Berlin. Für Radfahrer in Mitte wird der Weg durch die Linienstraße angenehmer. Die Fahrradstraße im Ortsteil Mitte soll noch fahrradfreundlicher werden. Das Bezirksamt Mitte hat dafür nun eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Die Straße wird größtenteils zur Vorfahrtsstraße, dafür verschwinden die vielen Rechts-vor-Links-Situationen. Abgesehen von den Kreuzungen an der Rosenthaler Straße, der Alten Schönhauser Straße und der Rosa-Luxemburg-Straße heißt es für Radfahrer dann: freie Fahrt.
Auf mehreren Abschnitten richtet der Bezirk zudem Einbahnstraßen für den Kfz-Verkehr ein – in jeweils wechselnden Richtungen. Radfahrer hingegen sollen dank einer „Radfahrer frei“-Regelung weiterhin auch in die Gegenrichtung unterwegs sein dürfen. Die Maßnahmen sollen dazu dienen, „den Kfz-Durchgangsverkehr wirksam zu unterbinden und den Anliegerverkehr störungsfrei zu ermöglichen“, teilte das Bezirksamt auf Anfrage mit.
Linienstraße soll grünen Streifen bekommen
Ein weiterer Punkt ist die Sichtbarkeit. Damit Rad- wie Autofahrer noch leichter erkennen, dass sie sich auf einer Fahrradstraße befinden, soll die Strecke durchgängig als solche markiert werden, auch über Kreuzungen hinweg. Dem Bezirk schwebt dazu vor, einen durchgängigen 25 Zentimeter breiten grünen Streifen auf die Fahrbahnmitte zu malen.
Zudem wird die Parkordnung neu markiert samt einer aufgemalten „Dooring-Zone“ auf der gesamten Straßenlänge. Sie soll verhindern, dass Radfahrer zu nah an parkenden Autos vorbeifahren und beim Öffnen der Türen erfasst werden könnten. „Durch diese Maßnahmen sollen die Sicherheit für den Radverkehr in der Linienstraße erhöht und eine ordnungsgemäße Nutzung der Straße sichergestellt werden“, heißt es vom Bezirksamt.
Grünen-Politiker: „Viele Leute wissen gar nicht, dass das eine Fahrradstraße ist“
Zufrieden, dass die Umsetzung des von den Grünen eingereichten Antrags bald kommt, ist Johannes Schneider, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Bezirk. „Die Linienstraße ist eine tolle Verbindung, aber viele Leute wissen gar nicht, dass das eine Fahrradstraße ist.“ Durch die Markierung solle sich das ändern und die Straße mit den Nutzern sprechen. Zudem komme man als Radfahrer bisher durch die Kreuzungen nicht so schnell voran. Das werde sich jetzt ändern.
Neues Fahrradstraßenkonzept soll in diesem Jahr kommen
Nachdem die Aufforderung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) schon im Januar 2018 an das Bezirksamt erging, ist der genaue Zeitpunkt der Umsetzung noch offen. Angestrebt ist, dass die Linienstraße noch in diesem Jahr nach dem neuen Konzept umgestaltet wird. „Die erforderlichen straßenverkehrlichen Anordnungen durch den Bezirk wurden bereits veranlasst“, teilte das Bezirksamt mit.
Als Hürde stellt der Bezirk noch eine Klärung der Finanzierung durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz dar. Erst danach könnte die Auftragsvergabe erfolgen. Die Senatsverkehrsverwaltung erklärte auf Anfrage jedoch, dass bereits eine Zusage zur Übernahme der Kosten in Höhe von rund 35.000 Euro erteilt worden sei. „Wir würden uns wünschen, dass das Schneller geht“, sagte der Grünen-Verordnete Schneider. „Aber die Verwaltung ist immer noch ziemlich dezimiert.“
Bezirk wartet mit Farbstreifen auf Leitfaden des Senats – der weiß nicht wieso
Und auch bei einer konkreten Maßnahme stockt es. Anders als die anderen Punkte, will der Bezirk der Bezirk auf die Einfärbung der Fahrbahn zunächst nicht umsetzen. „Da es noch keinen einheitlichen Leitfaden für die Ausgestaltung von Fahrradstraßen gibt, wird derzeit noch auf eine Straßeneinfärbung, wie Sie von der BVV vorgeschlagen wurde, verzichtet“, teilte das Bezirksamt mit. Da eine nachträgliche Veränderung der Markierung aber vermieden werden soll, sei die Maßnahme noch nicht ausgeführt worden.
Tatsächlich steht der Leitfaden für Fahrradstraßen noch aus. Er wird derzeit in der Senatsverkehrsverwaltung erarbeitet und soll im Sommer veröffentlicht werden. Dennoch versteht man in der Senatsverwaltung nicht, wieso der Bezirk mit den Maßnahmen wartet. „Es ist nicht erforderlich, dass der Bezirk mit der Umsetzung der Maßnahme wartet, bis die Leitlinien vorliegen“, sagte eine Sprecherin der Verkehrsverwaltung. Offenbar verspreche sich der Bezirk etwas Falsches von dem Leitfaden. Der Katalog diene jedoch eher als Arbeitshilfe samt Prüfschritten beim Einrichten einer Fahrradstraße. „Es gibt nicht die eine Musterlösung, es gibt viele Musterlösungen“, sagte die Sprecherin.
Linienstraße wird vor allem von Radfahrern genutzt
Stefan Lehmkühler vom Netzwerk fahrradfreundliche Mitte und Initiator des ursprünglichen Grünen-Antrags in der BVV stört sich daran nicht. „Es ist gut das endlich was passiert“, sagte er. Wichtig sei, dass nun die Rechts-vor-Links-Regelung aufgehoben werde.
Das findet auch Hildegard Schlaffer. Die 86-Jährige ist häufig mit dem Rad in der Linienstraße unterwegs. An den Kreuzungen mit Rechts-vor-links-Regelung steigt sie aus Angst jedoch immer ab. „Die machen was sie wollen an der Kreuzung“, sagt sie mit Bezug auf die Autofahrer. „Die tun so, als seien sie die stärksten.“ Das würde sich nun hoffentlich ändern.
Anders sieht es Oliver Berndt. Der Unternehmer betreibt in der Linienstraße ein Weingeschäft. Auch er fährt oft mit dem Rad die Straße entlang, findet den bisherigen Zustand jedoch ausreichend. Die Änderung sei nur vergeudete Energie, die man besser an anderer Stelle einsetzen solle.
Die Linienstraße ist bereits seit 2008 eine Fahrradstraße und wird heute vor allem von Radfahrern genutzt. Bei einer Untersuchung hat das Netzwerk fahrradfreundliche Mitte 2017 innerhalb einer Stunde im Berufsverkehr 1942 Radfahrer und 92 Autos auf der Strecke gezählt.
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