Nach Kauf durch Investor

Mieter aus Moabit hoffen, dass Berlin ihr Haus kauft

| Lesedauer: 4 Minuten
Christian Latz
Die Mieter der Rathenower Straße 59 hoffe, dass ihr Haus von einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft gekauft wird.

Die Mieter der Rathenower Straße 59 hoffe, dass ihr Haus von einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft gekauft wird.

Foto: Christian Latz / BM

Ihr Haus wurde an einen Investor verkauft. Jetzt haben die Mieter einen Brandbrief an den Finanzsenator geschrieben.

Berlin.  Noch bangen Lisa Buchholz und die anderen Mieter der Rathenower Straße 59 in Moabit, doch Hoffnungen schwinden täglich. Das Haus, in dem sie wohnen, wurde vor kurzem an einen Investor verkauft. „Seitdem sind wir nur dabei, Alarm zu machen“, sagt Buchholz. Sie fürchten, der Eigentümerwechsel würde viele Familien im Gebäude das Zuhause kosten, die anderswo keine Chance hätten, eine bezahlbare Mietwohnung zu finden.

Mit einer Petition erreichten sie über 1000 Unterschriften für ihr Anliegen. Schnell wandten sie sich auch an den Bezirk Mitte. Auf dessen Bitte prüfte die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) einen Ankauf des Hauses über das Vorkaufsrecht. Am Montag dann die aus Sicht der Anwohner schlechte Nachricht: Die WBM lehnt einen Ankauf ab. „Wir können das in diesem Fall wirtschaftlich nicht darstellen“, sagte WBM-Sprecher Christoph Lang. Zum gleichen Ergebnis kam wenige Tage später die Degewo. Auch die zweite landeseigene Gesellschaft lehnte einen Ankauf ab.

WBM und Degewo lehnen Kauf aus Unwirtschaftlichkeit ab

Das lassen die Mieter nicht gelten. „Damit wäre grundsätzlich das Milieuschutzanliegen ad absurdum geführt“, sagt Mietersprecherin Buchholz. Der politische Wille sei doch, Bewohner in sozial gemischten Wohngebieten vor Verdrängung zu schützen. „Besonders in unserem Fall, in dem der Kaufpreis sich nicht in einem extrem überteuerten Bereich befinden soll, ist eine solche Argumentation für uns absolut nicht nachvollziehbar.“
Die Wohnungsbaugesellschaften verweisen in solchen Fällen darauf, dass sie als Unternehmen rechtlich verpflichtet sind, wirtschaftlich zu handeln. Zum Kaufpreis kämen noch Kosten für die Sanierung, die nicht auf die eher niedrigen Mieten umgelegt werden darf. Auch bei einem Zuschuss vom Senat, der dem Vernehmen nach in diesem Fall bei 25 Prozent des Kaufpreises gelegen hätte, sei der Ankauf wirtschaftlich nicht zu stemmen.

Mieter schreiben Brandbrief an Finanzsenator Kollatz

An der misslichen Situation der Mieter ändert das nichts. Und die Zeit läuft ihnen davon. Am kommenden Montag endet die Frist für den Ankauf. „Wir sitzen hier auf heißen Kohlen“, sagt Mietersprecherin Buchholz. Mit einem Brandbrief fordern sie Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) auf, doch noch genügend Mittel für einen Ankauf bereitzustellen.
Unzufrieden über die Situation der Mieter äußerte sich auch der Grüne Bezirksverordnete Taylan Kurt. „Es kann nicht sein, dass das Bezirksamt acht Wochen Zeit hat und dennoch alles auf den letzten Drücker passiert.“

Baustadträte fordern Fonds vom Land

Nach der Absage der Degewo kündigte Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) an, sich nochmals an Finanzsenator Kollatz zu wenden. „Ich werde dem Finanzsenator schreiben, damit er den Wohnungsbaugesellschaften nochmal gut zuredet.“
Gemeinsam mit den Baustadträten fordert Gothe vom Senat, für die die Ankäufe einen Fonds einzurichten. Eine entsprechende Vorlage für den Rat der Bürgermeister werde gerade erarbeitet.

„Das Hin und Her zwischen den zuständigen Stellen ist angesichts der kurzen Zeit ein Problem“, sagte Gothe. Mit dem neuen Fonds solle es daher eine zentrale Stelle geben, wo die Vorkaufsfälle aus finanztechnischer Sicht und Stadtentwicklungsperspektive geprüft würden. Bei positivem Bescheid solle der Fonds der im entsprechenden Gebiet zuständigen Wohnungsbaugesellschaft einfach aufdrücken können. Die zeitaufwendigen Einzelprüfungen durch jede Wohnbaugesellschaft fielen weg. „Wir denken, dass das Instrument dadurch effizienter und schlagkräftiger wird“, sagte Gothe.

Mitte prüft weitere Vorkaufsfälle

Unterdessen beschäftigen den Bezirk Mitte weitere neue Vorkaufsfälle. Während es bei einem Haus in der Emdener Straße vor kurzem zu einer Abwendungsvereinbarung kam, ständen die Chancen gut, dass bei einem Haus in der Prinzenallee 36 in Gesundbrunnen das Vorkaufsrecht zugunsten der WBM ausgeübt würde, so Gothe. Erst kürzlich bekannt gewordene Fälle in der Rathenower Straße 54 und der Gotzkowskystraße 33 in Moabit sowie der Biesenthaler Straße 4 in Gesundbrunnen seien „in ernsthafter Prüfung“.

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