Berlin. Der öffentliche Nahverkehr ist in Spandau eines der großen Themen, das Bürger und Politiker umtreibt - sei es im Hinblick auf die Wohnungsbauprojekte, die Pendler aus dem Umland oder die Großsiedlungen, die nur durch Busse angebunden sind. Ein Diskussionspunkt dabei: die mögliche Verlängerung der S-Bahn in Richtung Nauen oder ins Falkenhagener Feld.
Das Thema spielte auch beim Besuch von Alexander Kaczmarek, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Berlin, Peter Buchner, Chef der Berliner S-Bahn, und Führungskräften der Bahntöchter DB Station&Service, Netze und Energie in Spandau ein Rolle, die dort im Rahmen ihrer Bahnhofstour vorbeikamen.
Derzeit werden beim Projekt i2030 der Länder Berlin und Brandenburg verschiedene Varianten geprüft, wie mit den wachsenden Pendlerzahlen aus dem Havelland umgegangen werden soll. Denn das Wachstum geht weiter: Laut Prognose soll die Zahl der Fahrgäste bis 2030 um bis zu 23 Prozent steigen.
In diesem Jahr soll eine Entscheidung zur S-Bahn-Verlängerung fallen
Möglichkeiten, um darauf zu reagieren, sind etwa der Ausbau des Regionalbahnverkehrs ohne S-Bahn-Verlängerung, eine Verlängerung der S-Bahn bis zum Falkenseer Bahnhof Finkenkrug, ohne dass der Regionalbahnverkehr verändert wird, oder die S-Bahn-Verlängerung bis Nauen, wobei der Regionalbahn-Verkehr reduziert wird. Und dann steht immer noch ein Abzweig der S-Bahn zur Falkenseer Chaussee im Raum. „Das wird jetzt alles untersucht“, sagte Kaczmarek in Spandau. „Noch in diesem Jahr wollen wir dann soweit sein, dass eine Entscheidung getroffen werden kann.“
Nach jetzigem Gesprächsstand laufe es dabei nicht auf die Wahl zwischen S-Bahn und Regionalbahn hinaus, sondern darauf, dass sich beide ergänzen sollen. Zumal zusätzliche Regionalbahn-Verbindungen nur begrenzt möglich sind, weil die Fernbahngleise auf der Strecke bereits jetzt ausgelastet sind - und noch voller werden, wenn ab Ende 2021 ICEs zwischen Berlin und Hamburg alle 30 statt 60 Minuten fahren.
S-Bahn-Ausbau ins Falkenhagener Feld weniger wahrscheinlich
Kaczmarek selbst sagte, er halte die S-Bahn-Verlängerung für möglich - auch wenn er einräumte, dass es eine „komplizierte Maßnahme“ sei. Unter anderem müsse beim Gleisausbau Rücksicht auf die Umwelt und den Lärmschutz genommen werden. Einen Abzweig der S-Bahn ins Falkenhagener Feld hält Kaczmarek dagegen für weniger wahrscheinlich. „Wir müssen realistisch sein, was man leisten kann, auch finanziell“, sagte er.
Klar ist: Sollten die Länder sich für eine Verlängerung der S-Bahn aussprechen, wird es noch einige Zeit dauern bis erste Bahnen fahren können. Planung und Bau, schätzt Kaczmarek, würden wenn alles gut läuft mindestens fünf, eher jedoch zehn Jahre dauern. Auch deshalb sagte S-Bahn-Chef Buchner: „Es ist wichtig, dass bald entschieden und dann gebaut wird.“
Express-S-Bahn nach Westkreuz könnte in Zukunft fahren
Viel Kritik mussten die Bahn-Vertreter in Spandau derweil nicht ertragen, vor allem in Sachen Pünktlichkeit zeigten sich die Fahrgäste zufrieden. Der 16-jährige Muhammed erkundigte sich, warum die S5 seit rund anderthalb Jahren nicht mehr nach Spandau fahre. Er selbst sei fast täglich zwischen Kaulsdorf und Spandau unterwegs und brauche durch den notwendigen Umstieg rund 10 Minuten länger. S-Bahn-Chef Buchner erklärte hierzu, mit den Takten im jetzigen Fahrplan passe es besser, die Linien S3 und S9 nach Spandau fahren zu lassen. Außerdem gebe es genauso Leute, die zwischen Erkner und Spandau pendeln.
Fahrgast Daniel Alvarez sagte, er fände es gut, wenn wenigstens im Berufsverkehr der Takt der S-Bahnen erhöht würde. Bislang fährt alle zehn Minuten eine S-Bahn von Spandau ab. „Eine Angebotsausweitung ist erst möglich, wenn wir mehr Züge haben“, sagte Buchner. Das soll bis Dezember 2023 der Fall sein.
Die neuen Bahnen sollen dann zwar auf anderen Strecken fahren, allerdings werden von dort auch 150 alte Züge abgezogen. 80 davon sollen ausgemustert werden, 70 könnte man aber weiternutzen. „Dann wäre auch eine Express-S-Bahn nach Westkreuz möglich“, sagte Buchner. Ob die Verbindung kommt und wo die Züge eingesetzt werden, entscheidet am Ende allerdings der Verkehrsbund Berlin-Brandenburg (VBB).
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