Berlin. Die Freitagsdemo in Kreuzberg gegen steigende Mieten endet mit vier Festnahmen.
Die Proteste sind Routine. Doch der Ausgang war es nicht. Am frühen Freitagnachmittag wurde der geplante Google Campus in Kreuzberg von Aktivisten besetzt. Die Situation war lange unübersichtlich. Die Polizei rückte mit 170 Beamten an. Am Nachmittag war das rote Klinkersteingebäude wieder frei. Es gab vier Festnahmen.
Die Meldung kam via E-Mail: „Wir haben heute das Umspannwerk in Kreuzberg besetzt, um den dort geplanten Google Campus zu verhindern, damit gegen die explodierenden Mieten vorzugehen und den Ort für etwas Besseres zu öffnen“, teilten die Aktivisten mit. Und weiter: „Neue Tech-Unternehmen treiben die Mieten in der Gegend in die Höhe.“ Anwohner und Ladenbesitzer kennen die Proteste gut. Jeden ersten Freitag im Monat gibt es die sogenannte „Lärmdemo“. Dann wird vor dem Gebäude aus Protest laut Techno-Musik gespielt.
Im ehemaligen Umspannwerk plant der Großkonzern den sogenannten Google-Campus. Der Internetriese möchte dort bald ein Weiterbildungszentrum für Berliner Gründer eröffnen. Start-up-Unternehmer sollen auf mehr als 2000 Quadratmetern Fläche Gelegenheit finden, ihre Ideen zu entwickeln. Ähnliche Einrichtungen gibt es in Tel Aviv, London, Seoul, Madrid, Warschau und Sao Paolo. Vorgesehen ist, dass fünf bis zehn Menschen im Campus Mitarbeiter beschäftigt sind. Google hat 25 Prozent des Hauses gemietet. Voraussichtlich Ende 2018 ist Eröffnung, so das Großunternehmen. Bislang sind die Räume weitgehend Baustelle. Gegner befürchten im von Gentrifizierung betroffenen Viertel durch die Ansiedlung weitere Mieterhöhungen und Verdrängung.
Die Polizei sagte zum Hergang, dass die Kundgebung vor dem Google Campus am Freitag gegen 13.45 Uhr angemeldet worden sei. Vor Ort hätten sich circa 50 Menschen befunden. Aus der Spitze heraus drangen dann 15 der Demonstranten in das Gebäude ein. Dabei kam es zu einem Zwischenfall. Ein Securitymann wurde von einer Ladung Pfefferspray getroffen. Er musste sich einer Augenspülung unterziehen. Die Demonstranten hielten sich indes im Haus auf. Via Twitter wurden unter dem Hashtag #FuckOffGoogle, Slogan der Demonstranten, Fotos veröffentlicht. Sie zeigen die unfertigen Räume des Campus’. „Es sieht so aus“, so die Absender, „als würde der Bau noch etwas dauern. Lasst uns dafür sorgen, dass sie niemals eröffnen.“
In ihrer Mail hatten die Demonstranten gefordert, man erwarte „die Bekanntgabe aus der Konzernspitze, dass sich Google unverzüglich und unwiderruflich aus dem Kreuzberger Umspannwerk zurückziehen wird.“
Laut Polizei verließen die Besetzer schließlich das Gebäude. Dabei sei kein Zwang angewendet worden. Keine Beamten seien in das Gebäude vorgedrungen. Aus der Gruppe, die das Haus dann fluchtartig verließ, wurden vier Männer festgenommen. Vor Ort wurden ihre Personalien aufgenommen und Anzeigen wegen Hausfriedensbuchs geschrieben.
Insgesamt herrschte gegen 16 Uhr wieder Ruhe vor dem roten Klinkerbau. Fahrzeuge der Polizei und Beamte sicherten in lockerer Kette das Gebäude. Für den Abend kündigten die Demonstranten eine weitere Zusammenkunft vor dem Gebäude an.
Seitens Google äußerte man sich zu den Vorgängen milde: „Wir bedauern, dass unser Projekt zu diesem Protest geführt hat. Wir haben viele Gespräche geführt, wir haben zugehört und wir verstehen die Sorgen der Anwohner wegen der steigenden Mieten“, sagt Sprecher Ralf Bremer. „Deshalb arbeiten wir seit Monaten intensiv an einem Konzept, um sicherzustellen, dass ein Mehrwert für Kreuzberg geschaffen wird. Wir sind dazu mit zahlreichen Initiativen aus dem Kiez im engen Austausch.“ Bremer warf den Demonstranten vom Freitag vor, die aktuellen Pläne für den Campus nicht zu kennen, weil viele Gruppen, aus denen sich die Protestierenden zusammen setzen Gespräche mit Google abgelehnt hätten.
Zum Fall des mit Pfefferspray verletzten Mitarbeiters sagte er: „Wir sind betroffen, dass ein Mitarbeiter unseres Dienstleisters vor Ort während der Proteste verletzt wurde und wünschen ihm gute Besserung.“ Die Besetzer indes kündigten schon vor Beginn der Aktion eine Fortsetzung der Proteste an. Falls es zu einer Räumung kommen sollte, schrieben sie im Flugblatt, werde man sich sehr bald wiedersehen. „Im Google Campus oder anderswo.“