Berlin. Nach Streit über einen Abrissantrag der Pankower CDU kommt ein neuer Vorstoß zur Thematisierung des Ukraine-Kriegs am Thälmann-Kopf.
Es ist ein Vorschlag, der sich als Reaktion auf zwei aktuelle Vorkommnisse in Berlin im Zeichen des Ukraine-Kriegs versteht: Erstens den Abrissantrag der Pankower CDU für das Ernst-Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg. Und zweitens die Verhüllung eines sowjetischen Panzers an der Gedenkstätte auf der Straße des 17. Juni mit einer ukrainischen Flagge. Beide Aktionen hält der Verein Berliner Historische Mitte für problematisch. Und deshalb liefert die Vorsitzende Annette Ahme einen eigenen Vorschlag: Jene Fahne, die einen beträchtlichen Teil des 50 Tonnen schweren Thälmann-Denkmals an der Greifswalder Straße ausmacht, solle man in die Farben der Ukraine hüllen: Blau und Gelb.
Dass gerade in Berlin ein öffentliches Bekenntnis und Solidarität für das kriegsgeschüttelte Land nötig ist, erscheint Ahme nur logisch. Eine Zeichensetzung im Sinne der Ukraine und in Opposition zu Putins Invasion müsse gerade in der einst geteilten Hauptstadt stattfinden. Nur wo?
Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg: Flaggen-Symbolik als Ansatzpunkt
Es sei stadtbekannt, dass das Denkmal in Prenzlauer Berg hoch umstritten ist, meint Ahme. „Es wirkt zu groß und gigantisch. Thälmann war Stalinist. Dort sind Statements vertretbar.“ Ein Verweis zum Ukraine-Krieg lasse sich allein dadurch herstellen, dass es beim Thälmann-Monument ums Fahne-Zeigen geht. Wie an kaum einem anderen Ort Berlins werde hier die Flagge stilisiert – eigentlich in einem sozialistischen Kontext. Aber für die Historikerin Annette Ahme eignet es sich dadurch auch als Projektionsfläche für dringliche aktuelle Bekenntnisse zu einer Flagge. In dem Fall für das Blau-Gelb der Ukraine.
Eine solche Verhüllung des Fahnen-Elements am Thälmann-Monument hält Ahme für vertretbar, weil es in seinem Pomp nicht als Verweis auf Thälmann als Opfer der Nationalsozialisten wirke. „Natürlich wurde er von Nazis ermordet. Aber hier wird er dargestellt als Heroe und Führer mit Fahne, nicht als Opfer.“
Ablehnung von Verhüllung sowjetischer Panzer mit Ukraine-Fahne
Ganz anders liege der Fall bei der Verhüllung des sowjetischen Panzers an der Straße der 17. Juni durch Aktivisten vor wenigen Tagen. „Am sowjetischen Ehrenmal die Flagge abzulegen, das halte ich für daneben. Denn da sind wirklich Tote begraben. Und das greift tatsächlich die Ehre an. Das schürt Wut bei Russen, denen das wichtig ist“, sagt die Vorsitzende des Vereins, der sich eigentlich vor allem um die Wiederherstellung des alten Berliner Stadtkerns bemüht.
Zugleich kritisiert sie auch den aktuellen Abriss-Antrag für das Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg, der „fantasielos und weit hergeholt“ sei. Die CDU-Fraktion im Bezirk Pankow hatte die Annahme einer Demokratiefeindlichkeit und einer stalinistischen Gesinnung Thälmanns als Anlass gesehen, das Monument, abzubauen, einzuschmelzen, die Rohstoffe zu verwerten und den Gegenwert der Ukraine zu spenden.
Kein direkter Bezug zwischen Ernst Thälmann und der Ukraine
Ein Vorschlag, der vergangene Woche heftige Gegenwehr auslöste und vor allem von Linken-Politikern als „pietätlos“ verurteilt wurde. Auch die Herstellung des Bezugs zwischen sozialistischen Insignien an der Thälmann-Büste und dem Putin-Krieg in der Ukraine halten die anderen Fraktionen für fehlerhaft. Selbst die FDP nannte den Vorstoß der Christdemokraten „populistisch“.
Bei der CDU wiederum verweist man auf den Effekt des Denkmals, der zu Statements gegen die Werte der westlichen Welt aufruft. In diesen Tagen findet man hier immer noch amerikafeindliche Schmierereien und Flugblätter, die auf NATO-kritische Veranstaltungen hinweisen.
Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Thälmann-Kopf auf einem Sockel aus ukrainischem Granit steht – einen direkten Bezug zwischen Thälmann und der Ukraine herzustellen, das hält auch die Historikerin Annette Ahme für gewagt: „Nein, diesen Bezug gibt es nicht wirklich. Es ist einfach eine große prominente Fläche. Mit einer Fahne. Und die ukrainische Fahne zu zeigen, das wäre momentan richtig und gut.“