ist ein Polit-Junkie. Früher spielte er am liebsten Klavier und machte Sport. Dafür ist jetzt wenig Zeit. Für eine Freundin derzeit auch nicht. Auch seine elfjährige Schwester würde ihn gern häufiger sehen.

Trotzdem hat der Brandenburger am Saldern-Gymnasium sein Abitur mit 1,8 hingelegt. Mit Bestnoten in Deutsch, Geschichte und Politik. In Physik lief es nicht so gut. „Eine Lehrerin kam zu mir und sagte: Ich wünsche dir, dass du Kanzler wirst, aber bitte nicht Physiker.“ Sein Berufswunsch ist Botschafter. Am liebsten in Israel. Neben Politik will er internationale Beziehungen studieren. Der „Kanzler-Kandidat“ denkt schnell und redet schnell. Gerät er zu sehr in Fahrt, bremst er sich selbst. Meistens. „Wenn ich oft nur vier Stunden schlafe, machen sich meine Eltern schon Sorgen“, sagt Jacob. Es hilft dann schon, wenn sie mahnen: „Jacob, immer mit der Ruhe.“

Der Erdbeerkuchen, ach ja. Fast vergessen. Wichtiger ist die Musik im Hintergrund. „Ach, mein Lieblingskomponist. Chopin!“ Gegen die Aufregung hilft am besten Reden, sagt er. „Da bau ich am meisten Adrenalin ab.“ Und er ist ziemlich aufgeregt, je näher der Sendetermin rückt. Die Kandidaten wissen nicht genau, was auf sie zukommt. Ein Praktikum „im Zentrum der politischen Macht“ ist in Aussicht gestellt und ein Kanzlergehalt.

Falls er gewinnt, will Jacob Schrot einen Teil für ein HIV-Waisenhaus in Uganda spenden. Ab Juli wirkt er dort an einem Alphabetisierungsprojekt mit. Eine Rede für heute Abend hat er nicht vorbereitet. Er will authentisch rüberkommen – und flexibel bleiben. „Um 19.30 Uhr werden alle Kandidaten in Berlin im Hotel abgeholt. Dann geht es uns an den Kragen“, sagt Jacob. „Wenn ich mir vorstelle: Alle, die mich kennen, schauen zu. Und dazu ein Millionenpublikum ...“ Zum ersten Mal guckt er sorgenvoll. Aber schon lacht er wieder. Humor hat er nämlich auch. Viel Glück, Jacob.