Nach Skandalen

Berliner Polizeiakademie bekommt einen neuen Chef

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Alexander Dinger
Skandalschmiede Polizeiakademie

Skandalschmiede Polizeiakademie

Schüler der Berliner Polizeiakademie sollen in Spandau herumgegrölt und randaliert haben. Polizeipräsident Klaus Kandt kündigte an, dem Vorfall auf den Grund zu gehen.

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Jochen Sindberg, Leiter der Polizeiakademie, soll nach den Skandalen der vergangenen Monate selbst um seine Ablösung gebeten haben.

Berlin.  Die Berliner Polizeiakademie soll einen neuen Leiter bekommen. Das erfuhr die Berliner Morgenpost aus Polizeikreisen. In der Behörde kursieren bereits mehrere Namen von Nachfolgern und Nachfolgerinnen. Die Innenverwaltung wollte sich auf Nachfrage nicht zu der Personalie äußern. „Wir beteiligen uns nicht an Mutmaßungen über Personalangelegenheiten innerhalb der Polizei Berlin“, sagte ein Sprecher.

Der Wechsel an der Spitze der Akademie in Ruhleben soll nach Informationen der Berliner Morgenpost in den nächsten Wochen organisiert werden. Es wird damit gerechnet, dass es zu einem Stellentausch kommt, also der Leiter der Polizeiakademie, Jochen Sindberg, eine andere Aufgabe innerhalb der Polizei wahrnimmt und jemand aus der Führungsebene die Leitung der Ausbildungseinrichtung übernimmt.

Vorwurf: Schule sei durch Kriminelle unterwandert

Um die Polizeischule hatte es im Herbst vergangenen Jahres viele Diskussionen gegeben. Anonyme Vorwürfe zu den Zuständen an der Akademie hatten wochenlang für Debatten gesorgt. Die Rede war unter anderem von Disziplinlosigkeit, Lernverweigerung, schlechtem Deutsch und Rechtschreibproblemen in einer Klasse mit vielen Auszubildenden aus Einwanderer­familien. Dagegen hatten sich die Betroffenen öffentlich gewehrt. Noch schwerer wog der Vorwurf, die Akademie sei durch kriminelle Clans unterwandert.

Daraufhin hatte die Innenverwaltung in einem 83 Seiten starken Sonderbericht die Lage an der Polizeiakademie analysieren lassen. Die Probleme sollten mit einer besseren Betreuung der Polizeischüler gelöst und Teile des umfangreichen Auswahlverfahrens für die 600 Stellen modernisiert werden. Den computergestützten Vortest wollte die Berliner Polizei schon im laufenden Auswahlverfahren umstellen, das persönliche Gespräch vor einer Einstellung sollte aufgewertet werden. Wie berichtet, soll zudem ein unabhängiger Experte die Situation an der Akademie genauer untersuchen. Darauf hatten sich die oppositionelle CDU und die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen im Abgeordnetenhaus verständigt. Diese Aufgabe soll vom langjährigen Abteilungsleiter für Polizeiliches Management an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern, Polizeidirektor Josef Strobl, übernommen werden.

Insider vermuten, dass die Debatte über die Polizeiakademie vor allem durch die breit angelegte Strukturreform ausgelöst worden war. Das Hauptcredo heißt: mehr Praxis und weniger Theorie. In den vergangenen Jahren waren die Einstellungszahlen an der Polizeiakademie zudem konstant gestiegen. Im mittleren Dienst der Schutzpolizei von 150 im Herbst 2006 auf 312 im Herbst 2017. Gleichzeitig wird die Polizei immer internationaler. Hatten von den 150 Polizeischülern im Jahr 2006 noch neun Schüler einen Migrationshintergrund, waren es von den 312 elf Jahre später bereits 142. Allerdings wuchs im gleichen Zeitraum die Zahl der Ausbilder nicht mit. Laut Sonderbericht wünschten sich auch die Lehrer und Schüler eine engere Bindung.

Bei einer Sitzung des Innenausschusses Mitte Dezember vergangenen Jahres hatte sich auch Akademieleiter Sindberg den Fragen der Abgeordneten gestellt. Er verwies damals auf die Reformen, die in den vergangenen Jahren umgesetzt wurden. „Die gesamte Organisation wurde infrage gestellt“, sagte er vor den Innenpolitikexperten der Fraktionen. In den vergangenen Jahren habe es einen kompletten Philosophiewechsel an der Schule gegeben. Man sei von einem hierarchischen System zu einem handlungsorientierten Lernen übergegangen. „Wir begegnen den Auszubildenden auf Augenhöhe“, sagte er weiter. Allerdings räumte der Akademieleiter auch ein, dass man noch nicht am Ende des Prozesses angekommen sei. Nach Informationen der Berliner Morgenpost soll Jochen Sindberg nun selbst um seine Versetzung gebeten haben.

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