An der Rigaer Straße in Friedrichshain haben unbekannte Täter 21 Fahrzeuge in einer Tiefgarage beschädigt. An den meist hochwertigen Autos wurden in der Nacht zu Donnerstag die Scheiben eingeschlagen, die Reifen zerstochen und der Lack zerkratzt. Außerdem hinterließen die Täter mehrere Graffitis mit für die linke Szene typischen Sprüchen gegen Gentrifizierung. Ermittler vermuten die Täter daher auch im linksextremen Spektrum. Die Ermittlungen hat der für politische Straftaten zuständige Staatsschutz übernommen.
Das attackierte Haus ist ein Neubau. Eine der Betroffenen, deren Auto stark beschädigt wurde, fragte: „Was soll das, wem nützt das?“ Mit derartigen Aktionen würden keine Probleme gelöst. „Das ist das Werk von Chaoten“, sagt die Geschäftsfrau der Berliner Morgenpost. Auch sei unklar, was die Täter mit so einer Aktion aussagen wollen. Weder erreiche man damit, dass die Leute aus ihren Wohnung wieder ausziehen, noch, dass das Haus wieder abgerissen wird. „Ich habe damit jetzt nur Rennerei“, sagt sie.
Lautes Klirren und schrillende Alarmanlagen
Es war ein Anwohner, der die Polizei gegen 1 Uhr alarmierte. Er hatte lautes Klirren von zerborstenem Glas aus der Tiergarage gehört. Wenig später schrillten die ersten Alarmanlagen. Der Zeuge sagte den Polizisten später, dass er zwei dunkel gekleidete Personen mit Kapuzen gesehen habe, die aus dem Innenhof des Neubaus weggerannt seien.
Die Tat richtete sich offenbar gezielt gegen die Bewohner der Neubauten – darauf deuten die politischen Parolen hin, die an die Wand gesprüht wurden. Die Täter hinterließen zahlreiche Standardsprüche wie „Fight gentrification“ („Gentrifizierung bekämpfen“, Anm. d. Red.) oder „Eat the rich“ ( „Fresst die Reichen“). Vor dem Bau des Hauses hatten Hausbesetzer aus der Rigaer Straße die Brache unter dem Namen „Bambiland“ als Garten und Feierareal genutzt.
Der Streit um früher besetzte Häuser zieht sich an der Rigaer Straße bereits seit Jahren hin. Bei der letzten großen Eskalation hatten sich vor einem Jahr rund 4000 linke Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei geliefert und dabei Böller und Steine auf die Beamten geworfen. Damals war noch Frank Henkel (CDU) Innensenator. Er verfolgte eine harte Linie gegen die Hausbesetzer und wurde dafür vom politischen Gegner gescholten.
Geisel über Nacht von der Realität eingeholt
Sein Nachfolger Andreas Geisel (SPD) fährt in dieser Sache hingegen eine Deeskalations-Strategie. Erst am Mittwoch hatte er im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses gesagt, dass sich die Lage an der Rigaer Straße deutlich entspannt habe. Wenige Stunden nach dieser Aussage wurden die 21 Autos beschädigt. Geisel wurde somit über Nacht von der Realität eingeholt.
„Es ist absolut inakzeptabel, wenn Eigentum von Menschen beschädigt und zerstört wird. Autos zu demolieren ist kein Ausdruck von politischer Reife, sondern zeugt von blinder Zerstörungswut gegen vermeintlich Bessergestellte. Die wichtigen Fragen über Gentrifizierung und einer sozial gerechten Stadtentwicklung werden so sicherlich nicht beantwortet“, sagte Geisel am Donnerstag. Konkrete Aussagen, wie die Innenverwaltung auf diese erneute Eskalation reagieren will, machte der Innensenator auf Nachfrage der Berliner Morgenpost nicht. Man werde aber mit der Polizei sprechen, wie es nun weitergehe, hieß es aus der Innenverwaltung.
Der sicherheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Marcel Luthe, übte hingegen scharfe Kritik am Senat. „Seit mindestens zehn Jahren terrorisieren linksextreme Banden die Hauptstadt nach stetig gleichem Muster, ohne dass der Senat den Willen, geschweige denn die Fähigkeit zeigt, die Bürger zu schützen“, erklärte der FDP-Politiker.
In der Rigaer Straße wurden immer wieder Polizisten angegriffen. Die Polizei registrierte 2015 in dem Bereich etwa 69 Gewalttaten und 77 andere Straftaten. Hausbesetzer und Linke warfen der Polizei in der Vergangenheit wiederum vor, die Eskalation mit martialischem Auftreten provoziert zu haben.
Polizei bittet die Bevölkerung um Mithilfe
Die Polizei bittet um Mithilfe und sucht nun Zeugen aus der Tatnacht. Die Ermittler fragen: Wer hat in der Nacht zu Donnerstag Beobachtungen gemacht, die mit der Tat in Verbindung stehen könnten? Wer kann weitere sachdienliche Angaben machen? Hinweise nimmt das Fachkommissariat des Polizeilichen Staatsschutzes des Landeskriminalamtes am Bayernring 44 in Tempelhof unter der Telefonnummer 46 64 95 21 01, per E-Mail an lka521@polizei.berlin.de oder jede andere Polizeidienststelle entgegen.
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