Berlin. Das Baukollegium verhandelt einen Entwurf für ein Hochhaus in Friedrichshain. Das Investitionsvolumen liegt bei 400 Millionen Euro.
Sie ist wieder da. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher (parteilos, für Linke) hatte sich Ende Mai in ein dreimonatiges Sabbatical verabschiedet. Selbst beim Koalitionspartner SPD sorgte das für Irritationen, zumal die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beinahe zeitgleich bekannt gab, man werde das Koalitionsziel von 30.000 landeseigenen Neubauwohnungen um rund 5000 verfehlen. In ihrer Auszeit belegte Regula Lüscher in ihrer Heimat, der Schweiz, unter anderem einen Segelkurs, um wie sie sagte, „den Kopf zu lüften“. Offenbar mit Erfolg: Am Montag jedenfalls behandelte das von Lüscher geleitete und gegründete Baukollegium vier große Bauvorhaben, die jeweils stadtbildprägend und deshalb von besonderer architektonischer Bedeutung sind.
Das sowohl von der schieren Größe als auch vom Investitionsvolumen gewichtigste Projekt hatte das Gremium bereits im Mai beschäftigt: Der sogenannte East Side Tower, der direkt neben der Warschauer Brücke in Friedrichshain errichtet werden soll. Bauherr ist die OVG Real Estate, ein Projektentwickler aus den Niederlanden, der das dänische Architekturbüro „BIG Bjarke Ingels Group“ mit dem Entwurf beauftragt hat. 140 Meter hoch soll der Turm werden und auf seinen 36 Etagen 63.500 Quadratmeter Mietfläche bereithalten. Auf 400 Millionen Euro beziffert OVG-Geschäftsführer Martin Rodeck das Investitionsvolumen für den Turm.
Nicht "wild und rau genug"
Das Baukollegium, eine Runde aus sechs Architekten, die zusammen mit der Senatsbaudirektorin Bauherren, Planer und Bezirksämter bei großen Bauvorhaben berät, hatte an dem Entwurf im Mai noch bemängelt, dass der Entwurf nicht „wild und rau“ genug sei und daher nicht so gut in die Gegend passe. Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hatte sich zudem mehr Grün am Gebäude sowie mehr Nutzwert für den Kiez gewünscht. Im überarbeiteten Entwurf, so Architekt Andy Young, habe man deshalb die Terrassen deutlich stärker ausgeprägt.
Je nach Himmelsrichtung sind diese nun nicht mehr bloß optische Einschnitte, sondern zwei bis fünf Meter tiefe Terrassen. Zudem ist der gesamte Sockel des Gebäudes bis einschließlich der achten Etage „aus nacktem Beton, der in der untersten Etage mit Graffitikunst oder ähnlichem verziert werden kann“, so Young weiter. Mit Kunstwerken an der Decke und einem Beleuchtungskonzept sollen auch die Terrasseneinschnitte deutlich akzentuiert werden. Das sei „wild und zäh“ und würde nunmehr bestens zum Bezirk passen.
Skybar auf Dach geplant
OVG-Chef Rodeck ergänzte, dass die ersten acht Geschosse einer öffentlichen bis halböffentlichen Nutzung zugeführt werden sollen. „In den ersten beiden Etagen soll es Cafés, Restaurants, Veranstaltungsräume und zur Tamara-Danz-Straße hin auch eine große Fahrradwerkstatt geben“, sagte er. Und auf dem Dach sei eine Skybar geplant. Einem weiteren Wunsch des Baustadtrats, der sich am Montag krankheitsbedingt entschuldigen ließ, nämlich dem nach mehr Grün am Gebäude, könne man aber leider nicht nachkommen. „Bei einem so hohen Gebäude und in dieser Klimazone bekommen wir keinen grünen Dschungel hin“, sagte Young. Einzig Birken kämen infrage, doch die seien das halbe Jahr über nicht grün. Außerdem könne man es von der Straße aus ohnehin nicht sehen. Das Baukollegium urteilte im Anschluss an die Präsentation, dass der architektonische Entwurf nunmehr deutlich gewonnen habe.
Dennoch blieben Fragen offen, insbesondere was die Einbeziehung von örtlichen Organisationen sowie der angemahnten Bürgerbeteiligung im Laufe des Planungsprozesses betraf. „Es muss noch genauer herausgearbeitet werden, wie genau die lokalen Akteure mit einbezogen werden sollen“, sagte Lüscher. Daher wünsche sie, dass das Projekt noch einmal vorstellig werde.
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