- Eine Party mit Schlauchbooten auf dem Landwehrkanal in Berlin-Kreuzberg am Pfingstsonntag hat für Entsetzen gesorgt.
- 300 bis 400 Boote waren auf dem Wasser, insgesamt versammelten sich auf und an dem Kanal bis zu 3000 Menschen, ohne die Abstandsregeln einzuhalten.
- Gesundheitsminister Spahn (CDU) kritisierte die Party, die eigentlich auf die Bedrohung der Berliner Clubkultur aufmerksam machen wollte. Auch Gesundheitssenatorin Kalayci zeigte sich entsetzt.
Berlin. Eine Schlauchboot-Party in Kreuzberg hat zu Pfingsten die Berliner Polizei beschäftigt und scharfe Kritik ausgelöst. Die Versammlung „Für die Kultur - Alle in einem Boot“ am Sonntag habe von der Spree über den Landwehrkanal nach Kreuzberg geführt, teilte die Polizei mit. Zwischenzeitlich seien rund 300 bis 400 Boote zusammengekommen, auf dem Wasser und an Land versammelten sich bis zu 3000 Menschen. Die Polizei war mit rund 100 Kräften im Einsatz und löste die Demonstration in Höhe des Urban-Krankenhauses auf. Ein Verfahren wurde nicht eingeleitet, wie ein Polizeisprecher am Dienstag sagte.
Zu der Aktion aufgerufen wurde auf der Facebook-Seite „Rebellion der Träumer“. Nach eigenen Angaben sollte damit unter anderem auf die Bedrohung der Clubkultur aufmerksam gemacht werden, da die Clubs wegen der Corona-Pandemie bereits seit mehr als zehn Wochen geschlossen bleiben mussten.
Alle Nachrichten zum Coronavirus in Berlin, Deutschland und der Welt: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Coronavirus in Berlin haben wir hier für Sie zusammengetragen. In unserem Newsblog berichten wir über die aktuellen Corona-Entwicklungen in Berlin und Brandenburg. Die deutschlandweiten und internationalen Coronavirus-News können Sie hier lesen. Zudem zeigen wir in einer interaktiven Karte, wie sich das Coronavirus in Berlin, Deutschland, Europa und der Welt ausbreitet. Alle weiteren wichtigen Informationen zum Coronavirus bekommen Sie hier. Die aktuelle Auslastung der Intensivstationen in Deutschland finden Sie in unserem Klinik-Monitor.
Schlauchboot-Party in Berlin: Müller - "Inakzeptables Verhalten"
Von politischer Seite kam scharfe Kritik an der Party auf dem Wasser. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sprach am Donnerstag im Abgeordnetenhaus über die Schlauchbootparty. „Ich sehe mit Sorge, was wir am Wochenende in Berlin erlebt haben“, sagte er. „Ich habe für Partys, die unter dem Deckmantel der Demonstrationen stattfinden, nicht das geringste Verständnis“, erklärte der Regierende Bürgermeister. Das sei „eine Form von Ignoranz, die viele andere Menschen gefährde. Müller kündigte ein schärferes Durchgreifen gegen solche Veranstaltungen an: „Wir werden die Situation im Blick behalten und stärker kontrollieren.“ Das sei ein „inakzeptables Verhalten“.
Jens Spahn - "Beim Feiern verbreitet sich das Virus besonders leicht"
Bereits am Mittwoch twitterte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU): "Die Bilder bereiten mir Sorgen. Denn: Beim Feiern verbreitet sich das Virus besonders leicht. Ja, die Zahlen in sind aktuell auf niedrigem Niveau. Gleichwohl sind wir noch mitten in der Pandemie. Lasst uns das Erreichte sichern und weiterhin im Alltag aufeinander Acht geben."
Berlins Gesundheitssenatorin ist entsetzt über die Schlauchbootparty
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) zeigte sich am Dienstag entsetzt über die Veranstaltung. "Ich bleibe dabei: Es ist nicht die Zeit für Partys!", twitterte Kalayci. Die Clubs seien die Hotspots bei der Ausbreitung des Coronavirus gewesen. Ihre Schließung bezeichnete sie als "richtig und wichtig".
Weiter sagte Kalayci: „Ich habe Verständnis für die schwierige wirtschaftliche Lage der Clubs. Dafür gibt es finanzielle Hilfen. Aber das, was am Wochenende auf dem Landwehrkanal passierte, ist in Pandemiezeiten grob fahrlässig. Ich appelliere an die Vernunft der Club- und Partyfreunde: Ich habe es am Anfang der Pandemie gesagt und sage es heute, es ist nicht die Zeit für Partys! Das Virus ist nach wie vor da und eine Gefahr für die Gesundheit aller Menschen!"
In einem Video, das Kalayci am Dienstagnachmittag bei Twitter veröffentlichte, bekräftigte die Gesundheitssenatorin ihre scharfe Kritik an der Party und ergänzte: "Ich bin entsetzt, welche Bilder wir gesehen haben, wie viele Menschen dort zusammengekommen sind und ein Bild produziert haben, das wahrscheinlich durch die ganze Welt geht."
Schlauchboot-Party in Berlin - die Bilder
Party in Berlin: Teilnehmer von Bootsdemo sollen Kontakte jetzt reduzieren
Die Berliner Clubcommission rief die Demo-Teilnehmer dazu auf, vorübergehend weniger Menschen zu treffen. „Um das Risiko einer Ausbreitung einer möglichen Infektion zu unterbinden, bitten wir alle Teilnehmer*Innen der Demo ihre sozialen Kontakte in den nächsten 14 Tagen auf ein Minimum einzuschränken - insbesondere beim Umgang mit älteren oder kranken Menschen“, teilte die Clubcommission mit.
Die Veranstalter hätten „zweifellos gute Intentionen“ gehabt, hieß es im Statement der Clubcommission. „Boote mit Beschallung und Redebeiträgen auf dem Wasser - und das lange Spreeufer sollte dazu dienen, dass die Teilnehmer*Innen ausreichend Abstand halten können.“ Leider sei der Plan nicht aufgegangen und es seien deutlich mehr Menschen gewesen als erwartet. Die Demo stehe im Kontrast zu ihren Bemühungen, Bewusstsein zu schaffen und Social Distancing einzuhalten.
Kommentar: Das Party-Volk versenkt die Verantwortung im Landwehrkanal
Party in Berlin: Veranstalter von Teilnehmerzahl überrascht
Den Polizei-Angaben zufolge hatten sich zunächst die ersten Teilnehmer gegen 12.30 Uhr im Treptower Hafen versammelt und seien gegen 13.15 Uhr in Begleitung von zwei Booten der Wasserschutzpolizei losgefahren. In Höhe des Görlitzer Ufers schlossen sich dann mehrere Schlauchboote an. Von einer Barkasse wurde Musik gespielt und Redebeiträge gehalten, so die Polizei.
Als die Zahl der Boote auf über 100 angewachsen sei, habe der Verkehr von Fahrgastschiffen auf dem Landwehrkanal zwischen Unter- und Oberschleuse eingestellt werden müssen. Gegen 15.50 Uhr hätten schließlich 300 bis 400 Boote, überwiegend Schlauchboote und rund 20 größere Boote, an der Versammlung teilgenommen. Insgesamt handelte es sich um rund 3000 Teilnehmer: "Im weiteren Verlauf der Versammlung befanden sich jeweils bis zu 1500 Personen auf den Booten sowie am Land", so die Polizei in ihrem Bericht.
Aufgrund der nicht eingehaltenen Abstände zueinander und wegen Beschwerden über zu laute Musik habe der Veranstalter nach einem Gespräch mit der Polizei die Versammlung gegen 17.35 Uhr vor dem Urban-Krankenhaus beendet.
Die Mitteilung der Berliner Polizei zur aufgelösten Schlauchboot-Party in Kreuzberg lesen Sie hier.
Berliner DJs und Bands distanzieren sich von der Schlauchboot-Party
Auch Booking United, eine Interessengemeinschaft von mehr als 2000 DJs, Live-Acts und Bands, distanzierte sich von der Demonstration. „Ich finde das respektlos und beschämend für unsere gesamte Szene“, sagte Anja Schneider, DJ und Sprecherin der Initiative, am Dienstag dem RBB-Sender radioeins. Um auf die Bedrohung der Clubszene aufmerksam zu machen, rief Booking United am Dienstagmittag zu einer Schweigeminute auf. „Wenn wir unsere Musik nicht mehr produzieren können, wenn es mal still wird um uns, wenn die Musik nicht mehr stattfindet und sie auch nicht mehr in Clubs spielt, dann ist es ganz schön leise, und auch ganz schön fad in Berlin.“
Florian Kluckert, gesundheitspolitischer Sprecher der Berliner FDP-Fraktion, sagte, die Veranstaltung zeige, dass die Politik wohl kaum verantworten könne, Clubs wieder zu öffnen, solange die Besucher zu Eigenverantwortung weder bereit noch in der Lage seien. „An der Party zeigt sich aber auch deutlich die Schwäche des Senates, der Verordnungen erlässt, an die sich viele dann nicht halten und auch keine Konsequenzen zu befürchten haben.“
Mehr zu den Demonstrationen am Wochenende lesen Sie HIER!