In drei Hunden wurde das Gift Anatoxin A nachgewiesen. Es stammt von einer neuartigen Blaualge, die auch für Menschen gefährlich ist.

Eine ungewöhnliche Gattung von Blaualgen hat am Tegeler See in Berlin drei Hunde tödlich vergiftet, bestätigte Silvia Kostner, Sprecherin des zuständigen Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) der Berliner Morgenpost. Die Pathologen des Fachbereiches Veterinärmedizin der Freien Universität (FU) hatten drei Kadaver untersucht und eine für Hunde tödliche Konzentration des Blaualgengiftes „Anatoxin A“ gefunden. „Wir haben keine andere Todes- oder Krankheitsursache gefunden. Die Tiere wurden bei bester Gesundheit aus dem Leben gerissen“, sagte Carsten Wette, Pressesprecher FU.

Die ersten Wasserproben des Lageso haben ergeben, dass die darin enthaltenen Blaualgen-Gattung „Tychonema“ exakt dieses Gift produzieren. Die Proben wurden im Spülsaum, also am Uferbereich von Reiherwerder entnommen. „Diese Algen-Gattung ist eine Neuheit in den Berliner Badegewässern und ein ganz anderes Kaliber als die üblichen Arten“, sagte Kostner.

Gift kann bei Kindern zu Atemstillstand führen

Beim Verschlucken könnten schon geringste Mengen vor allem für Hunde tödlich sein. „Sie schlabbern den Schlick und Schaum mit vergifteten Pflanzenresten am Ufer auf, knabbern an vergifteten Schilf-, Grashalmen und Stöckern oder trinken großen Mengen aus dem See – das wurde ihnen zum Verhängnis“, erläuterte Kostner. Symptome einer Anatoxin-A-Vergiftung sind bei Tieren der Verlust der Koordinationsfähigkeit, wildes Zucken, Muskelkrämpfe und schließlich der Tod durch Atemstillstand.

Doch auch für Kinder kann das Gift sehr gefährlich werden: Die neuartige Blaualge verursacht keine Hautreizungen oder Magen-Darm-Beschwerden, wie harmlosere Gattungen. „Wenn ein Mensch große Mengen vergiftetes Wasser oder Pflanzen schluckt, kann es gesundheitsgefährdend sein“, sagte Jutta Fastner, Cyanobakterien-Forscherin beim Umweltbundesamts (UBA). Im äußersten Fall können dann ähnliche Symptome wie bei Hunden nicht ausgeschlossen werden. Hauptsächlich haftet die toxinbildende Blaualge an Unterwasserpflanzen und im Quellmoos. Laut Fastner sei die Gattung „Tychonema“ bisher nur aus kälteren Weltregionen wie Alaska, Kanada oder Nordeuropa bekannt. Unter welchen Bedingungen sie sich schlagartig vermehrt, ist bisher wenig erforscht. „Deshalb bleiben wir bei unserer Warnung und raten vor allem Eltern mit ihren Kindern den Tegeler See im Moment zu meiden“, sagt Kostner.

Lageso rät vom Baden im Tegeler See ab

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) hat am vergangenen Freitag die Wasserqualitätsstufe für die Badestellen des Tegeler Sees – Strandbad Tegel, Reiswerder, Scharfenberg, Reiherwerder und Saatwinkel – auf gelb gesetzt. Das bedeutet, dass das Lageso abrät, dort zu baden, Wasser zu schlucken, angespülte Algen zu berühren und mit den Hunden dort spazieren zu gehen.

Die aktuellsten Untersuchen des Umweltbundesamtes zur Wasserqualität ergeben derzeit keine „gesundheitsrelevante Konzentration von Blaualgen-Toxinen im Schwimmbereich“, hieß es in einer Pressemitteilung am Mittwoch. Folgeuntersuchungen des Flachwasserbereiches zeigten sich demnach auch unauffällig. „An einigen Stellen des Sees ist die Blaualgenkonzentration zwar derzeit niedrig, aber das unterliegt größeren Schwankungen und kann sich täglich ändern“, sagte Kostner. Weitere Untersuchungen und Proben würden vorgenommen. Die Uferbereiche seien von Pflanzenresten gereinigt worden.

In den vergangenen fünf Wochen wurden am Tegeler See insgesamt 15 Hunde vergiftet, elf starben. Tierarztpraxis-Chef Kai Rödiger hatte mit seinem Team zwölf Hunde behandelt. "Am 5. Juni hatten wir den letzten Fall, und seitdem ist es glücklicherweise ruhig geblieben", sagte Rödiger

Polizei dementiert Zink-Vergiftungen

Ausgelegte Giftköder, wovon Polizei und das Bezirksamt Reinickendorf nach wie vor ausgehen, gelten zunehmend als unwahrscheinlich. "Wir dementieren ausdrücklich Medienberichte vom Dienstag, wonach das LKA sechs Hunde mit Zink-Vergiftungen bestätigt hätte", sagte ein Polizeisprecher. Laut der Tierarztpraxis Rödiger hätten die Tiere Symptome einer Zinkphosphid-Vergiftung aufgewiesen, aber dennoch kämen andere Todesursachen in Frage. Die Polizei beziehe sich auf diese Angaben und den Beamten lägen keine pathologisch-toxikologischen Untersuchen vor. Die Beamten bearbeiten derzeit zwölf Strafanzeigen zu elf Hunden - sieben davon seien gestorben. „Wir ermitteln weiterhin gegen Unbekannt wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz."

Die Empfehlungen des Lageso im Überblick:

Baden Sie nicht in Bereichen mit Algenmatten.


  • Vermeiden Sie den Kontakt mit den ans Ufer geschwemmten Algenansammlungen.

  • Vermeiden Sie beim Baden das Verschlucken von Wasser.

  • Weichen Sie mit Kleinkindern an andere ausgewiesene Badestellen aus, da sie sich vorrangig im Uferbereich aufhalten und durch ihr Spielverhalten unbeabsichtigt größere Mengen Wasser oder mit Blaualgen belasteten Sand aufnehmen können.


  • Gewarnt wird derzeit vorm Baden an folgenden Stellen:

    • Tegeler See, gegenüber Reiswerder
    • Tegeler See, Saatwinkel
    • Tegeler See, gegenüber Scharfenberg
    • Tegeler See, Freibad
    • Tegeler See, Reiherwerder

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