Politik

Wie die Finanzplanung für Berlin aussieht

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Joachim Fahrun
Stadtansicht mit Rotem Rathaus

Stadtansicht mit Rotem Rathaus

Foto: dpa

Berlins Landeshaushalt kann nach Überzeugung des Finanzsenators nicht weiter wachsen. Ab wann die Ausgaben zurückgefahren werden.

Berlin.  Als der Senat vor zwei Wochen überraschend den Beschluss über die mittelfristige Finanz- und Investitionsplanung für die Jahre bis 2027 vertagte, war zunächst von noch ausstehender Abstimmung zwischen den wegen der Haushaltsberatungen belasteten Ressorts die Rede. Tatsächlich hatten Finanzsenator Stefan Evers (CDU) und seine Senatskollegen aber schlicht übersehen, für eigentlich vorgesehene Vorhaben Geld einzuplanen.

Die Spitzen der Koalition aus CDU und SPD mussten deshalb in den vergangenen Tagen ran und die Lücken stopfen. Ganz wesentlich war dabei der von allen Seiten befürwortete Umbau des ehemaligen Wenckebach-Krankenhauses in Tempelhof in einen zentralen Ausbildungscampus der landeseigenen Klinikkonzerne Vivantes und Charité für Pflege- und andere Gesundheitsberufe. 140 Millionen Euro würden für die erste Baustufe benötigt, so hatte Vivantes-Chef Johannes Danckert kalkuliert, insgesamt sollte der Campus für bis zu 3600 Auszubildende 340 Millionen Euro kosten.

75 Millionen Euro sind für Pflegecampus in der Planung

Die Koalition hat nun zwar Geld in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen, aber viel weniger und erst Jahre später, als es Vivantes vorschwebte. Statt der gewünschten 24 Millionen Euro im nächsten Doppelhaushalt 2024/25, mit denen die Planungen vorangetrieben werden sollten, stehen jetzt in den nächsten zwei Jahren zehn Millionen aus dem Sonder-Investitionstopf Siwa zur Verfügung. Für 2026 sind nun zehn Millionen Euro vorgesehen, 2027 dann 15 Millionen, für die späteren Jahre weitere 50 Millionen Euro. Das ist gerade mal die Hälfte der Summe, die Vivantes gerne gehabt hätte.

Mit diesem Teil-Betrag könnte man die Ausbildung im Wenckebach erstmal starten, so hofft man in der Koalition. Weiteres Geld könne dann aus Wirtschaftsfördermitteln des Bundes über die „Gemeinschaftsaufgabe Stärkung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ kommen. Dieses Programm, das der Bund zu 90 und das Land zu zehn Prozent finanziert, wird inzwischen in Berlin häufig herangezogen, wenn es um die Sanierung maroder Infrastruktur geht.

Bei Vivantes möchte man trotz der Teil-Abfuhr für die eigenen Pläne nicht klagen: „Das ist der Einstieg in eines unserer wichtigsten Infrastrukturprojekte für die Fachkräftesicherung im Berliner Gesundheitswesen“, sagte die Personal-Chefin Dorothea Schmidt: „Vom Berliner Bildungscampus auf dem Wenckebach-Gelände können alle Berliner Kliniken profitieren. Sobald wir die entsprechenden Bestätigungen haben, krempeln wir die Ärmel hoch und fangen an“, so die Personal-Geschäftsführerin.

150 Millionen Euro werden für den Bau neuer Flüchtlings-Wohnhäuser eingeplant

Auch andere absehbare Ausgabenposten mussten die Koalitionäre erst in die Finanzplanung einarbeiten. So fehlte bislang Geld für die vielen geplanten festen Unterkünfte für Geflüchtete, die angesichts der übervollen Notquartiere auf den Flughafenarealen in Tegel und Tempelhof dringend benötigt werden.

150 Millionen Euro sind nun dafür mittelfristig vorgesehen. Ob das reicht oder ob es auch zu viel ist, weil der Senat sich nicht mit den skeptischen Bezirken über Standorte für die Modularbauten einigen kann, weiß derzeit aber niemand.

Begonnene Großprojekte wie das Herzzentrum werden weiter geführt

Und auch ein paar kleinere Projekte sind nun in der Finanzplanung verankert, haben also eine Chance, in den kommenden Jahren realisiert zu werden. Dazu gehört die lange diskutierte Wasserball-Arena auf dem Gelände des Kombi-Bades-Süd in Spandau. Hier soll eine Heimstatt für die Wasserballer von Spandau 04 mit knapp 1000 Zuschauerplätzen entstehen. Das Budget ist mit 25 Millionen Euro angesetzt. Ebenfalls enthalten sind mehrere Sanierungen beziehungsweise Neubauten von Hochschulgebäuden.

Weiter finanziert werden nach Evers Worten der Neubau des Deutschen Herzzentrums, die integrierte Leitstelle für Polizei und Feuerwehr sowie der Weiterbau des Hauses der Statistik am Alexanderplatz.

Ab 2026 sollen die Ausgaben des Landes deutlich heruntergefahren werden

Ob die neuen Vorhaben aber tatsächlich realisiert werden, ist auch mit der Aufnahme in die Investitionsplanung nicht sicher. Evers versicherte zwar, dass der Senat weiterhin neun Prozent seiner Gesamtausgaben für Investitionen einsetzen wolle.

Dieser Anteil wird aber absehbar von einer niedrigeren Basis ausgehen. Denn nach dem Doppelhaushalt 2024/25, für die der Senat in seinem derzeit im Abgeordnetenhaus beratenen Entwurf Ausgaben von 39 Milliarden Euro im ersten und 40 Milliarden im zweiten Jahr vorsieht, muss Berlin den Gürtel deutlich enger schnallen.

Finanzsenator Evers will das Ausgabenvolumen jetzt wieder „normalisieren“

Man müsse zu einer „Normalisierung des Ausgabenvolumens kommen“, beschreibt Evers die Aufgabe. Während der Corona-Pandemie und der Energiekrise hatte der Senat wie alle staatlichen Stellen in Deutschland den Haushalt durch Hilfs- und Entlastungsprogramme massiv aufgeblasen. Nun will der Senator wieder zurück auf das Ausgabenniveau, das sich bei einem regulären Wachstum von etwa drei Prozent pro Jahr ergeben hätte. Daraus folgen selbst nominal, also ohne die immer noch starke Inflation zu berücksichtigen, sinkende Ausgaben von 38,3 Milliarden 2026 und 39,5 Milliarden Euro im Jahr darauf.

Real bedeutet das einen massiven Einsparbedarf, weil viele fixen Kosten wie etwa Gehälter der Landesbediensteten kaum zu beeinflussen sind. Ebers sprach von drei beziehungsweise 3,3 Milliarden Euro „Handlungsbedarf“, den die Koalition aus CDU und SPD mit dem nächsten Haushalt ab 2026 auflösen müsse. Dass er dabei nicht auf steigende Einnahmen setzt, machte Evers mit Verweis auf die schlechte konjunkturelle Entwicklung deutlich. Also mus in erheblichem Umfang gespart werden. „Berlin muss in Zukunft mit weniger Geld besser funktionieren“, so der Finanzsenator.