Corona

Wie sich ein Spandauer Kiez gegen Einsamkeit engagiert

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Foto: Jessica Hanack/BM

Freiwillige vom Kiez Heerstraße-Nord bieten um die Feiertage Gespräche an. Im Blickpunkt stehen Menschen, die wegen Corona allein sind.

Die Idee für das Projekt kam Thomas Streicher bei einem Spaziergang vor einigen Wochen. Gerade waren wieder strengere Kontaktbeschränkungen in Kraft getreten und Streicher erinnerte sich an Weihnachten 2019. „Ich bin damals auf dem Weg zu meinen Enkelkindern an einer Kneipe vorbeigegangen, in der viele traurige Gestalten alleine am Tresen saßen“, erzählt er. „Und dann habe ich gedacht: Dieses Jahr können sie nicht mal alleine dort sitzen.“ Denn die Kneipen, wie alle gastronomischen Einrichtungen, sind geschlossen. Für Streicher ein Anstoß, etwas gegen die Einsamkeit um die Feiertage zu unternehmen – und Menschen die Möglichkeit zu geben, zumindest für kurze Zeit aus ihrer Isolation herauszukommen.

Thomas Streicher ist Ehrenamtskoordinator in der Spandauer Großsiedlung an der Heerstraße. Dort gebe es ohnehin eine hohe Anonymität, sagt er, zudem würden viele alleinlebende oder alleinerziehende Menschen im Kiez wohnen. „Was machen die Leute, wenn überall die Türen zu sind?“, fragte er sich. Also sprach er das Thema auf der Stadtteilkonferenz an – und fand schnell Unterstützung für seinen Plan, in der Zeit zwischen den Feiertagen Türen zu öffnen und Gespräche für Menschen anzubieten, denen ansonsten der Austausch fehlt. „Es haben sich sofort sehr viele bereiterklärt, mitzumachen oder Räume bereitzustellen“, sagt Streicher.

Staakener Pfarrer bietet ein Seelsorgetelefon an

An der Aktion beteiligen sich unter anderem die Evangelische Kirche, der Förderverein Heerstraße Nord, der Gemeinwesenverein mit dem Quartiersmanagement, die offene Familienwohnung, die Kita-Sozialarbeiterinnen und Ehrenamtliche aus dem Stadtteil. Innerhalb kürzester Zeit seien so zwölf Termine zusammen gekommen, sagt Streicher, zwischen dem 26. Dezember und 8. Januar. Hinzukommen Möglichkeiten für Gespräche per Telefon oder WhatsApp. So bietet etwa der Pfarrer Cord Hasselblatt gleich an mehreren Tagen das „Staakener Seelsorgetelefon“ an. „So eine häuserübergreifende Aktion gab es noch nie“, sagt der Ehrenamtskoordinator, der selbst auch an mehreren Tagen dabei ist.

Die ganze Aktion sei „typisch dieser Kiez“ und zeige die besondere soziale Infrastruktur dort, findet Tom Liebelt vom Gemeinwesenverein Heerstraße Nord, der ebenfalls mitmacht. Normalerweise würden die Vereine in dieser Zeit des Jahres herunterfahren, um sich zu erholen. Dieses Mal ist das anders: „Wir wollen etwas für die Bürger tun, weil es sonst nichts gibt“, sagt Liebelt. Auch er selbst bekomme in Einzelgesprächen oder wenn er Menschen beim Einkaufen begegne immer wieder mit, dass diese alleine sind und unter der derzeitigen Situation leiden.

Erste Anmeldungen für die Treffen gibt es schon, ein Termin ist bereits voll. Die Kapazitäten sind mit Blick auf die Corona-Regeln begrenzt, aber auch, damit ein tatsächlicher Austausch möglich bleibt. Auch Abstand und Maske sind bei den Treffen, die teilweise drinnen, teilweise draußen stattfinden, Pflicht. Weitere Informationen und Kontaktdaten zur Anmeldung gibt es auf der Internetseite.