Berlin. Es ist der größte Kauf über das bezirkliche Vorkaufsrecht: 260 Wohnungen in Mitte und Neukölln gehen statt zu einem Investor ans Land.
Ein Mega-Deal auf dem Berliner Immobilienmarkt nimmt für Hunderte Mieter in Wedding und Neukölln ein gutes Ende. Ihre insgesamt 265 Wohnungen wandern nicht in die Hände eines internationalen Großinvestors, sondern gehören zukünftig den stadteigenen Wohnungsbaugesellschaften WBM sowie Stadt und Land. Zu deren Gunsten haben die Bezirke Mitte und Neukölln ihr Vorkaufsrecht ausgeübt und komplette Häuserblöcke angekauft. Es handelt sich um den bislang größten Erwerb über das bezirkliche Vorkaufsrecht in Berlin.
Die Häuser befinden sich an der See- Ecke Turiner Straße in Wedding sowie an der Böhmischen Straße und Thiemannstraße in Neukölln. Der Wohnblock in Wedding umfasst 125 Wohnungen. Die WBM hat sie zu einem Preis von 19 Millionen Euro erworben. 15 Prozent davon steuerte das Land als direkten Zuschuss bei. 140 Wohnungen entfallen auf den Neuköllner Straßenzug, der an die Stadt und Land geht. Wie viel die Wohnungsbaugesellschaft dafür gezahlt hat, wollte der Bezirk nicht mitteilen.
Wohnungen Teil des größten Immobiliendeals 2018
Bei den Häusern handelt es sich um einen Teil des größten bekannten Wohnimmobiliendeals des vergangenen Jahres. Das sogenannte „Century“-Portfolio wurde für 1,2 Milliarden Euro von Industria Wohnen mit Sitz in Frankfurt am Main verkauft. Käufer ist der fünftgrößte Pensionsfonds Europas, die dänische PFA.
Das Paket umfasst insgesamt rund 3700 Wohnungen. Davon sollen sich mindestens 400 in Berlin befinden. Neben den nun über das Vorkaufsrecht erworbenen Blöcken zählt dazu ein weiteres Haus in Mitte mit rund 50 Wohnungen. Es liegt an der Prinzenallee in Gesundbrunnen und ist knapp außerhalb der Grenze des Milieuschutzgebiets Soldiner Straße. Das Vorkaufsrecht konnte daher nicht angewandt werden. Die anderen Häuser liegen in Milieuschutzgebieten in Tempelhof-Schöneberg und Pankow.
Portfolio-Manager für die Pensionskasse PFA in Deutschland ist die Münchener Domicil Real Estate Group. Über die Berliner Wohnungen schreibt Geschäftsführer Khaled Kaissar auf der Internetseite: „Die Objekte befinden sich überwiegend in guten bis sehr guten Wohnlagen in begehrten Wohnumfeldern. Darüber hinaus bietet das Portfolio zusätzliches Mietsteigerungspotenzial.“ Entsprechend groß war die Sorge bei den Anwohnern, dass die Mieten deutlich steigen könnten. Viele Mieter der Häuser in Wedding etwa zahlen aktuell zwischen 4,90 Euro und 5,20 Euro pro Quadratmeter (kalt).
„Ich freue mich und bin der WBM dankbar, dass sie die Häuser mithilfe des Senats in den kommunalen Besitz bringen konnte“, sagte Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). In Neukölln hieß es, man wolle noch bis Montagnacht dieser Woche warten, ob noch eine Abwendungserklärung des Investors im Bezirksamt eintreffen würde. Dazu kam es nicht. Eine bereits um Weihnachten eingegangene Erklärung akzeptiert der Bezirk Neukölln nicht, da sie die Ziele des Milieuschutzes nicht ausreichend unterstützen würde.
Zugang für internationale Investoren begrenzen
„Wir sind zuversichtlich, dass wir mit der Ausübung des Vorkaufsrechts 140 Wohnungen dauerhaft der Immobilienspekulation entziehen können“, teilte Jochen Biedermann (Grüne), Neuköllns Baustadtrat, mit. „Die hohen Preise haben es uns in den letzten Monaten immer schwerer gemacht, geeignete Käufer zu finden.“ Er danke deshalb allen Beteiligten aus dem Bezirksamt Neukölln, von Senatsseite, von Stadt und Land und natürlich den Mietern, die sich unermüdlich eingesetzt hätten. „Vor allem in ihrem Interesse hoffe ich“, so Biedermann, „das Verfahren jetzt zügig abschließen zu können.“
Auch wenn beide Bezirksstadträte zufrieden sind, hinterlässt der Deal gemischte Gefühle. „Es ist absurd, dass ein dänischer Pensionsfonds Wohnungen in Berlin kauft, damit Berliner Mieter die Pension dänischer Rentner zahlen“, ärgerte sich Ephraim Gothe. Berliner Wohnungen gelten international als sicherer Hafen zur Kapitalanlage. „Das hat mit dem ursprünglichen Sinn von Wohnungen nichts mehr zu tun.“ Man müsse daher darüber nachdenken, den Zugang internationaler Investoren zum Berliner Markt zu begrenzen, forderte Stadtrat Gothe.
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