Berlin. Gemeinsam mit 4 weiteren Städten sollen die Spiele 2036 oder 2040 in Deutschland stattfinden. Neue Stadien soll es dafür nicht geben.
Berlin macht sich nach den vergeblichen Anläufen für die Jahre 2000 und 2014 zum dritten Mal in den vergangenen Jahrzehnten auf den Weg, Olympische Spiele auszurichten. Der Senat hat am Dienstag einstimmig beschlossen, sich im Rahmen einer nationalen Bewerbung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) um die Ausrichtung der olympischen und paralympischen Wettkämpfe 2036 und auch für 2040 zu beteiligen.
Ein wie auch immer geartetes Referendum der Bevölkerung über die Bewerbung werde es nicht geben, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bei der Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit dem Landessportbund-Präsidenten Thomas Härtel. Die Stadt sei nicht der Veranstalter, das sei der DOSB, der Dachverband der deutschen Sportverbände.
Kai Wegner bevorzugt das Datum 2036, 100 Jahre nach den Spielen der Nazis
Wegner und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) äußerten eine klare Präferenz für das Datum 2036. 100 Jahre nach den „Nazi-Spielen“ 1936 sei das eine große Chance zu zeigen, dass sich Deutschland verändert habe und Berlin eine bunte, offene und diverse Stadt sei. Wenn die israelische Mannschaft 100 Jahre danach ins Olympiastadion einmarschiere, sei das ein weiterer Sieg über Nazi-Deutschland.
Gemeinsam mit Berlin haben München, Hamburg, Leipzig und eine Stadt in Nordrhein-Westfalen, wahrscheinlich Düsseldorf, ihre Mitwirkung zugesagt. Wie die Wettkämpfe in den einzelnen Disziplinen unter den Städten aufgeteilt werden, müsse im Dialog entschieden werden, hieß es. Ob Deutschland beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) seinen Hut in den Ring wirft, werde die Mitgliederversammlung des DOSB am 2. Dezember entscheiden. Wer die Spiele ausrichtet, entscheidet das IOC 2025 oder 2026.
Mumbai, Kairo, Istanbul und Warschau werden als Konkurrenten erwartet
Welche Konkurrenten es zur nationalen Bewerbung gibt, ist noch nicht klar. Interesse hätten das indische Mumbai geäußert, die ägyptische Hauptstadt Kairo, Warschau in Polen sowie die türkische Metropole Istanbul. Es wäre das erste Mal, dass das IOC sich für Spiele entscheidet, die über ein ganzes Land verteilt stattfinden.
Die Politiker und Sportfunktionäre setzen darauf, mit ihrem Konzept nachhaltiger Spiele punkten zu können. „Das IOC hat seine Vergaberichtlinien geändert“, sagte LSB-Chef Härtel. Die Deutschen wollen auf bestehende Sportanlagen zurückgreifen, die aber natürlich saniert und ertüchtigt werden müssen. Wegner sagte, allein Berlin könnte schon jetzt mit den bestehenden Stadien, Hallen und Anlagen 70 Prozent der Spiele allein ausrichten. München und Berlin zusammen würden 90 Prozent schaffen.
Deutschland setzt auf bestehende Sportanlagen, die saniert werden müssten
„Wir brauchen nicht so große Investitionen wie für 2000“, sagte der Christdemokrat. Seinerzeit war die Berliner Bewerbung nach vehementem Widerstand krachend gescheitert. Für 2014 setzte sich im Deutschland-internen Wettbewerb Hamburg durch. Eine Volksabstimmung versenkte allerdings die Bewerbungspläne des Hansestadt-Senats.
Nun habe sich aber vieles geändert, hieß es am Dienstag. „Wir müssen nicht die Vorgaben des IOC akzeptieren“, sagte der BR-Volleys-Manager Kaweh Niroomand, Vertreter der Sportstadt Berlin: „Das ist ein enormer Unterschied.“
Politiker und Sportfunktionäre setzen auf neue Sauberkeit im IOC
Früher galten viele Mitglieder des IOC als hochgradig korrupt und verkauften ihre Stimmen meistbietend. Spranger sagte, das IOC habe nun Ethikregeln eingeführt, gebe Informationen zu den Finanzen heraus, eine Ethikkommission wache unabhängig über das Vorgehen. „Die wollen sich nicht länger angreifbar machen.“ Zuletzt hatten sich stabile westliche Demokratien um die Spiele beworben und auch den Zuschlag erhalten. 2024 ist Paris der Ausrichter, 2028 Los Angeles und 2032 das australische Brisbane.
Sportsenatorin Spranger versicherte, die Olympiabewerbung werde auch dem Berliner Breitensport mit seinen 2400 Vereinen mit mehr als 700.000 Mitgliedern zugutekommen. Der Senat werde in den nächsten Jahren viel Geld in die Hand nehmen, um Sportanlagen und Schwimmbäder zu ertüchtigen, versprach Spranger. 18 Millionen Euro würden schon kurzfristig ins Olympiastadion investiert, um die Arena für die sechs geplanten Fußball-Europameisterschaftsspiele 2024 fit zu machen. Für den Bewerbungsprozess selbst ist die vergleichsweise bescheidene Summe von 500.000 Euro im Haushalt vorgesehen.
Linke halten Spiele für zu teuer, Grüne kritisieren die Vorfestlegung
Schon in ihrem Koalitionsvertrag hatten sich CDU und SPD auf eine Teilnahme an einer nationalen Bewerbung verständigt. Vergangenes Wochenende fand in Berlin ein Dialogforum des Landessportbundes statt, bei der unter den 600 Teilnehmenden auch kritische Stimmen laut geworden waren. Man wolle die Menschen mitnehmen und vertraue auf die Sportbegeisterung der Berlinerinnen und Berliner, versicherten Sportfunktionäre und Politiker, und dabei auch die Kritiker mitnehmen.
Diese meldeten sich sogleich zu Wort. Aus Sicht der Linksfraktion ist Olympia in Berlin ein „Irrweg“, so der Finanzexperte Steffen Zillich. „Schon ein Blick auf die aktuelle Finanz- und Investitionsplanung belegt: Berlin kann sich diese Veranstaltungen nicht leisten, auch nicht in Kooperation mit anderen Städten in Deutschland.“ Die Grünen bemängelten die Vorfestlegung der Regierung. Senat und DOSB hätten mehrfach einen ergebnisoffenen Prozess und Dialog mit der Bevölkerung angekündigt“, sagte die sportpolitische Sprecherin Klara Schedlich: „Dieser Beschluss nimmt die Entscheidung, ob es eine Bewerbung geben soll, vorweg und erlaubt höchstens noch die Debatte um die genaue Umsetzung. So sieht keine Beteiligung der Bevölkerung aus und auch kein ergebnisoffener Prozess.“
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