Berlin. Die drei am Dienstagmorgen in Berlin festgenommenen Verdächtigen im Fall des spektakulären Juwelendiebstahls aus dem Grünen Gewölbe vor etwa einem Jahr sind in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht Dresden setzte die bereits bestehenden Haftbefehle gegen die beiden 23- und einen 26-Jährigen wegen schweren Bandendiebstahls und Brandstiftung in Vollzug, wie die Staatsanwaltschaft am Nachmittag mitteilte. Die dringend Tatverdächtigen haben sich zu den Vorwürfen bisher nicht geäußert.
Die deutschen Staatsbürger wurden am Morgen im Zuge einer großangelegten Razzia in Berlin von einem Spezialeinsatzkommando (SEK)festgenommen. Sie gehören einer arabischstämmigen Großfamilie an, die auch für andere schwere Straftaten verantwortlich gemacht wird.
Nach zwei weiteren tatverdächtigen Clan-Mitgliedern wird öffentlich gefahndet. Bei ihnen handelt es sich um Abdul Majed und Mohamed Remmo. Im Laufe des Tages wurde ein Auto entdeckt, das im Zusammenhang mit zwei flüchtigen Verdächtigen steht, gefunden. Nähere Angaben dazu machte ein Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft am Dienstagabend nicht.
Razzia in Berlin nach Einbruch in das Grüne Gewölbe - die Bilder
Die Anklagebehörde wirft den Beschuldigten schweren Bandendiebstahl und Brandstiftung in zwei Fällen vor. Im Fokus der Ermittler steht nach Morgenpost-Informationen Wissam R., der wegen des Diebstahls der Goldmünze aus dem Bode-Museum rechtskräftig verurteilt wurde, seine Haftstrafe aber noch nicht angetreten hat.
Auch nach der Razzia bleibt die Beute allerdings verschwunden. „Die gestohlenen Kunstschätze wurden bislang nicht aufgefunden“, teilte die Staatsanwaltschaft Dresden am Dienstagnachmittag mit.
Der Einsatz sei weitgehend abgeschlossen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Wie die sächsische Polizei auf Twitter mitteilte waren 1638 Beamte seit 6 Uhr im Einsatz.Insgesamt wurden den Angaben nach 20 Wohnungen, zwei Garagen, ein Café sowie mehrere Fahrzeuge durchsucht. Dabei stellten die Beamten unter anderem zahlreiche Speichermedien, Kleidung sowie geringe Mengen Betäubungsmittel sicher. Nach zwei Tatverdächtigen werde weiterhin gesucht. Zwischenzeitlich dazu eingegangenen einzelnen Hinweisen werde nachgegangen.
Die Ermittler gehen derzeit von sechs unmittelbar an der Tat Beteiligten aus. Bei fünf Männern, gegen die Haftbefehle wegen schweren Bandendiebstahls und Brandstiftung erlassen wurden, bestehe dringender Tatverdacht, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag in Dresden. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass weitere Personen ins Visier genommen werden.
Razzia: Schwerpunkt in Neukölln - Verkehrseinschränkungen in ganz Berlin
Ein Schwerpunkt der Durchsuchungen soll der Mittelweg in Neukölln gewesen sein. Dort ist der Wohnsitz eines Zweiges der Großfamilie R. Auch an der Gitischiner Straße in Kreuzberg kam es zu Durchsuchungen.
Aufgrund des Polizeieinsatzes sei den ganzen Tag mit erheblichen Verkehrseinschränkungen im gesamten Stadtgebiet von Berlin zu rechnen, so die Polizei weiter. Auch Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) schrieb bei Twitter, dass es den ganzen Tag über zu Verkehrseinschränkungen kommen könne. Den Ermittlern wünschte er viel Erfolg.
Neben Einsatzkräften aus Sachsen seien auch Spezialeinsatzkräfte des Bundes und der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an den Maßnahmen beteiligt, schrieben die sächsischen Ermittler. Die Berliner Polizei twitterte am Vormittag, ein Spezialeinsatzkommando aus Berlin unterstütze die Einsatzkräfte aus Sachsen.
Grünes Gewölbe: Spuren in Fluchtauto halfen Ermittlern
Die Auswertung von Überwachungskamera-Aufnahmen und die Untersuchung eines Fluchtautos brachte die sächsische Polizei auf die Spur der Verdächtigen. Die vor und während des Diebstahls aufgenommen Bilder hätten den Ermittlern wertvolle Hinweise zum Verhalten der Täter geben, sagte ein Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft.
Am Tatort hätten die Kriminaltechniker wichtige Spuren gesichert. Weitere Hinweise habe die Polizei aus dem sichergestellten Fluchtauto erlangt, einem als Taxi getarnten Mercedes 500, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter sagte.
Razzia in Berlin: Geisel - Bezüge zur Clan-Kriminalität
Innensenator Andreas Geisel (SPD) teilte zu dem Einsatz mit: „Der Diebstahl aus dem Grünen Gewölbe hat international für Schlagzeilen gesorgt. Die Berliner Polizei hat die Dresdner Kolleginnen und Kollegen sehr früh mit ihrer Expertise bei den Ermittlungen unterstützt und stand auch heute wieder mit Spezialeinsatzkräften bereit. Für diese professionelle Zusammenarbeit bedanke ich mich sehr."
Die Ermittlungen wiesen Bezüge zur Clan-Kriminalität auf. "Deswegen sage ich auch heute ganz klar: Das ist ein weiteres Signal in die Szene. Niemand sollte glauben, er könne sich über diesen Staat und seine Regeln hinwegsetzen. Der Rechtsstaat ist das Maß der Dinge. Er allein setzt die Ordnung durch. Er tut das entschlossener und klüger als manch Krimineller glaubt.“
Norbert Cioma, Berliner Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) teilte zu der Razzia mit: „Der heutige Großeinsatz ist unglaublich professionell und sehr akribisch vorbereitet worden. Ich danke allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen, die einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, Täter in der organisierten Kriminalität nicht ungeschoren davonkommen zu lassen."
Einbruch in das Grüne Gewölbe: Historische Diamanten und Brillanten gestohlen
Zwei Unbekannte waren am Morgen des 25. November 2019 über eines der vergitterten Fenster in das berühmte Museum im Dresdner Residenzschloss eingedrungen. Im Juwelenzimmer schlugen sie mit einer Axt die Vitrine mit den kostbarsten Schmuckstücken ein, sie stahlen historische Diamanten und Brillanten von unschätzbarem Wert. Der Einbruch dauerte nur wenige Minuten und machte international Schlagzeilen.
Polizei und Staatsanwaltschaft gehen von mindestens sieben Tätern aus - und davon, dass der Einbruch lange vorbereitet wurde. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, ist eine halbe Million Euro Belohnung ausgesetzt. Bisher gingen fast 1300 Hinweise ein, gegen vier Wachmänner des Museums wird ermittelt.
Auch mögliche Parallelen zum Goldmünzen-Diebstahl aus dem Berliner Bode-Museum 2017 wurden geprüft. Daraus ergaben sich aber zunächst keine Ansätze, die zur Identifizierung der Dresdner Täter führten. In dem Berliner Prozess wurden Anfang 2020 zwei Mitglieder eines arabischstämmigen Clans und ein Wachmann aus dem Museum verurteilt.
