Den Krebs besiegen

„Wir forschen, damit mehr Kinder überleben“

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Petra Götze
Professorin Angelika Eggert und Dr. Hedwig E. Deubzer im Forschungslabor  auf dem Campus Virchow-Klinikum in Berlin.

Professorin Angelika Eggert und Dr. Hedwig E. Deubzer im Forschungslabor auf dem Campus Virchow-Klinikum in Berlin.

Foto: Reto Klar / FUNKE Foto Services

Am 12. Juni findet die Charity-Gala von „Stars in Concert“ statt - in diesem Jahr zugunsten der Kinderkrebsforschung

In diesem Jahr findet die Charity-Show Stars in Concert im Estrel Showtheater zum 25. Mal statt. Veranstaltet wird die Gala am 12. Juni 2023 von dem Verein Kinder in Gefahr unter dem Motto „Menschen Freude bereiten, um Kindern zu helfen“.

Mit dem Reinerlös der Charity-Show können dank der großzügigen Unterstützung der Sparda-Bank Berlin krebskranke Kinder auf ihrem oft langen Weg zur Genesung gefördert werden. In diesem Jahr soll mit der Spende die Kinderkrebsforschung an der Charité unterstützt werden.

Professorin Angelika Eggert, Leiterin der Klinik für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie auf dem Campus Virchow in Wedding, erläutert im Interview, wofür die Spenden gebraucht werden.

Frau Prof. Eggert, wie sieht Ihre Arbeit an der Kinderklinik aus?

Prof. Angelika Eggert: Wir behandeln Kinder und Jugendliche mit Krebserkrankung und versuchen möglichst viele wieder gesund zu machen mit möglichst wenig Nebenwirkungen. Im Jahr kommen etwa 150 Kinder mit einer neu diagnostizierten Krebserkrankung zu uns, dazu kommen circa 50 Rückfälle und circa 50 Stammzelltransplantationen von Fremdspendern.

Forschung um Nebenwirkungen zu verringern

Was sind das für Nebenwirkungen?

Die Therapien, meistens Chemotherapien, die wir verabreichen müssen, um den Krebs zu heilen, sind sehr aggressiv. Kinder vertragen deutlich höhere Dosen als Erwachsene, weil alle Organe frisch und jung sind. Das ermöglicht durch die Aggressivität der Therapie eine hohe Heilungsrate. Die liegt in Deutschland bei durchschnittlich 82 Prozent, bezogen auf alle Kinderkrebserkrankungen. Dazu muss man wissen: Kinder haben ganz andere Krebsarten als Erwachsene. Bei ihnen spielen spontane Genveränderungen im Gewebe eine viel größere Rolle als Umwelteinflüsse. Außerdem haben circa zehn Prozent unserer Patienten eine familiäre – also erbliche – Veranlagung, Krebs zu entwickeln. Das hat man erst in den letzten Jahren festgestellt, über vertiefte molekulare Untersuchungen. Es gibt Familien, in denen Krebserkrankungen gehäuft in jungem Alter vorkommen.

Woran forschen Sie hier an der Charité?

Grundsätzlich ist das Ziel, neue Ansatzpunkte für verbesserte Behandlungsmöglichkeiten zu finden, um gezielte Therapien entwickeln zu können, die besser verträglich sind. Wir untersuchen sehr präzise die Wirkung einer Therapie auf die Tumorzellen. Technologisch sind wir mittlerweile sogar in der Lage, das Ansprechen einer Behandlung in Blut- oder Urinproben zu verfolgen. Früher musste im OP mehrfach eine Biopsie aus dem Tumorgewebe entnommen werden. Heute können wir bereits Abbauprodukte eines Tumors im Blut untersuchen und daraus Krankheitsaktivitäten ableiten. So können wir zukünftig hoffentlich die Intensität der Therapie auf den einzelnen Patienten anpassen. Das ist allerdings alles noch im Frühstadium der Forschung.

Warum ist diese Forschung wichtig?

Die Therapien in der Kinderonkologie zu verbessern ist eine wichtige Aufgabe der Universitätsmedizin, weil die großen Pharmafirmen häufig daran nicht besonders interessiert sind. Der Markt ist mit 2300 Neuerkrankungen im Jahr in Deutschland zu klein, um für die Pharmaindustrie attraktiv zu sein. Wir brauchen aber für Kinderkrebserkrankungen teilweise ganz andere Medikamente als für Erwachsene. Die Hälfte der Medikamente für Kinder, die wir heute einsetzen, wurde vor 1980 entwickelt, die meisten anderen in den 90er-Jahren. Das heißt, wir brauchen die akademische Forschungsleistung, denn die Pharmafirmen steigen erst dann ein, wenn es erfolgversprechende Ergebnisse gibt, zum Beispiel in der Neuroblastom-Behandlung.

Warum die Forschung auf Spenden angewiesen ist

Weshalb werden dafür Spenden gebraucht?

Bei uns denken die meisten beim Thema Forschung an Pharmaforschung oder glauben, dass akademische Forschung komplett vom Staat aus Steuermitteln bezahlt wird. Dass es aber große Lücken gibt, die mit Spenden und Stiftungsgeld gefüllt werden müssen, ist in Deutschland nicht so präsent wie in unseren Nachbarländern oder den USA. Gerade der Anfang bei der Forschung zu neuen Therapie-Ansätzen, das Sammeln von Daten und das Erstellen und Auswerten von Studien, ist teuer. Auch die Kosten für das Material zum Beispiel in der Zellkulturforschung haben sich verdoppelt.

Was wollen sie mit der Forschung erreichen?

Dass mehr Kinder mit Krebserkrankungen überleben und weniger an den Spätfolgen leiden. Zurzeit leiden circa zwei Drittel der überlebenden Patienten nach einer kindlichen Krebserkrankung an mindestens einer gravierenden Spätfolge – von Organschäden bis zu psychologischen Folgen. Und dass wir bessere Therapien finden bei Rückfällen. Ein Schwerpunkt ist auch herauszufinden, welcher Patient von welcher Behandlung profitiert – und das möglichst, bevor wir die Medikamente verabreichen. Wir bieten auch verstärkt Immunzelltherapien an und bilden Mitarbeiter auf dem Gebiet aus – auch ein Ergebnis unserer Forschung. Immer mit der Idee, die Heilungsrate zu verbessern und Nebenwirkungen zu verringern. Wir sind sehr dankbar, dass wir durch die Charity-Gala Spenden und Aufmerksamkeit für krebskranke Kinder bekommen, die eben nicht wie kleine Erwachsene behandelt werden können.

Charity Gala am 12. Juni 2023

Am 12. Juni 2023 findet zum 25. Mal die Charity-Show von Stars in Concert zugunsten krebskranker und gesundheitlich benachteiligter Kinder im Estrel-Showtheater in Neukölln statt. Auf dem Programm steht um 19.30 Uhr „Das Beatles-Musical“ (Einlass 18.30 Uhr). Karten für 20 Euro unter Tel.: 030/607 40 94, Fax: 030/6008 3546 oder per E-Mail an contact@kinder-in-gefahr.de.