Berliner Museen

Wie "Grüffelo"-Zeichner Axel Scheffler Briefe schreibt

| Lesedauer: 5 Minuten
Katrin Starke
Dieser herrliche Briefumschlag fand den Weg über den Kanal nach Frankreich.

Dieser herrliche Briefumschlag fand den Weg über den Kanal nach Frankreich.

Foto: Kay Herschelmann/Axel Scheffler/MSPT/Museum für Kommunikation Berlin

Fantastische kleine Kunstwerke: Das Museum für Kommunikation zeigt eine Auswahl von "Briefbildern" des Illustrators Axel Scheffler.

Berlin. Bei manchen Briefen, die Axel Scheffler verschickt hat, muss man sich geradezu wundern, dass sie überhaupt angekommen sind. Denn die eigentlich so wichtige Adresse der Empfänger ist auf den Umschlägen fast nur unauffälliges Beiwerk. So zum Beispiel auf einem der Briefe, die der in Großbritannien lebende, berühmte Illustrator an die Schriftstellerin Julia Donaldson schickte.

Die Briefmarke zeigt ein Porträt der noch recht jungen Queen Elizabeth II. bei der Parade „Trooping the Colour“. Die Regentin trägt Uniform, hat die Hand zum mili­tärischen Gruß erhoben. Scheffler erlaubte sich, den Bildausschnitt zu „vervollständigen“, indem er ein ­lustig dreinschauendes Pferd malte, die Queen im Damensitz darauf drapierte und dem Rappen dann auch noch einen „Grüffelo“ gegenüberstellte. In einer Sprechblase unter dem Maul des Pferdes notierte er die dann ­Adresse von Julia Donaldson in Glasgow.

Eine sehr treffende Illustration, ist Donaldson doch die Autorin des Kinderbuches „Der Grüffelo“ (das zu den meistverkauften Kinderbüchern aller Zeiten gehört) und Scheffler derjenige, der das etwas rundliche kuschelige Monster zeichnete.

Kleine private Kunstwerke werden ausgestellt

Insgesamt hat Scheffler, Jahrgang 1957, mehr als hundert Bücher von „Die Schnecke und der Bücherwal“ bis „Räuber Ratte“ illustriert. Doch der gebürtige Hamburger, der 1982 zum Studium der Visuellen Kommunikation ins südenglische Wiltshire zog, ist auch ein reger Briefeschreiber. Und seit mehr als 40 Jahren gestaltet er die Briefumschläge seiner Korrespondenz mit Collagen und Illustrationen und sendet sie in die ganze Welt – an ­Familie und Freunde, an Künstler und Verlage.

Auf kleinem Raum nimmt er sich hier alle Freiheiten, die ihm bei seinen Illustrationsaufträgen mitunter verwehrt bleiben. Eine umfangreiche Auswahl dieser in vier Jahrzehnten entstandenen Briefbilder ist bis zum 12. März 2023 im Museum für Kommunikation Berlin zu sehen. Für die Ausstellung „Von Monstern, Mäusen und Menschen. Axel Schefflers fantastische Briefbilder“ haben rund 50 Empfängerinnen und Empfänger ­seiner Briefe dem Museum ihre kleinen privaten Kunstwerke zur Verfügung gestellt.

Scheffler verbindet gerne die Markenmotive mit Zeichnungen

Die Motive spiegeln private Themen ebenso wie Ereignisse des Zeitgeschehens wider. Einen Brief an eine Adressatin in Göteborg hat er beispielsweise mit der Zeichnung eines schweden­typischen roten Holzhauses verziert, aus dessen Fenster ein Elch blickt. Oder er hat eine Briefmarke, die eine versteinerte Schnecke zeigt, mit einem gezeichneten Bilderrahmen versehen. Darunter hat er Schnecken gemalt, die über dieses Kunstwerk parlieren: „Ich find’s geschmacklos“, sagt die eine. „Es ist ein Original“, sagt die andere.

Vielfach stellt Scheffler einen Bezug her zwischen dem Motiv der Briefmarken, die er aus einem großen Vorrat an Wertzeichen stets gezielt auswählt, und seinen Zeichnungen. So fügt er zum Beispiel einer Briefmarke, die einen Rosenkäfer zeigt, eine an Blüten schnuppernde Libelle hinzu. Immer wieder hat auch die Queen ihre Auftritte. Die Briefmarken-­Porträts werden dabei vielfach zum Teil der künstlerischen Gestaltung: Mal platziert der Illustrator die Königin in einer venezianischen Gondel, mal stellt sie beim gemeinsamen ­Rocken mit Ehemann Prinz Philip an der E-Gitarre dar. Auch viele der Charaktere aus den von Scheffler illustrierten Kinderbüchern finden sich auf den Briefumschlägen wieder.

Es sind zumeist humorige Zeichnungen, die den Ausstellungsbesuchern ein Lächeln aufs Gesicht ­zaubern. Doch immer thematisiert Axel Scheffler mit feinem Strich auch ernstere politische Ereignisse, unter anderem den Brexit. Oder er skizziert seine Sicht auf die Regierung Helmut Kohls, indem er den Alt-Kanzler seinen damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher huckepack nehmen lässt, während Heiner Geißler in Rabengestalt über den beiden schwebt.

Zu Schefflers Brieffreunden gehören auch Illustratoren

Die Ausstellung im Museum für Kommunikation Berlin verbindet in ihrer Aussage gleich mehrere Aspekte. Sie dokumentiert zum einen Schefflers eng geknüpftes Netzwerk an Brieffreundschaften – angefangen vom Sandkastenfreund Volker Pohl über Schulfreund Udo Leisten bis hin zu bekannten Illustrator-Kollegen wie Philip Waechter oder Anke Kuhl – und spiegelt zum anderen ein Stück Philatelie-Geschichte seit Beginn der 1980er-Jahre wider. Doch vor allem vermittelt sie auch einen Eindruck vom breiten Spektrum des Schefflerschen Wirkens, zeigt seine künstlerische Originalität und ist nicht zuletzt eine Liebeserklärung an die analoge Korrespondenz per handgeschriebenem Brief.

Das Thema des Schreibens und der Postzustellung greift Scheffler bei ­seinen Umschlaggestaltungen ­übrigens auch regelmäßig auf. Oft malt er ­tierische Briefboten. Für die von ihm entworfenen „Schnabeltier“-Postboten erfand er mit „Platipost“ einen eigenen Begriff und ließ eigens einen Stempel dafür herstellen. Den können Ausstellungsbesucher selbst auf einen Bogen Papier drücken. Unter dem Motto „Auf die Briefe fertig los!“ kann jeder, der inspiriert durch die Ausstellung, Lust dazu bekommen hat, eigene Briefumschläge gestalten. Malstifte stehen bereit und Briefmarken gibt es im Museumsshop.

Museums-Info

  • Museum für Kommunikation Berlin Leipziger Str. 16, Mitte, Tel. 20 29 40, Di. 9–20 Uhr, Mi.–Fr. 9–17 Uhr, Sbd.+So. 10–18 Uhr, www.mfk-berlin.de
  • Ausstellung „Von Monstern, Mäusen und Menschen. Axel Schefflers fantastische Briefbilder“, bis 12. März 2023
  • Publikation In Anlehnung an die vom Museum für Kommunikation Frankfurt erarbeitete Ausstellung ist die ­Publikation „Axel Scheffler: Verbriefte Freundschaft – illustrierte Briefumschläge“ erschienen. Sie ist im Museumsshop, aber auch im Buchhandel erhältlich.