Agrar-Messe

Grüne Woche: Viel Lob, aber es gibt auch einen Kritikpunkt

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Norman Börner
Besucher sitzen in der Bayern-Halle der Grünen Woche. Zwölf Bundesländer waren auf der Messe mit eigenen Auftritten dabei.

Besucher sitzen in der Bayern-Halle der Grünen Woche. Zwölf Bundesländer waren auf der Messe mit eigenen Auftritten dabei.

Foto: Maja Hitij / Getty Images

Am Sonntag geht nach zehn Tagen die erste Internationale Grüne Woche nach der Pandemie in Berlin zu Ende. So fällt die Bilanz aus.

Berlin.  Sandra Neumann aus Cuxhaven hat fast 500 Kilometer zurückgelegt, um nach zwanzig Jahren Pause erneut die Internationale Grüne Woche in Berlin zu besuchen. „Damals habe ich noch in Brandenburg gewohnt.“ Sie gibt zu, dass sie skeptisch gewesen sei, was sie zwei Jahrzehnte später auf der Landwirtschafts- und Genussmesse erwartet.

Viele Vorurteile habe sie im Vorfeld gehört. Es lohne sich nicht mehr. Zu teuer. Wirklich viel zu probieren, gebe es nicht. „Das können wir überhaupt nicht bestätigen. Die Vielfalt und das Angebot ist super“, sagt die Cuxhavenerin am vorletzten Messetag am Sonnabend. Noch einmal sind die Hallen und Gänge voll. Es ist eng am vorletzten Tag. Vorwärts geht es im Schneckentempo.

Auch die Messe Berlin ist nach einem vorläufigen Fazit zufrieden. Man habe die selbst gesetzten Ziele, bei Besuchern und Ausstellern erreicht. Vor der Messe wurden 300.000 Gäste als Ziel ausgegeben. Zum Vergleich: Auf der letzten Messe vor der Pandemie kamen rund 400.000 Besucher. Auch das Verzeichnis der Aussteller schrumpfte auf nun 1400 Teilnehmer aus 60 Nationen, das sind etwa 400 weniger als noch 2020.

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Konsumverhalten auf ähnlichem Niveau wie vor der Pandemie

Auch die Aussteller scheinen zufrieden zu sein. Rund 90 Prozent gaben laut Messe in einer repräsentativen Ausstellerumfrage an, mit ihrem Messeauftritt zufrieden zu sein. Der Pro-Kopf-Verkauf habe bei 130 Euro gelegen. Im Vergleich zur Veranstaltung 2020 sei das Konsumverhalten so auf ähnlichem Niveau.

„Für uns als junges Unternehmen ging es vor allem darum, unsere Marke zu präsentieren“, so Paul Wellner von der Bärista Kaffeemanufaktur aus Berlin. Und dieses Ziel habe das junge Unternehmen erreicht, Besucherzahlen und Umsatz stimmen. Viermal mussten die Verkaufsregale mit dem in Berlin gerösteten Kaffeebohnen aufgefüllt werden. „Wir sind mit unserer ersten Grünen Woche voll und ganz zufrieden.“

Auch Dirk Hoffmann, Geschäftsführer der Messe Berlin zeigte sich optimistisch: „Für die Messe Berlin war die Internationale Grüne Woche ein Traumstart ins neue Messejahr. Als Treffpunkt für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ist die Grüne Woche das Forum für die Debatte um Regionalität, Nachhaltigkeit und Klimaschutz.“

Das Thema Nachhaltigkeit war in diesem Jahr ein Schwerpunkt der Messe. Von Lösungen für ein nachhaltiges Leben über Klimaschutz und Ressourcenschonung bis zur Ernährungssicherung gab es tatsächlich zahlreiche Vorträge zu den grünen Zukunftsthemen.

Grüner Trend zeigt sich auch bei den angebotenen Lebensmitteln

Ein Blick in das Ausstellungsverzeichnis zeigt auch bei den angebotenen Lebensmitteln einen Trend in Richtung mehr Nachhaltigkeit. Haben im Jahr 2015 lediglich zwei Aussteller vegane Produkte auf der Messe vorgestellt, hatten laut Messe in diesem Jahr 87 Aussteller Veganes im Angebot.

Kritiker bemängeln, dass auf der Messe noch immer lebende Tiere ausgestellt werden. „Ich finde nicht, dass lebendige Tiere in diesem Ausmaß gezeigt werden müssten. Tieren wie Rindern ist der Stress zwar nicht äußerlich anzusehen, aber sie leiden dennoch darunter“, kritisierte Messebesucher Eike Neumann beim Rundgang am Sonnabend.

Kritik an der Messe durch Tierschützer und Bauern

Auf der Messe gibt es vom Rind bis zu diversen Bienenvölkern rund 5000 Tiere. Bei der Neukonzeption der Tierhalle hätten Tierwohlaspekte im Vordergrund gestanden, so die Messe. Eine Verbesserung sei eine eigene Halle für Tiere, die im Vorführring gezeigt werden. Dort, wo es geht, habe man auch mehr Platz für die Tiere zur Verfügung gestellt. Zudem gebe es keine Anbindehaltung mehr und der Abstand der Gehege zu den Gängen sei erhöht worden.

Die Messe arbeite eng mit dem Veterinäramt zusammen und würde alle Vorgaben erfüllen. Weil die Grüne Woche den Anspruch habe, einen umfassenden Einblick in die Welt der Landwirtschaft zu geben, dürften Tiere laut Messe nicht fehlen. Mit der Grünen Woche kehrte auch die grundlegende Kritik an der Landwirtschaft zurück. So gab es im Vorfeld wieder Proteste von Tierschützern und Bauern.

Inspirationen für Zuhause mitgenommen

„Wir kommen selbst aus einer ländlichen Gegend. Wir wissen, wie ein Schwein aussieht, aber für die Städter ist es schon interessant“, sagte Besucherin Sandra Neumann. Grundsätzlich nehme sie der Messe das Bestreben nach mehr Nachhaltigkeit aber ab. Mit der neuen Themenwelt „grünerleben“ wurden dem Ziel eine ganze Halle gewidmet. Die Cuxhavenerin lobte auch die Inspirationen, welche sie mitnimmt. Ein selbstgebautes Bewässerungssystem aus Regenrinnen im Stil des „Vertical Garden“ beispielsweise. Das sind Bepflanzungen, die vertikal angebracht sind oder wachsen. Sie wolle es für ihren Garten nachbauen.

Politisch bedeutsam war das Global Forum for Food and Agriculture (GFFA). Auf der Agrarministerkonferenz verpflichteten sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Amtskollegen dazu, nachhaltige, inklusive und krisenfeste Ernährungssysteme zu fördern, Lebensmittel für alle Menschen verfügbar, erschwinglich und sicher zu machen und das Ziel der Vereinten Nationen, den Hunger bis 2030 zu bekämpfen, zu verwirklichen.

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