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Corona-Krise: „Die Schwächsten leiden am meisten“

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Petra Götze
Angelika Bier, die Gründerin des Haus Jona in Staaken.

Angelika Bier, die Gründerin des Haus Jona in Staaken.

Foto: Jörg Krauthöfer /Funke MedienGruppe

In der Corona-Krise unterstützt Berliner helfen e.V Kinderbetreuungseinrichtungen in Spandau und Marzahn mit 20.000 Euro.

Berlin.  Normalerweise kommen jeden Tag etwa 100 Kinder in das Haus Jona im Spandauer Stadtteil Staaken. Es sind Kinder aus dem Einzugsgebiet Heerstraße Nord, einem sozialen Brennpunkt der Stadt, geprägt von Familien, die von staatlicher Hilfe leben und dem Zuzug von Migranten. Das Haus Jona ist für diese Kinder eine verlässliche Anlaufstelle nach der Schule, in den Ferien und sogar an Feiertagen, wo sie ihre Freizeit verbringen können. Es gibt sportliche Aktivitäten im großen Garten, eine Fahrradwerkstatt und mit pädagogischer Betreuung viele Möglichkeiten, eigene Talente zu entdecken und Neues zu lernen. Doch seit der Corona-Krise ist das Haus geschlossen.

„Ich mache mir Sorgen um die Kinder, diese Situation überfordert viele Familien“, sagt Angelika Bier, die das Haus Jonas vor 13 Jahren mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann gegründet hat - ohne staatliche Zuschüsse. „Wir versuchen, die Kinder so gut es geht weiter zu betreuen“, sagt die ehemalige Charité-Professorin. Die 30 Mitarbeiter der Stiftung Jona halten Kontakt zu den Familien über Livechat und Whatsapp-Gruppen. Es gibt Aufgaben, die im Wettbewerb online gelöst werden müssen und für die es kleine Preise gibt.

Häusliche Gewalt befürchtet

Normalerweise kommt an fünf Tagen in der Woche jeweils eine Klasse aus den umliegenden 13 Grundschulen zum Unterricht in das Haus Jona, um die Lerninhalte praktisch umzusetzen, mit Basteln, Kochen, Musik und Experimentieren. Nun steht das Material für das gesamte Grundschulprojekt auch online zur Verfügung. „Die Schulkinder dürfen nicht denken, dass sie Ferien haben, sie müssen weiterlernen“, sagt Angelika Bier. Für Vorschulkinder gibt es unter anderem ein Memory Quiz online. „Es ist wichtig, dass die Kleinen, die im Sommer eingeschult werden, beim Deutschlernen dranbleiben“, sagt Angelika Bier.

Die gleichen Sorgen macht sich Eckhard Baumann, Gründer des Kinder- und Jugendhauses Bolle in Marzahn. „Die Schwächsten leiden am meisten“, sagt er. Das Haus Bolle ist geschlossen, 120 Kinder und mehr pro Tag sind nun zu Hause auf sich gestellt. „Wir befürchten, dass es bei einer langandauernden Krise vermehrt zu häuslicher Gewalt und anderen schlimmen Dingen kommt, da niemand mehr ein Auge darauf hat“, sagt Eckhard Baumann. Durch die Teilnahme der Kinder an den Freizeit- und Lernprogrammen des Kinderhaus Bolle konnte bei vielen eine staatliche Intervention bisher vermieden werden, meint Baumann. Wo es eine Familienhilfe gebe, würde die nun in vielen Fällen wegen der Ansteckungsgefahr durch das Corona-Virus ausgesetzt, das heißt die Familien werden nicht mehr besucht.

Kinderhäuser sind auf Spenden angewiesen

Auch das Kinderhaus Bolle hat WhatsApp-Gruppen für die Kids und Eltern und Broadcasts mit täglichen Challenges für Kinder, Teenies und Jugendliche unter http://bollekids.de/ online gestellt. Ebenso gibt es Hilfsangebote wie Online-Hausaufgabenhilfe, Familiennothilfe und in Extremfällen Hilfe beim Einkaufen. „Es ist eine große Herausforderung von einer den Kindern zugewandten Beziehungsarbeit auf fast komplett digital umzuschalten. Aber wir tun alles, um weiterhin zu helfen“, sagt Eckhard Baumann.

Neben den Sorgen um die Kinder kommen bei beiden Einrichtungen die finanziellen Sorgen dazu, wie die Arbeit weiter finanziert werden soll. Die Einrichtungen sind auf private und Spenden von Unternehmen angewiesen, doch große Charity-Veranstaltungen wie Golfturniere und Konzerte sind nun erst einmal abgesagt.

Berliner helfen e.V., der Verein der Berliner Morgenpost, begleitet und unterstützt beide Kinderhäuser seit ihrer Gründung und stellt wegen der Corona-Krise eine Spende von 20.000 Euro als Soforthilfe zur Verfügung.

Lebensmittel-Spenden für Spandauer Familien

Da mit den Schul- und Kitaschließungen auch das Essen für die Kinder entfällt und die Ausgabestellen der Tafel geschlossen sind, werden Alleinerziehende und Familien mit geringem Einkommen vom Haus Jona auch mit Lebensmitteln unterstützt. „Die Tüten werden am Gartenzaun zu vereinbarten Terminen abgeholt. Wir achten auf das Einhalten des Sicherheitsabstands“, versichert Angelika Bier. Sie freut sich über gespendete Lebensmittel wie Nudeln, Mehl, H-Milch, Reis, Kartoffeln und Linsen. „Wegen der Hamsterkäufe haben viele arme Familien keine günstigen Angebote bekommen“, sagt Angelika Bier. Aber auch Toilettenpapier, Seife, Shampoo, Windeln, Babynahrung, Spiele, Buntstifte, Papier und Bastelmaterial sind als Spende willkommen. Kontakt und Info unter Tel. 030 882 1418 oder unter www.stiftung-jona.de