Weihnachten

Frank Zander lädt Obdachlose zum Gänseessen

| Lesedauer: 5 Minuten
Elisa von Hof
Der Sänger Frank Zander begrüßt am 19.12.2016 in Berlin im Hotel Estrel Obdachlose und Bedürftige zu seiner traditionellen Weihnachtsfeier für rund 3000 Teilnehmer. Neben Gänsebraten und Bier gibt es warme Kleidung, kleine Geschenke und ein Showprogramm. Die Feier wird von Zander, dem Diakonischen Werk und dem Hotel Estrel ausgerichtet

Der Sänger Frank Zander begrüßt am 19.12.2016 in Berlin im Hotel Estrel Obdachlose und Bedürftige zu seiner traditionellen Weihnachtsfeier für rund 3000 Teilnehmer. Neben Gänsebraten und Bier gibt es warme Kleidung, kleine Geschenke und ein Showprogramm. Die Feier wird von Zander, dem Diakonischen Werk und dem Hotel Estrel ausgerichtet

Foto: Jens Kalaene / dpa

Es ist schon traditionell: Frank Zander und zahlreiche Prominente bewirten Berliner Obdachlose mit Gänsebraten.

In diese Gesichter zu gucken, die grinsen und lachen und ihn anstrahlen von überall her, das ist Weihnachten für ihn. Auch wenn es noch ein paar Tage hin sind bis zum Fest, für Frank Zander ist an diesigem Montagnachmittag in Neukölln schon Weihnachten. Denn da steht er im Estrel Hotel, den Schal locker um die Schultern, das berühmte Zander-Grinsen im Gesicht, und schüttelt Tausende Hände. Er klopft auf Rücken, verteilt Umarmungen und ein paar flotte Sprüche.

Zum 22. Mal hat er Obdachlose und Bedürftige eingeladen, um Weihnachten zu feiern. Die kostenlosen Einlassbändchen sind in über 70 sozialen Einrichtungen an etwa 3000 Berliner verteilt worden. Und Zander begrüßt jeden persönlich. So wie Peter Witte aus Spandau. Den kennt er noch aus einer Charlottenburger Kneipe. Witte war schon fünf Mal hier. Aber nicht wegen der Geschenke, nicht wegen der Gänsekeulen und der Schokolade. „Es ist diese Atmosphäre hier, wegen der ich immer wieder gern komme und natürlich wegen Frank“, sagt er und lächelt aus seinem grauen Bart. Als die beiden sich sehen, umarmen sie sich so, dass Wittes Käppi fast vom Kopf fliegt. Er flüstert etwas in Zanders Ohr, der lacht, dass sich der Schnurrbart biegt. „Ich hab mich bei ihm bedankt“, sagt der Spandauer später. Dafür, dass er das hier jedes Jahr auf die Beine stellt. Dass er so einen tollen Tag ermöglicht.

Solche Momente machen Zander ein bisschen sprachlos

Solche Momente, die machen Zander immer ein bisschen sprachlos. „Das haut mich jedes Jahr wieder um hier“, sagt er atemlos. Diese Geschichten zu hören, diese Menschen hier zu sehen, das sei unglaublich. „Ich bin ein Neuköllner Junge, ich komm damit also schon klar, aber jetzt muss ich erstmal eine Pause machen und einen Wodka trinken“, sagt er nach der halben Stunde Händeschütteln.

Zander richtet diese Weihnachtsfeier mit dem Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg, der Caritas und dem Neuköllner Estrel Convention Center aus. Über 50 Berliner Unternehmen, Vereine und Institutionen haben sich in diesem Jahr an Zanders Weihnachtsfest beteiligt, Zahnbürsten und Unterwäsche, Spielsachen, Bekleidung und Nahrungsmittel gestiftet. Auch Berliner Helfen, der gemeinnützige Verein der Berliner Morgenpost, hat 2000 Euro gespendet, um Schlafsäcke anzuschaffen, die nach der Feier verteilt werden. Dazu gibt es, ganz traditionell, jede Menge Gänsekeulen, Rotkohl und Klöße. Dass der „Fanta 4“-Manager Andreas „Bär“ Läsker vor wenigen Tagen dagegen gehetzt hatte – weil keine veganen Speisen serviert würden, sondern Gänsekeulen – das regt viele auf. Vor allem Frank Zander. „Wenn ihm das nicht gefällt, dann soll er das erstmal selber machen.“

Prominente fungieren als Kellner

Auf 2800 Tellern werden die Gänsekeulen durch das Gedränge balanciert. Aber nicht von Kellern, sondern von Prominenten. Die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey, Linken-Politiker Gregor Gysi, Boxidol Axel Schulz, die Haudegen Sven Gillert und Hagen Stoll sowie der Comedian Bürger Lars Dietrich, die Schauspieler Sven Martinek, Frank Kessler, Wolfgang Bahro und Wolfgang Lippert haben sich in diesem Jahr die Kittelschürze umgebunden. Für die meisten ist Zanders Weihnachtsfeier ein fester Termin der Adventszeit. Nicht so für Sven Martinek. Der sei noch nie dabei gewesen, immer hätten ihn Dreharbeiten oder anderes abgehalten. „Ich hab eine Hochachtung vor seinem Engagement und natürlich vor Frank Zanders Riesenherz“, sagt der Schauspieler.

Und da ist noch ein anderer, der sich jetzt durch die Reihen quetscht. Ohne Sakko, ohne Krawatte, ganz leger mit Hemd und Schürze. Etwas vorsichtig noch, ein bisschen unsicher auch, hält er die Teller hoch, lächelt hier und da, macht Selfies und schüttelt Hände. Es ist das erste Mal, dass ein Regierender Bürgermeister die Obdachlosen und Bedürftigen auf Zanders Weihnachtsfest bewirtet. Michael Müller (SPD) freue sich, diese Atmosphäre zu spüren. „Die Größenordnung von Frank Zanders Fest, die ist schon toll“, sagte er und schaut durch den vollen Saal. 1995, als Zander zum ersten Mal zum Gänseessen bittet, da kamen 300 Obdachlose ins Schloss Diedersdorf. Mittlerweile passt die Veranstaltung geradeso in den Neuköllner Hotelsaal. „Dit is der Knaller“, fasst Boxer Axel Schulz das Fest zusammen. Mit dem obligatorischen Fackelmann-Käppi auf dem Kopf stapft er durch die Reihen, seit Zander mit dem Fest vor 20 Jahren begann.

Ob sie von einem Prominenten wie Axel Schulz bedient würden oder nicht, das ist den meisten nicht wichtig. So wie dem ergrauten Neuköllner mit der Lesebrille. „Dit is ja ein Mensch wie icke, nur dit er besser boxen kann“, sagt er und grinst.