Schmargendorf

Kampf um die letzte Wiese von Schmargendorf

Seit Jahren kämpft eine Bürgerinitiative gegen die Bebauung der Cornelsenweg-Wiese. Ein einfacher Kniff könnte sie retten.

| Lesedauer: 4 Minuten
Carolin Brühl
Die Cornelsen-Wiese zwischen Wiesbadener und Dillenburger Straße soll bebaut werden. Dagegen gibt es Protest.

Die Cornelsen-Wiese zwischen Wiesbadener und Dillenburger Straße soll bebaut werden. Dagegen gibt es Protest.

Foto: Carolin Brühl

Mittendrin liegen ein paar Findlinge. Ein Wilmersdorfer Baustadtrat hat sie vor Jahren dorthin schaffen lassen, um fußballspielende Kinder auszubremsen. Viel genutzt hat es nicht. Die Cornelsen-Wiese war nie eine gepflegte Grünanlage mit Blumenrabatten oder Zierrasen. Sie wurde und wird dennoch heiß geliebt und gern genutzt von den Menschen, die um sie herum wohnen. Wie so viele Freiflächen soll nun auch auch die Schmargendorfer Wiese dem Neubau von Wohnungen weichen. Eine ungewöhnlich Allianz aus Linke und CDU in der Bezirksverordneten-Versammlung (BVV) will das aber verhindern. Eines ihrer Argumente: Das erfolgreiche Volksbegehren zum Erhalt innerstädtischen Grüns.

Retten könnte die Wiese die schlichte Tatsache, dass der Bezirk für die Cornelsen-Wiese eine Grunddienstbarkeit aus dem Jahr 1965 besitzt, die das Areal als Grünanlage sichert. Bestünde der Bezirk auf seinem Recht, wäre eine Bebauung vom Tisch. Doch in der Bezirksverwaltung scheint man dieser Idee nichts abgewinnen zu können. Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) hat den Vorgang deshalb nun mit Unterstützung von SPD und Grünen an die Wohnungsbauleitstelle zur Prüfung weitergeleitet.

Massiver Verlust von Grün im Süden Wilmersdorfs

Das Viertel im Süden von Wilmersdorf hat in den letzten Jahren viele Grünflächen verloren: Die Hälfte der Kleingartenkolonie Oeynhausen wird von der Groth-Gruppe mit dem sogenannten Maximilians-Quartier bebaut. Massiver als an der Stelle eigentlich zulässig, aber als Kompromiss zur Rettung der restlichen Kleingärten ausgehandelt. Gemunkelt wird indes derzeit, dass es bereits schon Pläne für die Bebauung weiterer Kleingärten von Oeynhausen in Richtung Süden bis hin zur Friedrichshaller Straße gibt.

Die Kleingärten nur einen Steinwurf weiter jenseits der Mecklenburgische Straße auf dem Telekom-Gelände an der Wiesbadener Straße sind ebenfalls aufgelassen und sollen überbaut werden. Der Spielplatz soll erhalten werden.

Nur vorne im spitzen Zipfel hin zur Mecklenburgischen Straße hin stehen noch ein paar Lauben. Sie gehören dem Bezirk und soll bleiben dürfen, heißt es bislang.

Verschwinden wird auch der Flachbau von Getränke Hoffmann an der gegenüberliegenden Ecke Sodener und Wiesbadener Straße. Auch er soll einen Neubau weichen, der sich in seiner Höhenentwicklung an den benachbarten Wohnhäusern orientieren soll.

Lediglich die Cornelsen-Wiese könnte als Grün zwischen alten und neuen Häusern erhalten bleiben, doch auch sie steht zur Disposition.

Grunddienstbarkeit aus den 60er-Jahren

Während SPD und Grüne sich in der Wiesen-Frage hinter dem Prüfauftrag des Baustadtrats verschanzen, bekennt sich die FDP klar zum Wohnungsbau: „Wir sollten Wohnungen bauen, wo immer das geht, und wir verantwortlich verdichten können“, sagt FDP-Fraktionschef Johannes Heyne. Auch er räumt indes ein, dass man im Fall der Cornelsen-Wiese Vorsicht walten lassen sollte, bevor man eine Grunddienstbarkeit aufgebe.

„Verstehen Sie mich nicht falsch“, sagt der CDU-Verordnete Hans Joachim Fenske. „Auch wir sind für Wohnungsbau, wo immer es geht, aber er muss auch verträglich für die Menschen sein, die bereits in den Quartieren leben.“ Die CDU könne sich bestenfalls vorstellen, dass der Investor einen Teil der Wiese hin zur Wiesbadener mit einem Haus bebauen könnte, das sich an der Höhe des bestehenden Nachbargebäudes orientiere, aber die bisher geplante massive Verdichtung des Investors Becker & Kries sei nicht so, dass man deswegen auf die bezirklichen Rechte verzichten dürfe. Die BVV mit all ihren Fraktionen habe 2016 das Bürgerbegehren Grünfläche übernommen und sich damit zum Schutz solcher Grünanlagen verpflichtet, so Fenske. Es wundere ihn, dass sich SPD und Grüne nicht daran gebunden fühlten.

Linke plädiert auch für den Erhalt des Stadtgrün

Das sieht auch Linken-Sprecher Niklas Schenker so: „Zu einer lebenswerten Stadt gehört nicht nur leistbarer Wohnraum für untere und mittlere Einkommensgruppen, sondern auch Stadtgrün, soziale Infrastruktur und wohnortnahe Versorgung – deshalb ist der Erhalt der Cornelsenweg-Wiese richtig.“ Schenker glaubt, dass Schruoffeneger das Bündnis zum Wohnungsneubau des Senats mit den Bezirken und darin enthaltenen Regelungen „falsch versteht“. Die Wohnungsbauleitstelle solle eine Entscheidung vorbereiten, wenn Senat und Bezirk in einem Konfliktfall keine Lösung finden würden. „Die Zuständigkeit des Bezirks bleibt aber unberührt“, so Schenker. Zudem, so die Kritik des Linken-Politikers, sei für eine Weiterleitung an die Wohnungsbauleitstelle zuerst ein Beschluss der BVV und eine davon abweichende Position des Senats erforderlich. „Das hätten SPD und Grüne mit ihrer Nebelkerze aber jetzt verhindert“, sagt Schenker.