Berlin. Als Carsta Knaak bei der Polizei anrief, erlebte sie eine Überraschung. Die Weddingerin wählte vor wenigen Tagen die Nummer des Bürgertelefons der Berliner Polizei. Auf die Frage, wo sie wohne, nannte Knaak die Petersallee, so steht es noch auf den Schildern in ihrer Straße im Afrikanischen Viertel. Der Polizist am anderen Ende der Leitung habe damit trotz mehrerer Eingabeversuche nichts anfangen können. „Petersallee gibt es hier gar nicht“, soll er geantwortet haben, so Knaak.
Klärung brachte die Nachfrage, ob die Straße umbenannt worden sei. Die Anwohnerin erklärte, dass dafür derzeit ein Verfahren laufe. „Er sagte mir dann, dass die Straße auf dem Stück zwischen Nachtigalplatz und Müllerstraße bei ihm Anna-Mugunda-Allee heißt.“ Knaaks Anruf war kein Notfall. Was aber passiert wäre, wenn in einem dringenden Fall zunächst der Polizei umständlich ihr Wohnort beschrieben werden müsste, besorgt sie. „Ich war schockiert, dass die alte Straße nicht mehr gefunden wurde“, sagt die 56-Jährige. In der Stadtverwaltung sei das Thema scheinbar schon abgehakt, meint sie. Ganz im Gegensatz zur Nachbarschaft.
Bezirk will mit Umbenennung Zeichen gegen kolonialistisches Erbe setzen
Zwar erklärt die Polizei auf Nachfrage, die Adresse sei in ihrem System auch weiterhin unter dem bisherigen Namen Petersallee zu finden. Der Fall sorgt bei Anwohnern des Afrikanischen Viertels trotzdem für Verwirrung und Ärger. Der neue Name für die Petersallee und mehrere andere Straßen im Afrikanischen Viertel ist vom Bezirksamt Mitte neulich beschlossen worden, da die aktuellen Namen deutsche Kolonialisten ehrten, so der Bezirk. Die Entscheidung ist im Quartier bis heute stark umstritten. Eine Initiative kämpft seit langem gegen die Umbenennung.
Für Unmut bei den Gegnern sorgt aktuell eine weitere Volte: Die Umbenennung der Petersallee wurde Ende November im Amtsblatt veröffentlicht. „Nach monatelanger gezielter Untätigkeit“, wie Karina Filusch, Sprecherin der Initiative „Pro Afrikanisches Viertel“ findet, die für die Beibehaltung der Straßennamen kämpft. Nun sei die Veröffentlichung kurz vor Weihnachten erfolgt.
Mindestens 25 Widersprüche gegen Straßenumbenennung eingereicht
Die Initiative sieht darin eine Taktik. Die Vermutung: Der Termin sei offensichtlich so gelegt worden „in der Hoffnung, dass die erzürnten Bürger so beschäftigt mit Weihnachten und Jahreswechsel sind, dass ihnen die Veröffentlichung und damit der Start ihrer Widerspruchsfrist entgeht“, so Filusch. Die Initiative sehe den Versuch, ihren Protest „von oben einzuschläfern“.
Der Termin hat die Gegner offenbar nicht davon abgehalten, ihr Widerspruchsrecht zu gebrauchen. Filusch seien bisher 25 Widersprüche gegen die Umbenennung bekannt. Die Frist zur Einreichung läuft im Fall der Petersallee noch bis zum 8. Januar. Bei der mittlerweile ebenfalls veröffentlichten Umbenennung des Lüderitzstraße in Cornelius-Fredericks-Straße endet sie am 11. Februar. Sollte der Bezirk darauf nicht reagieren, werden am Ende wohl einige Anwohner klagen.
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