Es ist ein sonniger Morgen an der „Fischerhütte“ am Schlachtensee. Wir sprechen mit Sarah Connor über ihr erstes Album seit fünf Jahren, das am kommenden Freitag erscheint. „Muttersprache“ heißt es, erstmals singt sie auf Deutsch. Ein Gespräch mit einer Mutter und Künstlerin, die nach turbulenten Jahren entspannt wirkt.
Berliner Morgenpost: Frau Connor, es ist ruhiger um Sie geworden, seit Sie vor fünf Jahren aus Delmenhorst nach Berlin gezogen sind. Woran liegt das?
Sarah Connor: Ich habe mich rausgezogen und nur wenige Auftritte gespielt. Lustig ist, dass ich in dieser Zeit viel intensiver Musik gemacht habe als in den Jahren davor. Aber eben kaum für die Öffentlichkeit.
Sicher haben Sie auch mehr Zeit mit ihrer Familie verbracht. Im Song „Wie schön du bist“ auf ihrem neuen Album geht es nicht um einen Mann, sondern um Ihren elfjährigen Sohn.
Mein Sohn kommt jetzt in die Pubertät und hatte einen Moment, in dem es ihm nicht gut ging. Er wurde kurz mal vom Leben durchgerüttelt. Anschließend sind wir spazieren gegangen und haben geredet. Am nächsten Tag im Studio hatte ich das Gefühl, er braucht einen Song, in dem ich ihm sage, dass jede Narbe und all die Wut und das Lachen und Weinen dazugehört. Ja, er war meine Inspiration. Aber ich habe meinem Sohn versprochen, keine Details zu erzählen.
Einem Jungen könnte so ein Song auch peinlich sein.
Nein, er ist stolz darauf. In einem anderen Lied, das ich für ihn geschrieben habe, „Don’t Forget About Me“, habe ich früher schon mal darüber gesungen, dass es den Moment geben wird, in dem mein Sohn sich wegdreht, wenn ich ihn auf den Mund küssen will. Ein bisschen ist das bereits so: Wenn ich ihn zur Schule bringe, springt er aus dem Auto und sagt: „Mom, du brauchst nicht mitzukommen.“
Der Song „Bedingungslos“ handelt von der Liebe zu Ihrer Tochter Summer, die mit einem Herzfehler geboren wurde.
Ihre Geburt war ein Wendepunkt für mich. Ich war damals 26 Jahre alt, war schwanger und war mental in einer schlechten Verfassung. Obendrauf kam die Nachricht, dass meine Tochter nicht gesund zur Welt kommen würde. Diese Monate der Angst haben mich verändert und demütiger gemacht. Meine Tochter wurde gesund, das hat meinen Blick für das Wesentliche geschärft. In dem Song ist die Kernaussage: Egal, wo Eure Wege Euch hinführen, geht raus, entdeckt die Welt, ich werde immer bei Euch sein.
Sie singen: „Ich habe alles so gewollt, den ganzen Terror und das Gold.“ Was meinen Sie mit Terror?
Den alltäglichen Terror. Die Momente, in denen ich gerne mal für zwei Sekunden ein anderes Leben hätte. Wenn ich alles zehnmal sagen muss, oder wenn einem am Sonntagabend plötzlich einfällt, dass noch eine Buchpräsentation vorbereitet werden muss, obwohl ich schon die Minuten zähle, bis alle im Bett sind und ich Feierabend habe. Aber so habe ich das gewollt.
Es klingt auch nach einer Rechtfertigung für Ihr bisheriges Leben.
„Terror und Gold“, damit meine ich auch meine wilde Reise zwischen 20 und 30 Jahren durch das Showgeschäft. Wenn ich nun oft höre, dass davon weniger meine Musikerfolge und sieben Millionen verkaufte Platten in Erinnerung geblieben sind, sondern der Auftritt bei „Wetten dass..?“ (Connor trug ein durchsichtiges Kleid, Anmerk. d. R.), meine Hochzeit (mit Ex-Mann Marc Terenzi im Fernsehen, d. R.) und meine ganz spezielle Version der Nationalhymne (im Mai 2005 sang Connor bei der Eröffnungsfeier der Münchner Allianz Arena die deutsche Nationalhymne mit einer falschen Textzeile, d. R.), ist das doch ein bisschen traurig. Das zeigt mir, dass meine Musik manchmal durch all die Schlagzeilen in den Hintergrund gerückt ist. Deshalb ist diese neue Platte umso wichtiger! Es ist Zeit, dass ich meine Sicht der Dinge mit Hilfe der Musik erzähle. Damit das unmissverständlich gelingt, eben in meiner Muttersprache.
Sie singen erstmals auf Deutsch. Was hat sich geändert?
Ich singe auf Deutsch und ich schreibe meine Songs selbst. Der Song „Keiner ist wie du“ von Gregor Meyle hat mir die Tür zur deutschen Singsprache geöffnet. Ich habe gemerkt: Das kann mich auf Deutsch tatsächlich berühren, wenn ich meine eigenen Geschichten erzähle. Das war neu, aufgewachsen bin ich ja nur mit englischsprachiger Musik. Ich hatte mit den Jungs von Rosenstolz, Simon Triebel und Ali Zuckowski, wunderbare Partner, die schon viel Erfahrung mit deutscher Musik hatten und mir geholfen haben, meine Vorstellungen umzusetzen.
Sie leben mit Florian Fischer, ihrem Manager, zusammen, dem Vater Ihrer jüngsten Tochter. Haben Sie Tipps für Paare, die beruflich miteinander zu tun haben?
Wir sind nicht 24 Stunden am Tag zusammen. Wie alle Eltern freuen wir uns, wenn wir ab und zu mal in einem schönen Hotel übernachten und nachts niemand ins Bett gekrabbelt kommt. Wichtig ist uns, dass jeder von uns sich neben Familie und Arbeit seinen eigenen Kosmos erhält und für den anderen auch ein bisschen geheimnisvoll bleibt.
Wie organisieren Sie als dreifache Mutter Ihre Tour?
Die Momente auf der Bühne sind großartig, im Bus ist es natürlich umso anstrengender. Wenn es geht, kommen die Kinder natürlich mit, für sie ist das wie eine Klassenfahrt. Sie nehmen Bettzeug und ihr Spielsachen mit, gehen spät ins Bett, und überhaupt ist es wie Campingurlaub. Klar, dass es als Künstlerin anders ist als früher. Da ging ich nach der Show mit meiner Band erst mal ein Bier trinken.