Berlin. Der Aufsichtsrat des VBB hat beschlossen, das 29-Euro-Ticket in Berlin wieder einzuführen. Es gilt ab Frühsommer für den Bereich AB.
Ab dem Frühsommer können die Berlinerinnen und Berliner wieder für 29 Euro monatlich unbegrenzt im Stadtgebiet Bus und Bahn fahren. Das teilte der Aufsichtsrat des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) nach seiner Sitzung mit. Wie schon zuvor gilt das Ticket allerdings nur für den Tarifbereich AB, ist nicht übertragbar und eine Fahrradmitnahme ist nicht inkludiert. Außerdem lässt sich das Ticket nicht für einzelne Monate kaufen. Wer es nutzen möchte, muss ein Abonnement abschließen.
„Mit dem 29-Euro-Ticket für alle ist es möglich, klimafreundlich durch die gesamte Stadt zu kommen. Diejenigen, die das Deutschlandticket nicht in Anspruch nehmen – beispielsweise Rentner, Pensionäre oder Selbstständige, die kein Jobticket bekommen können, erhalten so die Chance auf ein bezahlbares Fortkommen“, sagte Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU). „Der Wechsel auf Bus und Bahn wird immer attraktiver.“ Sie sieht das 29-Euro-Ticket als Ergänzung zum Deutschlandticket, „für dessen Fortbestand ich mich auf allen Ebenen weiter einsetzen werde“, so Schreiner. Wirtschaftssenatorin und BVG-Aufsichtsratschefin Franziska Giffey (SPD) sagte, die BVG leite alle notwendigen Schritte ein, „damit das 29-Euro-Ticket schnellstmöglich – voraussichtlich im April 2024 – wieder an den Start gehen kann“.
Sozialticket verlängert
Wer allerdings außerhalb der Stadtgrenzen unterwegs ist, braucht weiterhin ein Zusatzticket. Denn dem Berliner Senat ist es nicht gelungen, eine weitergehende Regelung mit dem Nachbarland Brandenburg zu finden. Verlängert hat der Aufsichtsrat zudem das Sozialticket. Berlinerinnen und Berliner, die Sozialleistungen beziehen, zahlen für dieses Abo damit weiterhin neun Euro pro Monat.
„Ein fairer Preis im ÖPNV ist eine Stellschraube, mit der die Mobilitätswende und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz in Berlin gelingt“, teilte der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Tino Schopf, mit. „Gleichzeitig darf die nötige Infrastruktur für den ÖPNV nicht vernachlässigt werden.“
Politisch hochumstritten
Das 29-Euro-Ticket gab es schon einmal und ist politisch hochumstritten - vor allem wegen des begrenzten Gültigkeitsbereichs und der hohen Kosten von rund 300 Millionen Euro pro Jahr. Die damalige rot-grün-rote Landesregierung hatte es für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) im Herbst 2022 als Anschlusslösung für das ausgelaufene 9-Euro-Ticket eingeführt, das bundesweit gegolten hatte.
Mit der Einführung des Deutschlandtickets, das seit Mai dieses Jahres ebenfalls bundesweit im gesamten öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) genutzt werden kann, wurde das 29-Euro-Ticket in Berlin wieder abgeschafft. Die neue schwarz-rote Landesregierung war mit dem Wahlversprechen angetreten, das Angebot wieder einzuführen. Vor allem die SPD hatte im Wahlkampf damit geworben.
In der Opposition wird das Angebot kritisch gesehen. Grüne und Linke bemängelten wiederholt, dass das Ticket in teilweiser Konkurrenz zum bundesweiten 49-Euro-Ticket stehen würde. Gleichzeitig müsse Berlin dafür Geld ausgeben, das anders besser investiert werden könnte. „Der Beschluss torpediert die Idee eines attraktiven und einheitlichen Tarifsystems im Nahverkehr, weil er nur in der AB-Zone denkt und die Schwächsten vergisst“, erklärt Oda Hassepaß (Grüne), Sprecherin für Verkehrspolitik. Es brauche vielmehr ein rabattiertes Deutschlandticket für Menschen mit wenig Geld, Azubis, Studierende, Senioren und Seniorinnen. Ähnlich sieht es auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Berlin. Das nur in Berlin gültige Ticket sei eine Insellösung und konterkariere den revolutionären Ansatz des Deutschlandtickets, endlich die Kleinstaaterei bei den Tarifen abzuschaffen, hieß es.
Kritik aus der Opposition und der Wirtschaft
Die Linksfraktion fürchtet, dass der Beschluss, ein eigenes 29-Euro-Ticket Berlin AB einzuführen, parallel zum bundesweit gültigen 49-Euro-Ticket zu einer Kannibalisierung beider Tickets führen werde. Die Entscheidung sei „verkehrs- und finanzpolitisch falsch“, sagte Kristian Ronneburg, Sprecher für Mobilität der Linksfraktion.
Kritik gab es auch aus der Berliner Wirtschaft. „Natürlich freut sich jeder über billiges Bahnfahren, doch angesichts multipler Krisen, schwächelnder Konjunktur, Inflation und steigender Zinsen ist das 29-Euro-Ticket vor allem eine weitere Hypothek für den Landeshaushalt“, so IHK-Vizepräsident Robert Rückel. „Dieses Geld wäre wesentlich sinnvoller und nachhaltiger in den Ausbau des ÖPNV investiert.“
Der SPD-Landes- und Fraktionschef Raed Saleh wies die Kritik aus der Opposition zurück, die SPD wolle mit dem 29-Euro-Ticket nur ihr Wahlversprechen einlösen. „Ich formuliere es mal anders: Die Berlinerinnen und Berliner wollen, dass das Versprechen umgesetzt wird. Sie haben auch ein Anrecht auf günstigen ÖPNV. Und die Leute in Berlin nutzen das auch“, sagte er. Das 29-Euro-Ticket leiste einen wichtigen Beitrag zur klimafreundlichen Mobilität in Berlin und entlaste die Menschen angesichts der hohen Inflation. Gleichzeitig müsse der ÖPNV aber attraktiver werden. „Und das machen wir auch: Wir ziehen kein Geld aus dem System, wir investieren zusätzliches Geld ins System“, so der SPD-Politiker. „Und zu der Frage, ob es dafür genug Geld im Haushalt gibt: Die kann man immer stellen“, sagte Saleh. „Die Frage ist in der Politik: Wie priorisierst du. Und diese Koalition hat in diesem Punkt eine Priorität gesetzt.“
Nach seiner Einschätzung sei die Wiedereinführung des 29-Euro-Tickets nur ein erster Schritt. „Wir brauchen eine noch deutlich bessere Vernetzung zwischen Berlin und Brandenburg“, sagte er . „In der Perspektive, davon bin ich felsenfest überzeugt, werden wir mit Brandenburg und dem VBB auch über eine Variante ABC diskutieren.“
mit dpa