Berlin. Die Situation im illegalen Containerdorf in Berlin-Lichtenberg hat sich weiter zugespitzt. Dem Bezirk sind die Hände gebunden.

Die Polizei, das Jobcenter, das Jugend- und Sozialamt sind beinahe täglich vor Ort. Der sogenannte Trailerpark am Hönower Wiesenweg 24/25 in Karlshorst ist längst zum Brennpunkt geworden – und statt Besserung werden die Zustände dort immer schlimmer. Erst in der vergangenen Woche brannte ein Wohnwagen aus - und die Stromnetz Berlin GmbH sperrte wegen illegalen Stromdiebstahls und Sicherheitsbedenken die Stromversorgung auf einem Teil des Areals. Seitdem leben die meisten der dort gemeldeten 222 Bewohner ohne Strom. Lichtenbergs Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) kennt die Zustände – und muss weitgehend ohnmächtig zuschauen.

„Wir beobachten intensiv, was dort geschieht“, sagt der Stadtrat, der wegen der „unhaltbaren Zustände“ am Mittwoch zu einem Gespräch ins Rathaus Lichtenberg eingeladen hat. „Wir werden eine weitere Ausweitung der Situation nicht zulassen“, verspricht er. Mit „Ausweitung“ sind der Zuzug weiterer Menschen in den aus Wohnwagen und gestapelten Containern bestehenden Trailerpark gemeint, der seit mindestens 2019 dort illegal betrieben wird.

Vereinbarung mit dem Bezirk gebrochen

Doch genau darauf hatte man sich mit Ulrich Ziegler, dem Eigentümer des Areals, im Mai dieses Jahres eigentlich geeinigt, heißt es im Bezirksamt weiter. Die „Protokollvereinbarung“ mit dem Eigentümer sah vor, dass die Zustände dort sich nicht weiter verschlimmern und dass vor allem keine Menschen dort neu untergebracht werden. Im Gegenzug sollte das illegale Containerdorf bis 31. Mai 2024 bestehen bleiben dürfen. Doch das Gegenteil sei eingetreten.

Nachdem im Nachbarbezirk Treptow-Köpenick im Juli ein ebenfalls vom gleichen Grundstückseigentümer betriebenes Containerdorf an der Moosstraße 56-58 in Niederschöneweide mit etwa 40 bis 50 Unterkünften geräumt wurde, sei die Anzahl der Menschen am Hönower Wiesenweg noch einmal hochgeschnellt.

Das ebenfakls illegale Containerdorf in der Moosstraße in Treptow-Köpenick wurde inzwischen geräumt.
Das ebenfakls illegale Containerdorf in der Moosstraße in Treptow-Köpenick wurde inzwischen geräumt. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Nur eine Handvoll Bewohner haben Umzugsangebot angenommen

Bislang haben nach Angaben des Bezirks Lichtenberg nur eine Handvoll Bewohner, darunter auch Familien mit Kindern, das Angebot angenommen, in anderen Unterkünften des Bezirks unterzukommen. Die nach dem Auszug mit Plomben versiegelten Container seien jedoch entgegen der Absprache neu vermietet worden, die Container und Wohnwagen würden auch immer noch auf E-Bay zur Vermietung angeboten.

Ein lukratives Geschäft in Zeiten der extremen Wohnungsnot in der Hauptstadt: Grundstückseigentümer Ulrich Ziegler, der noch eine weitere Containersiedlung am S-Bahnhof Grünau betreibt, bietet die Container, meist nicht größer als 12 Quadratmeter, zum Wohnen an. Für die Miete verlangt er zwischen 500 und 600 Euro. Paare, Einzelpersonen aber auch Familien mit mehreren Kindern leben dort auf kleinstem Raum zusammen. Viele leben vom Jobcenter.

Das Containerdorf in Berlin-Adlershof.
Das Containerdorf in Berlin-Adlershof. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Mieteinnahmen auch durch Verträge mit dem Jobcenter

Das ist auch in Lichtenberg noch immer der Fall. Nach Auskunft des Bezirks bezahlt das Jobcenter für 57, das Sozialamt für drei Bewohner, am Hönower Wiesenweg 57 die Miete.

Obwohl die Zustände sich verschlimmert haben, will der Stadtrat vorerst nicht räumen lassen: „Wir gehen nicht gegen die Bewohner vor, sondern gegen die illegalen Machenschaften des Vermieters“, begründet Stadtrat Hönicke und betont, man unterbreite jedem, der ausziehen wolle, ein Wohnangebot.

Ordnungsstrafen wurden nicht gezahlt

Mit Rechtsmitteln gegen den Grundstückseigentümer und sein Firmengeflecht vorzugehen, hat allerdings bislang nicht zum Erfolg geführt. Der Bezirk hat die Nutzung des Grundstückes als Containerdorf untersagt, das Verwaltungsgericht hat die Entscheidung bestätigt. Im Bezirk räumt man aber ein, man habe zwar bald eine halbe Million Euro für die verschiedensten Verstöße gegen ordnungsrechtliche Auflagen verhängt. gezahlt habe Ziegler bislang jedoch keinen Cent.

„Das Zögern des zuständigen Bezirksstadtrates, die Ernsthaftigkeit der Lage anzuerkennen und aktiv zu agieren, führt zur humanitären Notlage. So geht es nicht weiter!“, sagt die direkt gewählte Abgeordnete Lilia Usik (CDU). Unzulässige Einzäunungen, illegale Müllablagerungen, Manipulationen an Stromleitungen und sogar ein Brand in einem Wohnwagen auf der Straße seien nur einige der dramatischen Symptome für die negativen Entwicklungen vor Ort.

CDU spricht sich für vorfristige Räumung aus

Anwohner der angrenzenden Parkstadt Karlshorst hätten sich mit der Bitte um Hilfe an sie gewandt, Pöbeleien, Einbrüche in die Keller, zahlreiche Polizeieinsätze, derzeit sogar täglich, verängstigten die Anwohner. „Die Situation hat sich in den letzten Monaten gravierend verschlechtert und ist katastrophal“, berichtet Usik. Die CDU setze sich mit ihren Kollegen auf Bezirksebene dafür ein, dass die notwendigen Schritte unverzüglich eingeleitet werden. „Auch, wenn das eine Räumung weit vor Mai 2024 bedeutet“, betont sie.