Der Berliner Schauspieler mit bosnischen Wurzeln über seine Hauptrolle in dem Zweiteiler „Brüder“ und warum Salafisten bei ihm keine Chance haben.

Was treibt junge Leute an, sich der salafistischen Szene zuzuwenden und in den Krieg zu ziehen? Dieser Frage widmet sich der Zweiteiler „Brüder“ von Züli Aladag, dessen beide Folgen am Mittwoch um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt werden. Goldene-Kamera-Preisträger Edin Hasanovic (25) spielt darin den vom bisherigen Dasein gelangweilten deutschen Studenten Jan, der in die Fänge des IS gerät und daran zerbricht. Ein Gespräch über innere Kämpfe, falsche Bärte und Computerspiele.

Was hat Sie gereizt, den deutschen Konvertiten Jan zu spielen?

Edin Hasanovic: Es gibt kein größeres Geschenk für einen Schauspieler, als so eine Bandbreite an Gefühlen spielen zu dürfen. Wenn ich eine Rolle habe, die einen inneren Kampf auszutragen hat, ist das toll. Und Jan hat ja en masse zu kämpfen. Er fängt sehr zart und introvertiert an, wird dann ziemlich arrogant und ein Kämpfer und ist ein kaputter Typ, als er zurückkommt.

Wie war das nach einem Dreh, konnten Sie abschalten?

Ich nehme die Rollen nie mit. Ab „Danke, Aus“ ist das weg. Trotzdem bin ich natürlich nach einem Tag mit einer extremen Szene abends nicht heiter. Deswegen war meine Stimmung den Szenen entsprechend. Wenn man wie beim Drehen der Syrien-Szenen in Marokko ständig Waffen, Kämpfe und Tote um sich herum verkraften muss, konnte ich mir nicht einfach abends Marrakesch anschauen.

War der Bart echt?

Super Kompliment an die Maskenbildner. An sehr vielen Tagen musste der Bart geklebt werden, und ich habe eine Phobie gegen flüssigen Kleber auf der Haut. Die Maskenbildner haben sich wirklich viel Mühe gegeben, mir die Zeit zu versüßen und mich abzulenken. Aber im Lauf der Zeit haben mir die Bärte sehr geholfen. Ich wusste, wenn beispielsweise „Bart 3“ geklebt wurde, wie Jan in dieser Phase redet, denkt oder geht. Und ich war sehr froh, auf dem Weg zum Set optisch nicht aus der Masse herauszustechen und mich abends wieder zurückverwandeln zu können.

Welchen Stellenwert hat Religion denn für Sie persönlich?

Ich finde, mit Religion verhält es sich so wie mit Macht oder Glück oder Erfolg. Es bedarf eines bestimmten Grades an Reflexionsfähigkeit. Religion kann ein wunderbarer Anker sein. Ich bin sehr tolerant erzogen worden und finde, dass jeder die Freiheit haben sollte, seinen Glauben so weit auszuführen, dass er die Freiheit des Nächsten nicht einschränkt. Ich bin in Bosnien mitten im Bürgerkrieg geboren, und nun bin ich hier und ein semi-erfolgreicher Schauspieler – da kommt man nicht darüber hinweg, an etwas Übermächtiges zu glauben.

Hätten Salafisten Chancen bei Ihnen?

Nein. Ich habe ein starkes Rückgrat. Zum Glück konnte man mich in meiner Schulzeit weder mobben noch hänseln, weil ich immer der Erste war, der die Gags über sich gerissen hat, und man mich nicht so leicht ins Wanken bringen konnte. Ich weiß nicht, ob Computerspiele einen dazu bringen, sich in einen Lkw zu setzen. Ich glaube, dass Spiele bei einigen Leuten eine Lücke füllen. Aber ich kann zocken, was ich will, mich wird „Fifa“ nicht zum Fußballer machen oder ein Ballerspiel zum Kämpfer.

Sie sind meist auf Rollen in harten Filmen abonniert. Steht demnächst auch mal eine Komödie an?

Ja, da trauen sich immer wenige bei mir, die denken immer „Gangster und sehr körperlich“. Aber es gibt Leute, die genauer hinsehen und merken, dass ich auch mal locker-leicht sein und lächeln kann. Im nächsten Jahr stehen fünf Sachen an, aber man weiß ja nie, wie das mit der Finanzierung klappt. Ende Januar kommt ein toller Film in die Kinos: „Nur Gott kann mich richten“ mit Moritz Bleibtreu.

Da sind Sie aber wieder ein Böser ...

Ja, aber anders. Man darf nicht verallgemeinern, sondern muss differenzieren. Und ich hasse es, wenn man sich Mühe gibt, so viele verschiedene Facetten zu spielen, damit es auf „immer der Böse“ heruntergebrochen wird.

Stimmt, es gab ja auch „Die goldene Gans“. Auch da spielte Thorsten Merten Ihren Vater, so wie jetzt in „Brüder“.

Ja, ich liebe ihn sehr, wenn ich könnte, würde ich ihn jedes Mal als meinen Vater vorschlagen. Wir haben auch bei diesem Film sehr, sehr viel gelacht. Es gab einige Szenen, wo man Tränen in den Augen hatte, aber nach dem „Danke, Aus“ kam dann ein Spruch von ihm, der alles bereinigt hat im Kopf.

Haben Sie Vorbilder?

Tom Schilling ist für mich ein großes Vorbild. Wenn der in einem Film mitmacht, denken alle: „Geiler Film, geiler Typ“ – und es ist auch meistens so.