Ein Jahr und ein Monat nach der Vorstellung des Großprojekts mit 6000 Wohnungen ziehen Demonstranten nach Mitte.
Es soll am 1. April geschehen und ist ausdrücklich nicht als Aprilscherz gemeint – eher schon als Protest in der Tradition der Montagsdemonstrationen: Aktivisten aus Blankenburg wollen zum nächsten Wochenstart von 17.30 bis 20 Uhr am Alexanderplatz aufmarschieren. Der Anlass: Protest gegen die Planungen für das größte der künftigen Wohnungsbauprojekte Berlins, den Blankenburger Süden, wo nach 2025 auf einer Fläche von 90 Hektar bis zu 6000 Wohnungen entstehen könnten.
Straßenbahn führt schlimmstenfalls durch die Anlage Blankenburg
Konkretes Ziel des Umzugs der Initiative „Wir sind Blankenburger & Berliner“ ist die Berliner Stadtwerkstatt, die am Abend des 1. April in der Karl-Liebknecht-Straße 11 tagen soll und sich mit dem neuen Quartier auseinandersetzt. Hintergrund der Protestaktion ist die Bekanntgabe von Planungsdetails für eine Straßenbahnneubaustrecke, die das neue Stadtviertel in Pankow erschließen soll - schlimmstenfalls führt sie durch die Erholungsanlage Blankenburg mit 1300 Parzellen, in der Hunderte von Siedlern dauerhaft wohnen, hindurch.

Im Februar hatte die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr den Beginn des Beteiligungsverfahrens für die neuen Straßenbahntrasse auf ihrer Internetseite bekannt gegeben. Dazu gehört auch eine Skizze mit möglichen Streckenführungen, die untersucht werden sollen. Alle Versionen haben gemein, dass sie aus südlicher Richtung aus Heinersdorf nach Norden führen und in Höhe des künftigen Stadtquartiers Blankenburger Süden nach Osten abbiegen, um den S-Bahnhof Blankenburg zu erreichen. An der Biegung befindet sich jedoch die bewohnte Erholungsanlage Blankenburg. Ob der Bau dieses letzten Streckenstücks gelingen kann, ohne etliche Parzellen in der Siedlung abzuräumen, scheint fraglich.
Initiative kritisiert Informationspolitik zur Straßenbahntrasse
Es gehe darum, wie der Wohnungsneubaustandort Blankenburger Süden erschlossen werden kann und zugleich „die momentan im Straßenverkehr bestehenden Probleme“ zu beheben, heißt es online in der Erklärung der Senatsverwaltung für Verkehr. Eine Anwohnerversammlung zur Vorstellung der Pläne gab es bisher nicht.
Im Aufruf der Initiative „Wir sind Blankenburger & Berliner“ zur Demonstration am 1. April wird diese Tatsache kritisiert: „Die Art und Weise, solche Informationen trotz eines Vorort-Informations-Büros jetzt nur über ein Internetportal zu veröffentlichen, zeugt von einem unfairen und unsozialen Verhalten“, schreiben die Aktivisten.

Tatsächlich veranstaltet die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung seit vergangenem November eine Sprechstunde, die jede Woche dienstags und donnerstags als Anlaufstelle für Anwohner dient, die sich nach dem Stand des Bauprojekts und den Verlauf der Straßenbahnstrecke erkundigen wollen. Immer wieder hatten sich Blankenburger Initiativen darüber beschwert, dass in der Sprechstunde keine aktuellen Informationen bekanntgegeben werden, sondern nur ein monatealter Sachstand wiederholt wird. „Man erhält höchstens schwammige Auskünfte“, sagt Ines Landgraf als Vertreterin der Siedler.
Vor-Ort-Büro in Blankenburg verzeichnet sinkende Nachfrage
Katrin Dietl von der Senatsverwaltung hingegen hält die Sprechstunde für sinnvoll und verteidigt das Vorgehen der Mitarbeiter im Büro. „Die Vor-Ort-Präsens ist auf ausdrücklichen Wunsch etlicher Bürgerinnen und Bürger im März 2018 zustande gekommen“, weist sie auf die Interessenlage der Anwohner hin. Zur Art und Weise der Beratung äußerte sich die Sprecherin zwar nicht. Quantitativ gesehen beobachtet sie eine sinkende Nachfrage. „Während der Donnerstagstermin durch interessierte Betroffene – dabei in der Regel Einzeleigentümer – anfänglich sehr gut wahrgenommen wurde, hat das Interesse mittlerweile eher nachgelassen. Der Dienstagtermin wird im Schnitt von circa zwei bis neun Bürgern wahrgenommen“, berichtet Dietl.
Nach mehrmaliger Bitte wird am 29. März auch das lang erwartete Gespräch der Anwohner mit Fachleuten der Senatsverwaltung für Verkehr stattfinden zur verkehrlichen Situation stattfinden. Seit Monaten hatten Siedler bemängelt, dass in der Sprechstunde keine Informationen zur Verkehrsentwicklung zu bekommen sind.
Workshop für „Variante X“ zum Blankenburger Süden gescheitert
Im März 2018 hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erstmals die Pläne zum Bau des Blankenburger Südens vorgestellt und dabei sogar eine Variante mit bis zu 10.000 Wohnungen präsentiert. Nach einer ersten Protestwelle rückte man davon schnell wieder ab. Seitdem gilt die Zahl von 6000 neuen Wohnungen als Obergrenze.
Wie sehr der Ärger über die Planungen seitdem nachwirkt, bekam zuletzt im Februar eine Gruppe von Studenten der Kunsthochschule Weißensee zu spüren. Sie hatte die Blankenburger zu einem Workshop eingeladen, mit dem Ziel, gemeinsam eine besonders bürgernah geplante „Variante X“ zu erarbeiten. Doch die Teilnehmer fühlten sich durch das Experiment düpiert und sorgten für einen Abbruch der Veranstaltung.