Berlin. Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) haben Firmen nach der Wirtschaftsstimmung gefragt. Das sind die Ergebnisse.

„Lage trüb, Aussicht trüber“: So schätzen die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) die Konjunktur aktuell ein. Grundlage für diese Aussage sind Daten aus einer Befragung der im UVB zusammengeschlossenen 60 Mitgliedsverbände. Sie wurde am Dienstag vorgestellt. Das Bild, das die Ergebnisse zeichnen, sei „durchwachsen“, fasst UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp zusammen. Er ist sich sicher: „So richtig durchstarten werden wir in den nächsten sechs Monaten wohl nicht in der regionalen Wirtschaft.“

Die zentralen Kennziffern der Herbstumfrage, die Schirp gemeinsam mit Wolfgang Kampmeier vom Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) präsentierte, sind schnell genannt: Die gegenwärtige Geschäftslage beurteilen fast die Hälfte der befragten Unternehmen als „schlecht“ oder „eher schlecht“. Das sei ein „extrem hoher Wert“, so Schirp. Auch die Prognose für das nächste Jahr geht in eine ähnliche Richtung: Mehr als jede zweite Branche geht davon aus, dass sich die Lage in den kommenden sechs Monaten weiter verschlechtert.

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Dass es fast keine Branche mehr gebe, die sagt, „uns geht’s gut“, das sei neu, so Schirp – gerade in Berlin mit seiner gemischten Wirtschaftsstruktur. Das schlägt sich auch in der Prognose der zukünftigen Wachstumszahlen nieder. Der UVB rechnet damit, dass die Berliner Wirtschaft in diesem Jahr um die Nulllinie stagnieren und im kommenden Jahr kaum über ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt von einem Prozent hinauskommen wird. „Ein bisschen Licht“ gebe es in hingegen in Brandenburg, wo eine von Tesla angetriebene Sonderkonjunktur herrsche, so Schirp.

Brandenburgs Wirtschaft steht ungewöhnlich gut da

Brandenburg stehe deshalb aktuell, gemessen am allgemeinen Trend, mit ungewöhnlich guten Wirtschaftsdaten da. Im ersten Halbjahr stieg das Bruttoinlandsprodukt um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr – Spitzenplatz im bundesweiten Vergleich. Eine Ausnahme, die allerdings nichts am Gesamteindruck ändert, den der Unternehmensverband schildert: Insgesamt schwächele die Konjunktur. Mit einem „Turnaround“ sei derzeit nicht zu rechnen, so Schirp.

Hoffnung machen ihm zwar die aktuell zurückgehende Inflationsrate und die Stabilisierung der Zinsen. Und auch der Ifo-Geschäftsklimaindex habe sich im Oktober im Vergleich zu den Vormonaten verbessert. Dennoch: Für das kommende Jahr erwartet Schirp einen schwierigen Start. Von einem stabilen Aufstieg sei man „meilenweit entfernt“. Vielmehr sei mit zurückgehenden Aufträgen und zögerlichen Investitionen zu rechnen.

Der Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin, Alexander Schirp, beurteilt die wirtschaftliche Lage der Firmen zurzeit negativ.
Der Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin, Alexander Schirp, beurteilt die wirtschaftliche Lage der Firmen zurzeit negativ. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Wo also ansetzen, um die Wirtschaft anzukurbeln? Die Kurzversion der Antwort, die Schirp gibt, lautet: „Bürokratie, Bürokratie, Bürokratie“. Sie belaste die Unternehmen enorm und müsse deshalb abgebaut werden. Worum es ihm geht, zeigt der Verbandschef mit Blick auf das Vergaberecht bei öffentlichen Aufträgen. Er beschreibt es als „überladen“. Zum Beispiel vergehen in der Regel sechs Monate, bis der Antrag zum Bau einer E-Säule verarbeitet sei.

Tesla dient den Unternehmern als Positiv-Beispiel für Bürokratieabbau

Schirp deutet mit einem Blick nach Brandenburg an, was ihm vorschwebt: „Man sieht ja, was bei Tesla möglich war.“ In kürzester Zeit sei dort eine riesige Autofabrik entstanden. Damit das Schule machen kann, brauche es beim Bürokratieabbau das viel zitierte Deutschlandtempo, das Bundeskanzler Scholz (SPD) ausgerufen hat.

Das Werk von Tesla, die sogenannte «Gigafactory» Berlin-Brandenburg des US-Elektroautobauers.
Das Werk von Tesla, die sogenannte «Gigafactory» Berlin-Brandenburg des US-Elektroautobauers. © dpa | Jens Kalaene

Optimistisch stimmen ihn deshalb die Verabredungen zwischen dem Kanzler und den Regierungschefs der Länder, die am Montagabend in Berlin getroffen wurden. Bund und Länder hatten bei ihrem Gipfel ein Maßnahmenpaket zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Bereich Infrastruktur beschlossen.

UVB: Für jedes neue Gesetz sollten zwei gestrichen werden

Auch beim Unternehmerverband haben sie klare Vorstellung, wie man die Verwaltung verschlanken kann. Als allgemeine Regel schlägt Schirp vor, dass für jedes neue Gesetz zwei bisherige gestrichen werden – „One in, two out“. Auch für Kampenmeier steht fest, dass die Bürokratie die entscheidende Stellschraube ist, an der anzusetzen sei. Der Vertreter des Handelsverbandes fordert insbesondere weniger Hürden für den Sonntagsverkauf. Der Anlassbezug, den es bislang braucht, um die Geschäfte am Sonntag öffnen zu dürfen, sei nicht mehr zeitgemäß und solle gestrichen werden.

Schirp kam abschließend dann noch auf die Migration zu sprechen. Es sei sinnvoll zu vermitteln, „dass wir es in der Hand haben, wer hier ist und wer nicht“, sagte er. Man müsse wieder in die „Vorhand“ kommen bei der Steuerung der Zuwanderung. Wegen des akuten Fachkräftemangels „brauchen wir aber die Leute, die hier arbeiten wollen“, das sei genauso wichtig. Und schon jetzt seien eine ganze Menge hier, die arbeiten wollen. Diese Menschen müssten nun dringend in Beschäftigungsverhältnisse gebracht werden.