Berlin. Das Gebäude Ring Center 1 wird neu gestaltet. Architekten wie Lars Krückeberg sehen für Einkaufszentren indes keine Zukunft.
Auf die Frage, warum eigentlich ein Einkaufszentrum in Bestlage eine fundamentale Umstrukturierung braucht, sagt Architekt Lars Krückeberg, das Konzept „Downtown in a Box“, also „Stadtzentrum in einer Kiste“ sei veraltet. Folgerichtig haben er und sein Büro Graft eine Umgestaltung entworfen, die Gebäude und Angebot zukunftsfest machen soll.
Bauherr Kintyre lässt sein Friedrichshainer Ring Center 1 (RC1) umgestalten, den westlich der Bahnbrücke liegenden Teil der Malls an der Frankfurter Allee. Der Standort galt lange als ideal gelegen. Nicht nur umgibt den Bereich dichte Wohnbebauung. Auch grenzt dieser an einen wichtigen Umsteigebahnhof für BVG, S-Bahn und überregionale Züge.
Ring Center an der Frankfurter Allee in Friedrichshain im Umbau
Die Pandemie aber, sagt Krückeberg, habe die Idee von Einkaufszentren in Frage gestellt. Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof bekam den Trend zu Online- und Schnäppchen-Shopping mehrfach zu spüren: Im Oktober 2022 musste man die zweite Insolvenz binnen zwei Jahren anmelden.

Umgeplant wird jetzt auch an anderen Berliner Mall-Standorten. So etwa beim Park Center Treptow. Dort hat das Bezirksamt im Winter grünes Licht für den Abriss von Einkaufszentrum, Parkgarage und Büro gegeben. Der Neubau von acht Gebäuden auf dem Grundstück ist ebenfalls genehmigt. Auch dort wird die Graft GmbH planen. Im ebenfalls von Leerstand betroffenen Einkaufscenter „Boulevard Berlin“ an der Schloßstraße in Steglitz laufen bereits die Umbauarbeiten. Statt Shoppingmall soll daraus ein Mixed-Center werden, zu dem dann auch Büros gehören.
Das Ring Center in Friedrichshain ist nicht mehr zeitgemäß
1995 wurde das Ring Center 1 eröffnet. 28 Jahre später sagt Lars Krückeberg: „Ein Betonklotz ohne Bezug zur Außenwelt ist dem Tod geweiht.“ 1998 gründete er Graft mit zwei Partnern in Los Angeles. Im gleichen Jahr wurden sie mit dem Auftrag von Schauspieler Brad Pitt für dessen Haus in Kalifornien über die Bauwelt hinaus berühmt. Inzwischen hat das Büro mit zukunftsorientierten Projekten unterschiedlicher Dimensionen internationales Renommee gewonnen. Bei Erweiterung, Umnutzung und Sanierung des Ring Centers 1 sei es nun vor allem um die Frage gegangen: „Wie brechen wir diese Betonburg auf?“
Antworten darauf geben die Planer etwa mit regelmäßigen Fensterreihen, die in die Fassade geschnitten werden. Hinzu kommen drei neue Lichthöfe. Das Äußere des Baus hätte Graft gern noch radikaler geöffnet, was aber die Statik nicht zuließ. Derartige Typenbauten der 90er-Jahre sind für eine Umgestaltung mit den Gewichtungen des 21. Jahrhunderts – von Naturlicht bis ökologisch-ressourcenschonender Bauweise – nur bedingt kompatibel.
Einzelhandel zukünftig auf drei Geschossen
Gefragt, wie sich die Zusammensetzung der Anbieter im Haus verändert, sagt Krückeberg, alles was funktioniere werde übernommen. Die Geschosse für Einzelhandel werden von derzeit fünf auf dann noch drei Geschosse reduziert. An die Stelle kommen etwa Büro- und Co-Workingräume, zudem Fitnessangebote und Dienstleister. Laut Center Manager Toni Pérez Morell wird Einzelhandel dann nur noch in Unter-, Erd- und 1. Obergeschoss zu finden sein. Ehemalige Einzelhandelsflächen im zweiten und dritten Obergeschoss werden etwa für Arztpraxen und Gesundheitsangebote umgenutzt. Zudem wird die Dachfläche begehbar.
Alle Arbeiten finden im laufenden Betrieb statt. Da müssen Umzüge und zeitweilige Auslagerungen gut geplant werden. Es werde zu temporären Schließungen kommen, sagt Pérez Morell.
Die Mall soll sich der Umgebung öffnen
Die Verbindungen zum Geschehen auf der Frankfurter Allee wollen die Architekten durch Restaurant- und Caféflächen im Erdgeschoss herstellen. Darüber hinaus soll die Verbindung zum S-Bahnhof gestärkt werden, indem der dorthin gelegene Eingang verbreitert wird.
Bis Ende 2025 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. An diesem Stück sind die Ladenzeilen Frankfurter Allee meist von Billiganbietern geprägt. Dort steht in zwei Jahren dann ein eleganter moderner Bau. Am Neuköllner Hermannplatz, wo ein gigantischer Multizweckbau an Stelle der derzeitigen Galeria entsteht, gibt es gegen neuen Glanz und befürchtete Verdrängung im Viertel zornigen Protest. Architekt Krückeberg findet die Position „holzschnittartig“. Gewiss müsse die Stadt bezahlbar sein. Aber für Bauprojekte dürfe da im Umkehrschluss nicht gelten, Qualität und Funktionalität seien bitte nicht zu verbessern, weil man Angst vor Veränderung hat.
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