Bettina Rust moderiert seit 2002 die Talksendung „Hörbar Rust“ bei Radioeins. Seit vier Jahren fährt die 48-Jährige für das RBB-Format „Stadt, Rad, Hund“ (neue Folgen ab 14. Juli, 22.15 Uhr) mit dem Fahrrad und ihrer Hündin Elli durch Berlin, trifft Prominente und weniger bekannte Kreative. Beim Gespräch im „Schleusenkrug“ im Tiergarten erzählt sie, warum Anna Loos Prenzlauer Berg nicht mag, und was Kardinal Rainer Maria Woelki heimlich unter dem Tisch macht.
Wie entstand die Idee zu „Stadt, Rad, Hund“?
Bettina Rust: Eine RBB-Redakteurin sah mich mit Fahrrad und Hund vorne im Körbchen auf der Straße und dachte: Das sieht ja nett aus, machen wir daraus doch mal ein Fernsehkonzept. Interessanterweise werde ich mehrmals pro Woche angesprochen: „Ach, das ist wirklich Ihr Hund? Und das Fahrrad gehört Ihnen auch?“ Menschen glauben inzwischen, das Fernsehen würde ihnen alles vorgaukeln.
Ist der Reiz der Sendung, dass man die Prominenten sehr privat erlebt?
Ja, und dass ich – und damit auch der Zuschauer – die Stadt besser kennenlernen. Wie oft dachte ich schon: In dieser Straße war ich 5000 Mal, doch dann führt dich jemand in irgendeinen dritten Hinterhof, und plötzlich ist da ein Typ, der früher Schuster war und heute exzellente Eiscreme macht. Oder man stößt auf ein kleines Kino. Diese Sendung zeigt, dass Berlin, fernab von allen Touristenattraktionen, Abertausend kleine Schätze bereithält.
Liebt denn jeder Ihrer Gäste Berlin?
An Berlin liebt ja niemand alles. Anna Loos hat ziemlich mutig gesagt, dass sie im Prenzlauer Berg niemals leben wollen würde, das fände sie doof. Sie wohnt lieber im Westen. Auch das ist Teil dieser Stadt: Sie polarisiert. Das kennen wir doch alle: Es ist immer wieder auch die Reibung, die uns an dieser Stadt gefällt.
Sie sind mit Prominenten wie Barbara Schöneberger, Sandra Maischberger und Annette Frier befreundet. Öffnen sich solche Gäste leichter?
Es ist der schmale Grat, ein persönliches Gespräch zu führen, ohne dabei zu privat zu werden. Bei Gästen, mit denen ich befreundet bin, achte ich nach Möglichkeit darauf, mit meinem „Mehr“ an Information sorgsam umzugehen, also keine Fragen zu stellen, die als Verrat an einer gewissen Vertrautheit interpretiert werden könnten. Und doch ermöglicht die persönliche Ebene eine Nähe, von der auch der Zuschauer profitiert.
Welcher Gast hat sie überrascht?
Der ehemalige Erzbischof von Berlin, Kardinal Rainer Maria Woelki, kam auf einem lila-metallic NSU-Fahrrad angefahren und schaute beim Gespräch unter dem Tisch immer heimlich auf sein Smartphone, um die Fußballergebnisse der WM zu checken. Ein herzensguter, humorvoller Mensch.
Duzen Sie befreundete Prominente vor der Kamera eigentlich?
Alles andere wäre doch unnatürlich. Nehmen wir Klaus Wowereit, das ist zwar kein Freund von mir, aber wir kennen uns schon seit einigen Jahren, er war zweimal in der „Hörbar“ zu Gast, wir mögen uns und sind uns sympathisch. Er hat mich vor der Kamera gleich geduzt und ich ihn auch. Das mag für den einen oder anderen Zuschauer erst mal befremdlich wirken, aber letztlich ist „Stadt, Rad, Hund“ keine investigative Sendung, sondern ein Unterhaltungsformat.
Haben Sie bei dem aktuellen Regierenden Bürgermeister auch schon angefragt?
Michael Müller hätte mitgemacht, da bin ich sicher. Ein völlig anderer Typ als Wowereit, aber nicht zu unterschätzen. Schlagfertig, schnell. Im Wahljahr wollten wir aber weitestgehend auf politische Protagonisten verzichten.
Welche Politiker werden denn dabei sein?
Nur die Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die mich aufs Dach des Stadtschlosses mitnimmt. Eine sehr selbstbewusste und auch feminine Politikerin. Was ja bis vor einigen Jahren auch noch nicht selbstverständlich war. Um ernst genommen zu werden, zogen es viele Frauen vor, möglichst neutral und damit unangreifbarer zu wirken. Frau Grütters hat eine sehr charmante Art, ohne auf die Frauenkarte zu setzen.
Haben Sie schon mal ein Idol getroffen?
Senta Berger, sie war zu Gast in der „Hörbar“. Ich mag diese Frau und den Zauber, der von ihr ausgeht. Es ist aber nicht so, dass ich nervös war. Generell schaue ich zu prominenten Gästen nicht auf im Sinne einer crazy Bewunderung. Respekt: klar. Aber in aller Entspanntheit. So ein Gespräch findet nach Möglichkeit auf Augenhöhe statt.
Gab es mal jemanden, bei dem die Chemie nicht gestimmt hat?
Der Schauspieler Hanns Zischler. Ein hochintellektueller Mensch, fleischgewordenes Wikipedia, der einem aus dem Stand ein Referat über Stummfilme oder Straßenbahnen im Ungarn der 30er-Jahre halten kann. Beim Drehen verhielt er sich abweisend, beantwortete Fragen bevorzugt mit „Ja“ und „Nein“, kaum Augenkontakt. Viele Zuschauer empfanden genau diese Episode als interessant. Kann ich verstehen, gerade solche Knall-Knirsch-Kratz-Gespräche sind ja auch spannend.