Berlin. Neues Verkehrsprojekt: Schaltungen am Strausberger Platz reagieren zukünftig mit Kameras und Sensoren auf den Verkehr. So geht’s.
Geht es um Technik und Digitalisierung im Alltag, hinkt Berlin in vielen Bereichen anderen Städten hinterher. Vom öffentlich verfügbaren Internet bis zur Digitalisierung der Ämter. Beim Straßen- und Fußverkehr indes setzt die Hauptstadt nun exemplarisch auf Innovation. Am Strausberger Platz in Friedrichshain-Kreuzberg laufen jetzt Bauarbeiten zur Verbesserung von Verkehrssicherheit und -fluss. Dabei werden Wärmebildkameras und Radartaster zum Einsatz kommen. Am Mittwochvormittag stellte Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) die Pläne vor.
In einem Pilotprojekt werden an allen Fußgängerampeln sogenannte berührungslose Radartaster getestet. Sie befinden sich am Ampelmast, dort wo Fußgänger auch bislang für eine Grünschaltung drücken konnten. Allerdings erfasst dieser Taster wartende Menschen bereits automatisch via Radar. Befindet sich eine Person im Radius von 70 Zentimetern, veranlasst das Gerät eine baldige Grünphase. Der Schalter kann zudem auch durch Berührung ausgelöst werden.
Ampeln am Strausberger Platz reagieren auf Fußgänger und Radfahrer
Weitere technische Neuerungen am Platz sind Wärmebildkameras. Sie werden vor allen Ausfahrten an Lichtmasten befestigt und erfassen, was sich auf den Radspuren bewegt. Diese sind zukünftig in Geradeaus- und Abbiegebahnen unterteilt.
Befindet sich ein Radfahrer also zukünftig auf einer Geradeausspur, nimmt die Kamera dies durch dessen freigesetzte Wärmeenergie wahr und passt die nächste Grünschaltung an. Biegt er ab, ist ein Umschalten nicht nötig. Aus Sicht der Autofahrer sorgen die Kameras und Radartaster dafür, dass es für sie längere Grünphasen gibt, wenn kein Radfahrer oder Fußgänger wahrgenommen wurde.
Baumaßnahme kostet 2,5 Millionen Euro
Der Kreisverkehr zählt zu den Unfallschwerpunkten der Stadt. Senatorin Schreiner sagte, dass etwa die Ampeln an bestimmten Stellen, insbesondere an der Ausfahrt Lichtenberger Straße, derzeit oft missachtet werden. Daher ist ein Versetzen der Ampeln innerhalb des Platzverlaufs nun Teil des neuen Konzepts. Zur besseren Sichtbarkeit werden zudem sogenannte Überkopf-Signalgeber installiert, also Ampeln, die über der Fahrbahn angebracht und aus der Ferne schon erkennbar sind.
Als Leuchtmittel setzen die beauftragten Unternehmen LEDs ein. Sie sind energiesparender als bisherige Strahler. Zu den Umbauten zählen darüber hinaus Maßnahmen, die Barrierefreiheit ermöglichen, etwa akustische Signale und Rillenplatten. Bis Ende des Jahres sollen sie abgeschlossen sein. Kosten: 2,5 Millionen Euro.
Zwischen Lichtenberg und Mitte drängt sich oft der Radverkehr
Der Strausberger Platz ist in den vergangenen Jahren zum Problemthema angewachsen. Autofahrer sind von der bisherigen Form von Verkehrsführung und Ampelschaltung ebenso irritiert wie Fußgänger und Radfahrer. Letztere beklagen etwa an der nördlichen Ausfahrt Lichtenberger Straße, dass Autos dort flüssig und bevorzugt hinausgeleitet werden, Velonutzer dagegen durch Rotschaltung ausgebremst würden. Auffällig wird das insbesondere im Berufsverkehr, wenn sich gewaltige Fahrermengen auf der Achse Lichtenberg und Mitte drängen. Die neue Ampelsteuerung soll diesen Missstand beheben.

Annika Gerold, (Grüne), Verkehrsstadträtin im Bezirk unterstrich, dass der komplexe Kreisverkehr in der Vergangenheit nicht ausreichend Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer garantierte. Unterwegs als Radfahrerin, habe auch sie sich etwa an der Ausfahrt Lichtenberger Straße stets versichern müssen, dass sie von hinten nicht von einem Auto erfasst würde, das längst „Rot“ hatte.
Auf der Strecke soll zukünftig noch Radverkehr unterwegs sein
Die Umbaupläne der Verkehrsverwaltung sehen an der Stelle nun eine Entschärfung vor. So bekommen Radfahrer am Platz breitere Wege und eine deutliche Trennung vom Autoverkehr. Damit will die Verkehrsverwaltung auch auf besagtes hoheres Radfahreraufkommen zu Stoßzeiten reagieren.
Dass die Bezirkspolitik weniger die Interessen von Autofahrern als jene von Fußgängern und Radfahrern im Blick hat, zeigte sich in Gerolds Bewertung der Senatspläne: Sie hoffe, die neue Technik werde mehr Verkehrssicherheit liefern, insbesondere für den Rad- und Fußverkehr, sowie mehr Fahrkomfort für Radfahrer. Sie erwarte, dass durch den Ausbau des Radwegs dort zukünftig noch mehr Menschen unterwegs sein werden.
Positive Resultate für die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs erhofft auch Oswald Richter. Der Vorsitzende des Deutschen Bahnkunden-Verbandes in Berlin sagte, er erwarte, dass sich durch die Umgestaltung in und um den Kreisverkehr die Erreichbarkeit der U-Bahneingänge Strausberger Platz für Fußgänger deutlich verbessert.
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