Berlin. Seit Oktober 2022 wird der Gendarmenmarkt in Mitte grundlegend saniert. Was das Vorhaben ausmacht und wie es vorankommt.
Wer das Baufeld am Gendarmenmarkt in seiner ganzen Größe überblicken will, für den lohnt es sich, auf den kleinen Aussichtsturm an der Markgrafenstraße zu steigen. Auf insgesamt 14.000 Quadratmetern wird der Platz, der als einer der schönsten in der Stadt gilt, saniert und fit gemacht für die Zukunft. Und auch einen kleinen Eindruck davon, wie diese Zukunft aussehen soll, bekommt man vom Aussichtsturm: Vor dem Französischen Dom ist eine kleiner Musterfläche angelegt worden, mit den Pflastersteinen und Platten, wie sie bis Ende 2024 auf dem ganzen Platz zu finden sein sollen.
Im Oktober 2022 ist der Umbau des Gendarmenmarkts gestartet. Das Baufeld ist seitdem komplett abgesperrt und hinter bunt gestalteten Wänden verschwunden. In das Vorhaben werden 20 Millionen Euro investiert, gefördert mit Bundes- und Landesmitteln aus der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW). Die gute Nachricht vorweg: Bislang liege man im Budgetrahmen und auch im Zeitplan, sagt Stefan Asbrede, Projektmanager beim landeseigenen Unternehmen Grün Berlin, das bei der Sanierung als Bauherr für das Land Berlin fungiert.
Gendarmenmarkt: Barrierefreiheit und Klimaresilienz als wesentliche Aspekte
Bei der Umgestaltung des Gendarmenmarkts stehen Aspekte der Barrierefreiheit und der Klimaresilienz im Fokus, dazu spielt der Denkmalschutz eine große Rolle: Denn sowohl die Bauten als auch die Platzgestaltung aus den 1980er-Jahren hat das Landesdenkmalamt im Jahr 2021 unter Denkmalschutz gestellt. „Wir wollen das historische Bild des Gendarmenmarktes mit seiner Platzgestaltung weitestgehend beibehalten“, sagt daher auch Asbrede. Die künftigen Mosaikpflaster und Platten orientieren sich an der bisherigen Pflasterrasterung. Der Denkmalschutz bedeutet aber auch: Großen Spielraum zum Entsiegeln von Flächen, der Umwandlung von bisher gepflasterten Bereichen in Grünflächen gab es nicht. So muss auf anderem Weg dafür gesorgt werden, dass der Platz an den Klimawandel angepasst wird.
Für eine umfangreiche Sanierung des historischen Platzes war es durchaus an der Zeit. Die Pflastersteine hätten mehr als 40 Jahre auf dem Gendarmenmarkt gelegen – ein Zeitraum, der seine Spuren hinterlassen hat. „Das, was an Fläche kaputt war, hat man zuletzt nur notdürftig repariert. Deshalb war es wichtig, dass man jetzt einmal grundlegend rangeht, und auch unterirdisch die Infrastruktur zeitgemäß anpasst“, erklärt er. Ein Bereich wird bei dem Projekt allerdings ausgelassen, dieser grenzt an die Französische Straße an.

Umbau des Gendarmenmarkts findet in einem Zug statt
Das Projekt wird dabei in einem Zug umgesetzt, statt den Umbau in unterschiedliche Abschnitte aufzuteilen. Anders habe es nicht funktioniert, so Asbrede. Ein Grund ist die Gestaltung des Platzes. „Es gibt ein denkmalgeschütztes und damit einzuhaltendes Raster im Pflasterbild, das später exakt passen muss“, erklärt er. Dazu kommt, dass es andernfalls wohl eine weitaus längere Bauzeit und auch höhere Kosten gegeben hätte. Denn erforderliche Untersuchungen hätten mehrfach ausgeschrieben werden müssen und für die verschiedenen Bereiche einzeln – von mutmaßlich verschiedenen Unternehmen – durchgeführt werden müssen. Nun gibt es eine Arbeitsgemeinschaft, die den Leitungsbau und die Freiflächengestaltung verantwortet.
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Begonnen hat der Umbau im vergangenen Jahr mit einer Kampfmittelsondierung. Die war in diesem Fall nötig, weil in den vergangenen Jahren zwar oberflächliche Arbeiten stattgefunden haben, aber nie in solche Tiefen gegangen wurde, wie es nun geschieht. Tatsächlich wurde bei der Untersuchung auf Basis von Luftbildern Ende vergangenen Jahres auch einiges gefunden, unter anderem eine Granate, eine zerschellte Bombe und ein Minengeschoss.
Nachhaltiges Regenwassermanagement als Besonderheit
Das alte Natursteinpflaster ist, bis auf wenige Ausnahmen, vom Platz verschwunden. Insgesamt ist von 6000 Tonnen die Rede, die abgetragen werden müssen. Entsorgt werden soll das Material wenn möglich aber nicht. Ein Teil der historischen Platten sei zwischengelagert worden und soll an einem anderen Ort in Berlin wieder zum Einsatz kommen. Hier sei man noch in der Prüfung. „Im Sinne der Nachhaltigkeit und aus ressourcenschonenden Gründen versuchen wir wirklich alles wiederzuverwenden, was wieder verwendet werden kann“, sagt Asbrede.

Bevor die neuen Pflastersteine verlegt werden, geschieht einiges im Untergrund. Zentral ist das neue Regenwassermanagement, das mit den Berliner Wasserbetrieben (BWB) entwickelt wurde. Dazu entstehen auf dem Platz sechs unterirdische Auffangbecken für Regenwasser, sogenannte Rigolen. Sie halten das Wasser zurück und lassen dieses langsam versickern, sodass es dem Grundwasser zugeführt wird. Bislang landet das Regenwasser am Gendarmenmarkt in den Kanälen und ist damit für die Region verloren.
Verbesserungen für künftige Veranstaltungen am Gendarmenmarkt
Um die Niederschläge von Verschmutzungen wie Mikropartikeln und Schadstoffen zu reinigen, wird außerdem eine Vielzahl an Filtrationsschächten gebaut, die den Rigolen vorgeschaltet sind. „Es kommt also wirklich nur sauberes Wasser ins Grundwasser“, sagt Asbrede. Zwei Rigolen sind bereits fertig, darunter die größte, die allein ein Speichervolumen von gut 200 Kubikmetern hat. Insgesamt kommen die Rigolen auf ein Fassungsvermögen von 480 Kubikmetern – das entspricht 480.000 Litern. Eine weitere ist aktuell im Bau, die anderen drei folgen noch. Kalkuliert wird, dass durch das neue Regenwassermanagement am Gendarmenmarkt jährlich bis zu acht Millionen Liter Regenwasser versickern können.

Mit Blick auf künftige Veranstaltungen erhält der Platz außerdem ein unterirdisches, rund fünf Kilometer langes neues Leitungsnetz für Strom, Wasser und Abwasser. Als Vorteil betont Grün Berlin: Durch mehr als 50 versenkbare Trinkwasser- und Schmutzwasseranschlüssen und rund 30 unterirdische Stromanschlüssen können Veranstaltungen nach dem Umbau unabhängig von der Infrastruktur des Konzerthauses stattfinden. Für beliebte Veranstaltungen wie den Weihnachtsmarkt oder Konzerte gebe es künftig „eine gute Versorgung sowie endlich eine barrierefreie Nutzung und Zugänglichkeit“, sagt Projektmanager Asbrede. „Es müssen keine provisorischen Leitungen mehr oberirdisch verlegt werden.“
Während die gepflasterte Musterfläche später wieder abgebaut werden muss, sollen in diesen Tagen an einer anderen Stelle die neuen Natursteine final verlegt werden: Rund um das Schiller-Denkmal in der Mitte des Platzes soll die Pflasterung mit kleinen Mosaiksteinen beginnen. Derzeit läuft auch die Restauration der vier historischen Schinkelleuchten, die im Mai demontiert wurden. Nach der Überarbeitung sollen sie auf den Gendarmenmarkt zurückkehren, ebenso wie die Bänke, die ebenfalls saniert werden. Die historische Gestaltung wird also wieder sichtbar. Der Gendarmenmarkt soll damit auch als Vorbild dienen, wie Umbauten zur Schwammstadt auch an geschichtsträchtigen Orten funktionieren können.