Eigentlich ist der Görlitzer Park eine Grünanlage für die Nachbarschaft in Verantwortung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg. Doch auf diesen Park schaut ganz Berlin, nicht selten erregt er sogar überregional Aufmerksamkeit.
Auch in den vergangenen Tagen ist er in die Schlagzeilen geraten, weil Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) sich erneut zum massiven Drogenhandel im Park äußerte. Sie sagte im RBB-Magazin „Kontraste“, die Anwohner würden nicht wollen, dass die Dealer aus dem Park ausgeschlossen werden. Kurz darauf nannte sie in der „Welt“ die Zustände im Park „nicht tragbar“, Gewalt- und Eigentumsdelikte hätten dort drastisch zugenommen.
Forderung nach „einheitlicher, konsequenter Drogenpolitik“
Das zu ändern sei aber Aufgabe der Polizei und der Senatsinnenverwaltung. Herrmann forderte eine „einheitliche, konsequente Drogenpolitik“ in Berlin und mehr Polizeipräsenz im Park. Kritiker sagen, sie nehme ihre politische Verantwortung nicht wahr.
Der Görlitzer Park wird von der BSR vorbildlich sauber gehalten. In vielen Tourismusführern wird er als Beispiel einer „ganz besonderen Kreuzberger Freiheit“ hervorgehoben. Das ist Kern des Problems: Ohne Nachfrage wäre das Angebot der meist aus Afrika geflüchteten Drogenhändler sinnlos. Anwohner beklagen, dort sei ein rechtsfreier Raum entstanden.
Auch Verkehrsberuhigung sorgt für Diskussionen
Bezirksbürgermeisterin Herrmann sagt, die eine, allumfassende Lösung des Drogenproblems gebe es nicht. Auch hartes Durchgreifen der Polizei in der Vergangenheit habe nicht gewirkt.
Der Görlitzer Park ist indes bei weitem nicht das einzige Thema in diesem Bezirk, das für heftige Diskussionen sorgt. Die Verkehrsberuhigung in der Bergmannstraße, im Samariter- und Wrangelkiez sowie die Absage an die Neubaupläne des österreichischen Investors Signa für das Karstadt-Kaufhaus am Hermannplatz gerieten ebenfalls zu Aufregern.
Die Probleme, Perspektiven und politischen Konflikte in Friedrichshain-Kreuzberg sind Thema eines großen Leserforums im Rahmen der Reihe „Morgenpost vor Ort“ am 17. September. Die Berliner Morgenpost bietet ihren Lesern dabei die Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren und mit unseren Experten auf dem Podium über die Zukunft dieses spannenden Bezirks zu sprechen.
Podiumsdiskussion mit Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann
Auf dem Podium diskutieren: Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne); Steffen Dopichay, stellvertretender Leiter der Polizeidirektion 5; Peggy Hertner, Prokuristin und Leiterin Straßenreinigung bei der BSR; Nikolas Linck, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Berlin sowie Uta Keseling, Reporterin der Berliner Morgenpost und Kreuzbergerin seit vielen Jahren. Moderator des Abends ist Hajo Schumacher, Autor und Kolumnist unserer Redaktion.
Das Leserforum beginnt am Dienstag, 17. September, um 19 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche am Blücherplatz (Zossener Straße 65) und dauert circa zwei Stunden. Nach der etwa 60 Minuten langen Podiumsdiskussion können die Gäste im Publikum Fragen stellen und sich in die Debatte einschalten. Die Teilnahme ist für alle Leser kostenlos, die Gäste müssen sich aber zuvor in unserer Redaktion anmelden. Wie das geht, erläutern wir im Info-Text unten.
Zentrales Thema ist die lebenswerte Stadt. Ist Friedrichshain-Kreuzberg auf einem guten Kurs, um die Attraktivität der Kieze zu bewahren oder zu erhöhen – oder schlagen Politik und Verwaltung eine falsche Richtung ein? Wie entwickeln sich Verkehr, soziale Infrastruktur, Sauberkeit des öffentlichen Raums und Immobilienmarkt? In einigen Nachbarschaften leiden Anwohner unter negativen Begleiterscheinungen des Tourismus und der Anziehungskraft für Berliner aus anderen Bezirken. Gibt es Konzepte, Auswüchse einzudämmen?
Sicherheit ist weiterer Schwerpunkt des Leserforums
Ein weiterer Schwerpunkt des Leserforums ist das Thema Sicherheit und Kriminalität. Die Polizei hat sieben Orte in Berlin als kriminalitätsbelastete Orte eingestuft. Allein vier dieser Brennpunkte liegen in Friedrichshain-Kreuzberg: Görlitzer Park, Kottbusser Tor, Warschauer Brücke und Teile der Rigaer Straße. Welche Rolle spielen sie für die Arbeit der Polizei? Und wie ist es um die Sicherheit abseits dieser vier Orte, um die sogenannte Alltagskriminalität bestellt? Diese und viele weitere Fragen sollen am 17. September beantwortet werden.
Touristen kommen gern zum Feiern in den Bezirk
Nach außen verkörpert Friedrichshain-Kreuzberg auf kleinstem Raum nahezu alles, was Berlin über die Stadtgrenzen bekannt und beliebt macht. Hierher ziehen viele Zugereiste, weil ein Geist der Freiheit, der Toleranz und des Laissez-faire herrscht. Und Touristen kommen, um tagsüber zu shoppen und abends zu feiern.
So stellt sich das Müllproblem in Friedrichshain-Kreuzberg anders dar als etwa in Neukölln. Friedrichshain-Kreuzberg hat keine speziellen Müll-Hotspots. Der für das Ordnungsamt zuständige Stadtrat Andy Hehmke (SPD) sagt, das Problem sei im Bezirk eher flächendeckend. Beim Amt liefen Meldungen von wechselnden Orten ein.
Anwohner in den Partykiezen leiden unter Müll und Lärm
Allerdings gibt es etliche Anziehungspunkte für Touristen und Berliner aus anderen Bezirken, an denen sich weggeworfene Essensreste, Verpackungen und Zigarettenkippen ansammeln. Dazu gehören etwa Kottbusser Tor, Oranienstraße, Wrangelkiez, Warschauer Brücke, Revaler Straße, Simon-Dach- und Boxhagener Kiez, Ostkreuz sowie East Side Gallery.
Anwohnern macht neben dem Lärm auch zu schaffen, dass in Partynächten regelmäßig in ihre Hauseingänge uriniert wird. Nach langen Bemühungen um mehr Personal sollen die zusätzlichen Mitarbeiter des Ordnungsamtes nun intensiv gegen derlei Ordnungswidrigkeiten vorgehen.
Neben Verkehr und Stadtraumgestaltung bestimmt das Thema Wohnen die Agenda der Bezirkspolitik – und den Alltag der Bewohner von Friedrichshain-Kreuzberg. Sie leben im kleinsten und zugleich dichtest besiedelten Bezirk der Stadt. Während das Renommee von Mitte und Prenzlauer Berg in der Öffentlichkeit einem Wandel unterworfen ist, bleibt Friedrichshain-Kreuzberg ein unverwüstlicher Klassiker. Nur: Dort eine Mietwohnung zu finden ist nahezu unmöglich.
Anwohner protestieren gegen Neubauprojekte
Ein Weg, neuen Wohnraum zu schaffen, ist die sogenannte Nachverdichtung. Gemäß einer Kooperationsvereinbarung des Landes Berlin mit den sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften von 2017 sind diese aufgefordert, auf ihrem Bestand neue Wohnungen zu bauen. In der Praxis stößt das auch auf Widerstand.
Seit etwa den Mietern des 200-Wohnungen-Ensembles an der Landsberger Allee 62-72 in Friedrichshain bekannt wurde, dass ihre Wohnungsbaugesellschaft WBM dort im Innenhof auf 19 mal 19 Metern ein Wohnhaus für 32 Appartements errichten will, protestieren sie aus Sorge vor Lärmbelästigung und Verschattung.
Landeseigene Gesellschaften bauen in Kreuzberg nicht
Gleichzeitig stockt es bei den Neubauprojekten. Eine Parlamentsanfrage der FDP-Abgeordneten Sibylle Meister ergab, dass landeseigene Wohnungsbaugesellschaften in Kreuzberg während der vergangenen fünf Jahre nicht eine einzige Wohnung fertiggestellt haben. Zumindest 394 Wohnungen wurden in dem Zeitraum in Friedrichshain geschaffen.
Stark gestiegene Bodenpreise im Bezirk machen den Ankauf von neuem Baugrund für landeseigene Unternehmen nahezu unmöglich. Aber durch die massive Anwendung des Vorkaufsrechts gelangen Objekte in ihren Besitz. Die berlinweit mit dem Bezirk und Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) verbundene Strategie sorgte bis Ende Juli für 28 Fälle von gezogenem Vorkaufsrecht. Das betrifft 37 Häuser mit 672 Wohnungen.
Für weitere 609 Wohnungen wurden durch sogenannte Abwendungsvereinbarungen hohe Mietsteigerungen verhindert. Hinzu kommen die 670 Wohnungen an der Karl-Marx-Allee, die das Land Berlin von einem privaten Eigentümer gekauft hat.
Luxus-Eigentumswohnungen an der Mühlenstraße
Das alles heißt allerdings nicht, dass im Bezirk nicht gebaut wird. Einige Beispiele: Ende August war Grundsteinlegung für das Luxus-Projekt „Pure“. An der Mühlenstraße entstehen Eigentumswohnungen zwischen 30 und 134 Quadratmetern Größe. Die Preise reichen von 235.000 bis 2,3 Millionen Euro. An der Ecke Tamara-Danz- und Wanda-Kallenbach-Straße wird der 97 Meter hohe „Stream-Tower“ gebaut, dessen Hauptmieter der Internet-Händler Zalando wird.
Direkt an die Spree kommt an der Mühlenstraße „Pier 61/63“, ein neungeschossiger Bau auf 22.000 Quadratmetern, mit einem Hotel und 75 Mietwohnungen. Drei Investoren entwickeln das RAW-Gelände, dort entstehen Büros und Räume für Dienstleistungen und Kultur.
Das ergibt viel Stoff für ein interessantes Leserforum. Kommen Sie in die Heilig-Kreuz-Kirche und sprechen Sie mit unseren Experten.
Diese Experten sind auf dem Podium
Monika Herrmann (55, Grüne) ist seit August 2013 Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg. Im Bezirksamt ist sie auch für die Bereiche Familie, Personal und Diversity (Vielfalt) zuständig. Die Diplom-Politologin wohnt in Kreuzberg, dort begann sie 1990 ihre Tätigkeit im Bezirksamt. Zuvor leitete sie ein Frauenzentrum.
Steffen Dopichay (50) leitet seit Januar diesen Jahres den Stab der Polizeidirektion 5, die für Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln zuständig ist. Zu seinen Aufgaben gehört auch die strategische Planung für die kriminalitätsbelasteten Orte in den beiden Bezirken. Zuvor leitete er unter anderem den Polizeiabschnitt 55 in Neukölln.
Peggy Hertner (40) ist Prokuristin und seit Dezember 2016 Leiterin Straßenreinigung bei der BSR. Zuvor bekleidete die Diplomkauffrau Leitungsfunktionen in den Branchen Verkehr, Transport/Logistik, Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Automobilzuliefererindustrie. Sie war unter anderem bei der Deutschen Bahn tätig.
Nikolas Linck (31) ist seit vier Jahren beim Berliner Landesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) tätig. Dort ist er verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Seit acht Jahren lebt der Medien- und Sozialwissenschaftler in Neukölln. Mit dem Rad fährt er dabei auch täglich durch Kreuzberg.
Uta Keseling (53) ist Reporterin, arbeitet seit 1994 für die Morgenpost und lebt seit 2002 teils in Kreuzberg, teils in der Uckermark. Sie kam 1987 aus Marburg (Hessen) nach West-Berlin und studierte hier Germanistik und Italianistik an der FU. Sie schreibt die Kolumne „Stadtflucht“ über das Leben zwischen Stadt und Land.
Hajo Schumacher(55), Morgenpost-Autor und -Kolumnist, moderiert die Diskussionsrunde. Der aus Münster stammende Journalist und Politikwissenschaftler arbeitet ebenso für Magazine, Hörfunk, Online-Medien und TV. Schumacher ist zudem Verfasser mehrerer populärer Bücher („Männerspagat“, „Restlaufzeit“).
So können Sie am Leserforum teilnehmen
Das Leserforum „Berliner Morgenpost vor Ort“ zum Thema „Friedrichshain-Kreuzberg – Probleme und Perspektiven eines Bezirks“ beginnt am Dienstag, 17. September, um 19 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche am Blücherplatz (Zossener Straße 65). Es dauert zwei Stunden. Die Teilnahme ist kostenlos.
Voraussetzung ist eine Anmeldung in unserer Redaktion unter dem Kennwort „Morgenpost vor Ort“. Das geht per E-Mail an aktionen@morgenpost.de, per Fax an die Nummer (030) 8872 77967 oder per Postkarte/Brief an die Berliner Morgenpost, Redaktion Lokales, Kurfürstendamm 21, 10719 Berlin. Teilen Sie uns bitte mit, wie viele Plätze Sie benötigen.
Abonnenten der Berliner Morgenpost können gern ihre Abonummer dazuschreiben, sie werden bei der Platzvergabe zuerst berücksichtigt. Alle Anmeldungen werden nach Eingang bearbeitet und müssen spätestens bis Montag, 16. September, 20 Uhr, in der Morgenpost-Redaktion vorliegen. Der Zugang ist nur mit einer schriftlichen Bestätigung der Redaktion möglich.
Die Heilig-Kreuz-Kirche ist sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Die U-Bahnhöfe Hallesches Tor (U1, U3, U6) und Mehringdamm (U6, U7) sind nur wenige Gehminuten entfernt, die BVG-Buslinien M41 und 248 halten ganz in der Nähe. Parkplätze gibt es im begrenzten Umfang in den umliegenden Straßen.