Protest gegen A100

Behinderung der Pressefreiheit: Kritik an Berliner Polizei

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Aktivisten von „Sand im Getriebe“ besetzten am Sonnabend die Baustelle der A100 in Treptow und Neukölln. Dabei wurden auch 13 Journalisten von der Polizei festgenommen.

Aktivisten von „Sand im Getriebe“ besetzten am Sonnabend die Baustelle der A100 in Treptow und Neukölln. Dabei wurden auch 13 Journalisten von der Polizei festgenommen.

Foto: Reto Klar / FUNKE Foto Services

Bei den Protesten gegen die A100 wurden auch 13 Journalisten festgenommen und laut Gewerkschafter an der Arbeit gehindert.

Berlin. Nachdem am Sonnabend am Rande der Demonstration gegen den Weiterbau der Autobahn A100 auch mehrere Journalisten festgenommen wurden, steht die Berliner Polizei wegen des Vorwurfs der Behinderung der Pressefreiheit in der Kritik. Es sei zu „massiven Einschränkungen der journalistischen Arbeit durch die Berliner Polizei“ gekommen, sagt Jörg Reichel, Berliner Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalistenunion (DJU) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi).

Aktivisten, unter anderem des Bündnisses „Sand im Getriebe“, hatten an zwei Stellen die Baustelle zum 16. Abschnitt der A100 besetzt. Bei der ersten in Neukölln am Morgen wurden auch 13 Pressevertreter festgenommen. Mehrere Journalisten berichteten später, dass sie bei der zweiten Besetzung in Treptow nicht zur direkten Beobachtung des Geschehens an die Protestierenden herangelassen wurden und laut Reichel über Stunden in einer Entfernung von bis zu 150 Metern gehalten wurden.

Den Beamten vor Ort wirft er ein Fehlverhalten vor: „Der Dialog mit den Beamten wurde von ihnen im entscheidenden Moment abgebrochen.“ Der Gewerkschafter wurde nach eigenen Angaben ebenfalls festgenommen. Bei den 13 hat es sich laut Reichel um professionelle Journalisten und nicht um politische Aktivisten mit Presseausweis gehandelt, wie sie etwa bei den Querdenker-Protesten zuletzt häufig zu sehen waren.

Laut Polizei haben sich die Journalisten strafbar gemacht

Martin Halweg, Sprecher der Berliner Polizei, weißt Reichels Kritik zurück. Die 13 Journalisten seien mit den übrigen Protestierenden auf die Baustelle gerannt. „Dabei handelt es sich um eine strafbare Handlung, nämlich Hausfriedensbruch.“ Auf einem Privatgelände wie der Baustelle, die der „Autobahn GmbH“ des Bundes gehört, würden presserechtliche Regelungen wie auf öffentlichem Straßenland nicht gelten, sondern das Strafgesetzbuch.

Eine Erlaubnis des Hausrechtsinhabers habe zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen, so Halweg weiter. Später seien vereinzelt Pressevertreter auf das Gelände gelassen worden, die sich eine Genehmigung des Inhabers eingeholt hätten, so Halweg weiter.

Der Gewerkschafter Reichel bewertet die Situation anders und verweist auf gerichtliche Urteile, die das Presserecht über das Hausrecht stellen. „Es muss klar sein, dass die Berliner Polizei die herrschende Rechtsprechung dazu respektiert und Journalisten zukünftig bei solchen Aktionen straffrei arbeiten können.“

Reichel: Polizei hat bei Presserecht „Qualifizierungsbedarf“

Die Berliner Polizei habe beim Presserecht einen „Qualifizierungsbedarf“ sagt Reichel weiter. Während es bei der Führungsebene unstrittig keine Probleme gebe, würde in manchen Einsatzhundertschaften eine „pressegegnerische Haltung“ vorherrschen. Diese „grundsätzliche Kritik“ könne man nicht nachvollziehen, hält Polizeisprecher Halweg dagegen. Zwar sei Presserecht nicht Bestandteil der Ausbildung, wobei es diesbezüglich Planungen gebe, allerdings teil der Fortbildung für das nachwachsende Führungspersonal.

Die DJU fordert, dass die Anzeigen gegen die Journalisten zurückgenommen werden. Ob diese tatsächlich vorliegen, dazu gab es am Sonntag widersprüchliche Angaben. Laut Polizei hat die Autobahn GmbH gegen alle Festgenommenen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt. Der Sprecher der GmbH Florian Zettel weist das jedoch zurück. „Wir haben keine Anzeige gestellt und werden das nicht weiter verfolgen.“