Reinickendorf
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Altes Wasserwerk: Grüne Stadträtin opfert einen halben Wald

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Dirk Krampitz
Linken-Fraktionsvorsitzender Felix Lederle (2. v. re.) mit Regina Schönfeld (re.) und Carlo Korte (li.) von der Bürgerinitiative Altes Wasserwerk Tegel.

Linken-Fraktionsvorsitzender Felix Lederle (2. v. re.) mit Regina Schönfeld (re.) und Carlo Korte (li.) von der Bürgerinitiative Altes Wasserwerk Tegel.

Foto: Felix Lederle

Das Alte Wasserwerk wird lange vernachlässigt. Nun gewährt ein Bebauungsplanentwurf dem Investor mehr Raum – auf Kosten des Waldes.

Berlin.  Das Alte Wasserwerk liegt nur ein paar Fußminuten vom S-Bahnhof Tegel entfernt, aber es ist ein Wald- und Industrie-Idyll, das bereits mehrere Male beim Tag des offenen Denkmals als Ort der Industrialisierung Berlins zu besichtigen war. Die alte Backsteinarchitektur und der Wald mit dem alten Eiskeller im Boden, der im Zweiten Weltkrieg zum Bunker umgebaut wurde.

Die Nürnberger Immobilien-Firma Project Immobilien (PI) hat das Grundstück 2010 gekauft. Nun hat die Reinickendorfer Stadträtin den Bebauungsplanentwurf vorgelegt und das Entsetzen war groß bei Carlo Korte und Regine Schönefeld, die seit 2010 dort leben. Denn der Bebauungsplan sieht vor, dass fast die Hälfte des dortigen Waldbestands gerodet werden soll. Das rief auch Felix Lederle, den Fraktionschef der Reinickendorfer Linken auf den Plan, der sich vor Ort sachkundig gemacht hat. „In der Klimakrise einfach die Hälfte des Waldes zu opfern – das ist verantwortungslos und ich hätte es von einer Grünen Bezirksstadträtin nicht gedacht“, sagt Lederle entsetzt.

Mittlerweile fünf Jahre in der Ausweichwohnung

Für Carlo Korte und Regina Schönfeld ist das nur ein weiterer Tiefschlag. Nach massivem Schimmelbefall durch ein defektes Dach und Nässe im Mauerwerk wohnen die beiden in einer Ausweichwohnung auf dem Wasserwerkgelände – eigentlich wollte die PI in 14 Wochen sanieren. Mittlerweile gehen sie ins fünfte Jahr in der Ausweichwohnung. Ihre verschimmelten Habseligkeiten wollte die PI eigentlich reinigen und soweit wie möglich retten – stattdessen verrotten sie im Container auf dem Hof. „Die PI hat sich nicht gekümmert, sie will hier gar nicht mehr bauen – das Grundstück wurde schon zum Verkauf angeboten“, sagt Carlo Korte.

Der Kaufpreis für das zwar nicht offen benannte, aber durchaus identifizierbar angebotene Grundstück betrage mittlerweile mehr als das Doppelte des ursprünglichen Preises. „Investiert haben sie aber hier kaum etwas“, sagt Korte. Die Vermutung der Anwohner: Dass die PI den Bebauungsplan nun forciert, um das Grundstück teurer verkaufen zu können. „Es wird auch kein Angebot an preiswertem Wohnraum festgeschrieben, das über den im Rahmen der Berliner Baulandentwicklung vorgegebenen Anteil hinausgeht“, bemängelt Linken-Politiker Lederle den B-Plan. Seine Fraktion hatte im Ausschuss einen Runden Tisch für die Mitsprache der Anwohner gefordert, die Ampel-Zählgemeinschaft hat das abgelehnt. „Das einzige Argument der Grünen-Stadträtin für dieses Vorgehen lautet sinngemäß, dass schnell irgendetwas gebaut werden müsse“, so Lederle.

Investor kümmert sich wenig um die Verkehrssicherheit

Vor Ort sieht man, dass die Verkehrssicherheit wohl nicht immer gegeben ist. Zwar will der Investor den Wald abholzen, aber um einige Bäume auf dem Gelände, die drohen umzukippen, kümmert er sich trotz Hinweisen nicht. Auch die Torklingel ist gekappt worden, was bei eventuellen Feuerwehreinsätzen schwere Folgen haben könnte, glaubt Korte. Die Wohnungsaufsicht des Bezirks sei seit mehr als einem Jahr nicht willens, den Investor PI dazu zu bringen, die Mängel und Gefahrenstellen zu beseitigen.

Bezirksstadträtin Stephan verwies auf Morgenpost-Anfrage darauf, dass der Ausschuss alle Punkte ausführlich diskutiert habe. Voraussichtlich werde noch dieses Jahr die Offenlegung des B-Plans durchgeführt. „Die Bürgerinnen und Bürger haben dann erneut die Gelegenheit, sich in die Planung einzubringen.“ Project Immobilien hat sich auf Morgenpost-Anfrage nicht geäußert.

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