Grüne Woche

Wichtiger Beitrag von Kleingärtnern - Dünger made in Berlin

| Lesedauer: 5 Minuten
Sophie Rink
Marion Kwart zeigt, wie man richtig kompostiert. Berlins Kleingärtner bezeichnen sich selbst als „Urban-Gardening-Aktivisten der ersten Stunde“, denn sie kümmern sich seit mehr als 100 Jahren um das Klima in der Hauptstadt.

Marion Kwart zeigt, wie man richtig kompostiert. Berlins Kleingärtner bezeichnen sich selbst als „Urban-Gardening-Aktivisten der ersten Stunde“, denn sie kümmern sich seit mehr als 100 Jahren um das Klima in der Hauptstadt.

Foto: Jörg Krauthöfer /Funke MedienGruppe

Berlins Kleingärtner leisten einen wichtigen Beitrag für die Nachhaltigkeit und ein gutes Klima.

Berlin. „Wir Kleingärtner sind wie eine Familie“, erzählt Wolfgang Peris. Seit 40 Jahren hat er nun schon seinen Kleingarten – und steht damit in der Familientradition. Bereits seine Großmutter habe einen Garten gehabt, sagt der 65-Jährige auf der Grünen Woche. Peris steht in Halle 9 – der „Blooming City“ – mit anderen Gartenfreunden und macht Werbung für Kleingärten. An jedem Tag ist ein anderer Berliner Bezirk vertreten – an diesem Tag ist es Treptow-Köpenick.

In Berlin gibt es 71.000 Pächter von Kleingärten

Ihre Leidenschaft könne sich auf eine lange Geschichte berufen, sagt Marion Kwart, Mitarbeiterin des Landesverbands der Gartenfreunde Berlin. Vor rund 150 Jahren hätten vornehmlich Arbeiter Gärten zur Selbstversorgung angelegt, so die promovierte Biologin weiter. Die Selbstversorgung sei dann während und nach dem Krieg wieder aktuell geworden. So konnten sich Familien auch in schwierigen Zeiten versorgen. Seit einiger Zeit interessieren sich wieder mehr und mehr Menschen für Kleingärten, wie Kwart erzählt. 71.000 Pächter gebe es in Berlin – 68.000 von ihnen sind im Landesverband der Gartenfreunde und über die Bezirksverbände und Kleingartenvereine organisiert. Einzelne Gartenfreunde sind auch über die Bahnlandwirtschaft organisiert. Unter anderem die Deutsche Bahn böte zahlreiche Grundstücke zum Pachten an, erklärt die Kleingärtnerin.

Doch Kleingärten bedeuten nicht nur Gärtnern – über Obstbäume und Hecken entstehen auch Freundschaften, zuweilen wirken Kleingärtner wie eine eingeschworene Gemeinschaft. Das ist auf der Grünen Woche deutlich spürbar. Die Kleingärtner Berlins kennen sich und tauschen sich aus. Dies könne im Großstadttrubel sehr entschleunigend sein, schwärmt Kwart, die selbst einen Kleingarten besitzt.

Auch Eva Foos, die am Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Humboldt-Universität zu Kleingärten forscht, berichtet: „Kleingärten können in vielerlei Hinsicht außerordentlich sinnstiftend sein und eine Oase des Grünen im Großstadtgrau bieten.“ Sie erzählt auch, wie sie die Kleingärten als Ort der Bildung und Begegnung wahrgenommen habe, nicht selten über die Grenzen der jeweiligen Vereine hinweg.

Vor Hintergrund der Klimakrise relevant

Doch die Gärten bieten nicht nur soziale Nachhaltigkeit. Sie seien auch vor dem Hintergrund der Klimakrise besonders relevant. Denn diese wird besonders Großstädte treffen. Für die nahe Zukunft sei mit einem weiteren Anstieg der durchschnittlichen Tageshöchsttemperaturen um etwa 1,2 Grad, für die ferne Zukunft mit etwa 3,2 Grad zu rechnen, heißt es in dem 2016 erarbeiteten Anpassungskonzept an die Folgen des Klimawandels des Landes Berlin.

Für die Hauptstadt könnten Kleingärten einen wichtigen Beitrag leisten, fügt Foos hinzu. Sie sorgten bei ausreichender Wasserversorgung für Verdunstungskühle, böten Schatten und nähmen bei entsprechender Bodenpflege Regenwasser auf, was vor allem vor dem Hintergrund zunehmenden Starkregens und auch Trockenperioden besonders wichtig sei. Zusammenhängende Grünflächen dienten zudem als Kaltluftkorridore und als Lebensraum vieler Tierarten. Wichtig sei eine Faustregel: Für jeden Quadratmeter Gebäude müsse auch ein Quadratmeter Grün geschaffen werden, auch innerstädtisch.

Nachhaltige Rolle in der Stadt

Kleingärten haben also eine nachhaltige Rolle in der Stadt. Doch dazu müsse ein Kleingarten auch natur- und klimabewusst bewirtschaftet werden, sagt Sven Wachtmann. Er ist ehrenamtlicher Landesgartenfachberater des Landesverbands der Gartenfreunde und betreibt hauptberuflich eine Firma für Gartenlandschaftsbau. „Ich bin im Kleingarten groß geworden“, erzählt er. Seine Familie betreibe die Gärtnerei jetzt schon in der dritten Generation. Dass seine Leidenschaft für den Garten so groß ist, dass er sich ihr auch beruflich widmen wolle, habe er schon sehr früh gewusst. Er machte eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner und absolvierte ein Gartenbaustudium.

Als einen der wichtigsten Bestandteile des nachhaltigen Gärtnerns bezeichnet er das Wassermanagement. Da in den kommenden Jahren Wasser zunehmend knapp werde, müsse man dafür sorgen, es so effektiv wie möglich einzusetzen, erklärt Wachtmann. Helfen könne zum Beispiel eine Tröpfchenbewässerung. Doch auch die Bodenbeschaffenheit spiele eine große Rolle. Er rät von speziellem Dünger ab, den bräuchten nur die wenigsten Pflanzen. Außerdem kann der Kleingärtner den besten Dünger selbst herstellen, erklärt Wachtmann. Und das auch ganz einfach: durch einen Mehr-Phasen-Kompost. Mit dem Endergebnis seiner Kompostierung kann er dann seine Beete bedüngen.

Ein Hochbeet kann auch auf dem Balkon angelegt werden

Wachtmann geht davon aus, dass 90 Prozent der Kleingärtner den Kompost zur Bodenverbesserung nutzen. Ebenfalls sinnvoll kann ein Hochbeet sein. Hier könne man sich den perfekten Boden erzeugen – mit Hilfe von Ästen, Laub und Erde. Das Hochbeet biete gleich mehrere Vorteile. Zum einen komme die Wärme der Sonne auch an Stellen, an die sie normalerweise nicht käme. Zum anderen könne man das Hochbeet auch an eher ungewöhnlichen Stellen aufbauen – sogar auf dem Balkon, aber natürlich nur, wenn er das Gewicht tragen kann.

Wenn man Wolfgang Peris fragt, wie viele nachhaltige Methoden er in seinem Kleingarten anwendet, antwortet er: „Ich mache alles mit.“ Ihm sei gutes Klima und Nachhaltigkeit einfach sehr wichtig – vor allem in Berlin.

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