Die jahrzehntelange Odyssee zweier ganz besonderer -– und umstrittener – Bronzepferde findet ihr Ende. Wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und das Bezirksamt Spandau in Person von Kulturstadtrat Gerhard Hake (CDU) am Dienstag mitteilten, werden die überlebensgroßen „Schreitenden Pferde“ des österreichischen NS-Bildhauers Josef Thorak (1889-1952) ab Oktober eine neue Heimat in der Dauerausstellung „Enthüllt!“ in der Zitadelle Spandau finden.
Hierzu wird extra ein neuer Ausstellungsraum in der Bastion Königin, der vorher als Depot, Werkstatt und Lager für Grabsteine diente, ertüchtigt und vorbereitet. Denn die drei Meter hohen Bronzepferde sind für den Saal der bereits bestehenden Ausstellung zu nationalsozialistischen Denkmälern schlichtweg zu groß. „Bis zur Fertigstellung einer angemessenen Ausstellungskonzeption werden sie allerdings nicht öffentlich zugänglich sein“, sagte Urte Evert, Leiterin des Zitadellen Museums.
„Ich finde die bestehende Ausstellung hier auf dem Gelände spektakulär“, bekräftigte Grütters, die sich für den Standort Zitadelle stark gemacht hatte, „wir sind in der Verantwortung, uns unserer schwierigen Geschichte auch in Form von Kunst und Denkmälern zu stellen und diese problematisierend in Museen zu diskutieren. Ein bloßes Wegsperren in Depots reicht hier nicht.“
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Keine Weihestätte für Ewiggestrige
Geplant sei daher, die Monumentalbauten aus der Nazi-Zeit in ihrer jetzigen Form zusammen mit weiteren, bisher ungezeigten Exponaten etwa der wilhelminischen Siegesallee und anderer ideologischen Epochen zu präsentieren. So sei sicher gestellt, dass die Zitadelle eben nicht zu einer unerwünschten Weihestätte für Ewiggestrige werde.
In den späten 1930er Jahren waren die Bronzepferde vor dem Arbeitszimmer von Adolf Hitler vor der Neuen Reichskanzlei an der Wilhelmstraße errichtet worden. Thorak, der im Dritten Reich zu den so genannten „Gottbegnadeten“ zählte, war neben Arno Breker einer der meistbeschäftigten Bildhauer des NS-Regimes und gilt auch als einer der Lieblingskünstler von Adolf Hitler.
Aufgrund dieses historisch schwierigen Erbes sollen die Skulpturen erst mit einer entsprechenden Kontextualisierung für den normalen Museumsbesuch der Zitadelle freigegeben werden. Diese soll den inhaltlichen Zusammenhang zum in der Ausstellung „Enthüllt“ bereits realisierten Umgang mit problematischen Denkmälern herstellen. Aus diesem Grund wurde auch die ursprüngliche Idee verworfen, die „Thorak-Pferde“ in einem Hof des Areals unter freiem Himmel zu zeigen.
„So bestand die Gefahr, dass die Werke mutwillig zerstört oder für unpassende Fotos hätten herhalten müssen“, sagte Hanke, „da sind sie in unseren Räumlichkeiten deutlich besser aufgehoben.“
Zäher Rechtsstreit um die Propagandawerke
Vorangegangen war ein zäher Rechtsstreit um die Propagandawerke. Nachdem die Pferde nach dem Zweiten Weltkrieg in sowjetischen Besitz gelangt waren, auf einem Parkplatz in Eberswalde auftauchten und danach lange als verschollen galten, waren sie 2015 im Rahmen einer Razzia wegen des Verdachts der Hehlerei in Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) unter insgesamt rund 100 Tonnen von NS-Kunst wiederentdeckt worden.
Vor dem Landgericht Frankenthal einigte sich die Bundesrepublik Deutschland im Juli diesen Jahres außergerichtlich in einem Vergleich mit dem angeklagten Unternehmer, der die gefundenen Werke nach eigenen Aussagen rechtmäßig erworben haben will.
Kostspieliger Schwertransport mit dem Lastwagen
Die Bundesrepublik hatte die Herausgabe der Bronzepferde und weiterer Bronzeskulpturen verlangt und dies damit begründet, dass diese durch den Einigungsvertrag der Wiedervereinigung ihr Eigentum geworden seien. In dem Vergleich verpflichtete sich der Angeklagte dazu, die „Thorak-Pferde“ an die Bundesrepublik auszuhändigen, während er dafür in Besitz eines Großteils der restlichen Werke bleiben durfte.
Die Pferde befinden sich zur Zeit noch im Besitz des Deutschen Zolls. Sie können aufgrund des technischen und zeitlichen Aufwands frühestens ab Oktober mittels eines kostspieligen LKW-Schwertransports auf die Zitadelle Spandau gebracht werden, der insgesamt rund 300.000 Euro kostet und Autobahnsperrungen nach sich ziehen wird. Dabei kommen 250.000 Euro vom Staatsministerium für Kultur und Medien (BKM), 50.000 übernimmt der Bezirk. „Wir sind Monika Grütters sehr dankbar“, so Kulturstadtrat Hanke, „ohne ihre Unterstützung hätten wir das Projekt in Spandau gar nicht stemmen können.“