Charlottenburg-Wilmersdorf. Die 30 Jahre alte Tanzschule hatte Glück, nachdem sie aus dem Kudamm-Karree ausziehen musste. Sie fand einen kunstbegeisterten Vermieter.

Dass es mitten in der City West noch Vermieter gibt, denen Kunst wichtiger ist als Kommerz, hätte Christian Toberentz noch vor einem Jahr kaum zu hoffen gewagt. Schließlich beobachtete er seit Langem mit Sorge die Schließungen von kleinen Theatern und Kinos in der Stadt. Und befürchtete, dass es im schlimmsten Fall auch seiner 30 Jahre alten Institution, Ballett Centrum und Berliner Musicalschule, so gehen würde, als er aus dem Kudamm-Karree ausziehen musste. Umso glücklicher war Toberentz, als er im November vergangenen Jahres über ein Online-Immobilienportal genau so einen kulturaffinen Vermieter direkt am Adenauerplatz fand. Er wollte die Tanzschule sofort aufnehmen und habe zu Toberentz noch gesagt: „Wie schön, dass hier Kunst passiert.“ Nach langer Umbauphase konnte die Schule nun einziehen.

Drei Tanzsäle und eine kleine Bühne

Mit drei Tanzsälen und einer kleinen Bühne – der "B A - Bühne am Adenauerplatz" – bieten die Räumlichkeiten im ersten Geschoss nun Platz für Tanzkurse für Kinder und Erwachsene sowie für die sieben Semester dauernde Ausbildung zum Musical-Darsteller. Bei einem Tag der offenen Tür zeigten Schüler ihre einstudierten Choreografien in den verschiedensten Tanzstilen, Neulinge konnten auch selbst mal in den Unterricht hineinschnuppern. Die kleine Bühne veranstaltet. Die soll nach Angaben von Schulleiter und Stepptänzer Christian Toberentz an Wochenenden mit Kleinkunst, Kabarett, Kammertheater, Lesungen und Konzerten bespielt werden. Unterrichtet werden im Ballett Centrums die unterschiedlichsten Tanzstile von Ballett über Modern, Jazz Dance, Hip-Hop, Akrobatik, aber auch Pilates, Yoga-Dance und Stepptanz. In den ersten Wochen sei alles noch ziemlich provisorisch gewesen, jetzt ist die Tanzschule komplett fertig gestellt, sagt Toberentz.

Schulleiter Christian Toberentz (M.) steppte zur Einweihung selbst mit Kollegen auf der Bühne.
Schulleiter Christian Toberentz (M.) steppte zur Einweihung selbst mit Kollegen auf der Bühne. © Anja Meyer | Anja Meyer

Von Jahresvertrag zu Jahresvertrag gehangelt

Schulleiter Toberentz ist erleichtert, dass am Ende nun doch alles gut geworden ist. Schon mehrere Jahre habe er sich am Ursprungsort der Schule, im zweiten Stock im Kudamm-Karree, von Jahresvertrag zu Jahresvertrag gehangelt. „Dass wir irgendwann raus müssen, schwelte schon seit langer Zeit“, sagt Toberentz, der die Schule im Jahr 1994 übernahm und kurz darauf die Musicalausbildung staatlich anerkennen ließ – so dass die Schüler auch mit der Ausbildungsbeihilfe Bafög gefördert werden können. „Das belastet natürlich sehr.“ In der Gegend des Kudamms wollte er unbedingt bleiben, sonst hätte er einige seiner Stammkunden verloren. Ein wahres Glück also, dass der Vermieter die einstigen Büroräume am Adenauerplatz so lange leer stehen ließ, bis ein Mieter mit kulturellem Konzept anklopfte.

Umbauphase mit Unannehmlichkeiten

Weniger glücklich war die Umbauphase der Räumlichkeiten: Christian Toberentz geriet an eine Baufirma, die ihre Mitarbeiter nicht zahlte. Nachdem im Februar dieses Jahres mit dem Umbau begonnen worden war, ging schon an Ostern fast gar nichts mehr voran, die Arbeiter erschienen nicht mehr auf der Baustelle. „Dadurch haben wir sicher 40.000 Euro verloren“, sagt Toberentz. „Noch viel schlimmer aber war die verlorene Zeit.“ Denn mit dem Abriss der Kudamm-Bühnen musste auch das Ballett Centrum umziehen. Toberentz fand neue Baufirmen, die kurzfristig einsprangen, im Endeffekt musste die Tanzschule so nur zwei Tage geschlossen bleiben. Für den Umbau der 400 Quadratmeter großen Fläche hat die Schule insgesamt rund 150.000 Euro investiert.

Der Zukunft sieht der 63-Jährige nun wieder optimistisch entgegen. „Wir haben genügend Platz, um unsere vielfältigen Angebote unterzubringen“, sagt er. Aktuell unterrichten etwa 30 Tanz- und Musicallehrer ihre rund 500 Schüler am Ballett Centrum und an der Berliner Musicalschule. Jedes Jahr schließen etwa vier bis fünf Schüler die Ausbildung zum Musicaldarsteller ab. Einige von ihnen arbeiten im Showbusiness auf der Bühne weiter, andere werden Choreographen oder eröffnen selbst Tanzschulen. Zu den Absolventen zählen unter anderem die Schauspielerin Alexandra Maria Lara, Lisa-Maria Selke (Hauptrolle im Musical „Hinterm Horizont“ im Theater am Potsdamer Platz) oder die Entertainerin Sharon Bauner (unter anderem: Bar jeder Vernunft).

Information

Ballett Centrum und Berliner Musicalschule, Wilmersdorfer Straße 92-93, Charlottenburg