Berlin. Der Senat hat am Dienstag die Senkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre auf den Weg gebracht. Die Regierung beschloss dazu einen Gesetzentwurf, der nun im Abgeordnetenhaus beraten und auch beschlossen werden soll.
Das Wahlrecht mit 16 besteht bereits für die Wahlen in den Bezirken und für das EU-Parlament. „Landespolitische Entscheidungen betreffen auch junge Menschen, sie erhalten jetzt ein größeres Mitbestimmungsrecht“, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zur Begründung nach der Senatssitzung. Die Absenkung sei ein Signal an junge Menschen, die eigene Zukunft mitzugestalten. „16-Jährige haben genauso eine Meinung wie 18-Jährige oder Ältere“, sagte Spranger. „Befürchtungen, 16-Jährige würden noch nicht über die ausreichende Reife verfügen, halten wir für unbegründet.“
Die Absenkung soll auch für die Teilnahme an Volksbegehren und Volksentscheiden gelten. Das passive Wahlrecht, das heißt, die Möglichkeit, sich wählen zu lassen, bleibt von der Absenkung ausgenommen und bleibt weiter erst bei der Volljährigkeit mit 18 Jahren möglich.
Die Absenkung des Wahlalters wurde im Koalitionsvertrag verabredet
Eine Absenkung des Wahlalters für das Abgeordnetenhaus hatten CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Dazu muss die Landesverfassung mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. „Das wird hoffentlich von der Opposition mitgetragen“, sagte Spranger.
Grüne und Linke haben im Vorfeld bereits ihre Zustimmung signalisiert. Ursprünglich wollte bereits die rot-grün-rote Koalition eine entsprechende Änderung des Wahlrechts vornehmen, konnte sie aber wegen der Wiederholungswahl nicht umsetzen. Grüne und Linke hatten zuletzt vom Senat mehr Tempo verlangt und kritisiert, dass ein konkreter Entwurf der Regierungsfraktionen im Parlament auf sich warten lässt. Die AfD lehnt die Absenkung als einzige Fraktion im Abgeordnetenhaus ab.
Die Zahl der Wahlberechtigten erhöht sich damit um 50.000
Mit 16- und 17-jährigen deutschen Staatsbürgern würde sich die Zahl der Wahlberechtigten für das Abgeordnetenhaus und damit auch für Volksentscheide laut Senat von zuletzt rund 2,44 Millionen um etwa 50.000 erhöhen. Das entspricht nach Angaben Sprangers zwei Prozent der Wahlberechtigten.
Die CDU hatte sich lange gegen eine Absenkung des Wahlalters gesträubt, in den Koalitionsverhandlungen aber dem Wunsch der SPD entsprochen. Zuletzt hatte sie Bedingungen an ihre Zustimmung geknüpft. So sollte die politische Bildung an Schulen gestärkt werden, damit die Jugendlichen eine begründete Wahlentscheidung vornehmen könnten.
SPD und Grüne lehnen politische Bildung durch die Bundeswehr ab
CDU und SPD konnten sich aber nicht darauf verständigen, welche Bildungsmaßnahmen eingeführt werden sollten und wo das Geld für das zusätzliche Angebot herkommen sollte. Die Union denkt etwa daran, Besuche von Jugendlichen im Landesparlament auszuweiten oder auch der Bundeswehr Gelegenheit zu geben, in Schulen über sich zu informieren.
Das stieß auf grundsätzlichen Widerstand bei der SPD. Die Bundeswehr solle nicht an Schulen werben können, heißt es bei der SPD. Auch die Grünen lehnen die Koppelung der Absenkung an zusätzliche politische Bildung ab. Das zeige das Misstrauen der CDU gegenüber jüngeren Menschen.
Weil sich die beiden Regierungsfraktionen in der Frage nicht einigen konnten, wurde die Absenkung nun zunächst vom Senat beschlossen, im Rahmen der Haushaltsberatungen im Abgeordnetenhaus soll dann die Frage nach den flankierenden Maßnahmen zur politischen Bildung verhandelt werden.
Das Abgeordnetenhaus berät über die Absenkung am 21. September
Das Abgeordnetenhaus wird voraussichtlich bereits am kommenden Donnerstag beraten und entscheiden, sodass 16- und 17-Jährige bei den anstehenden Wahlen 2026 wahlberechtigt sind. „Das Wahlalter 16 muss endlich kommen, und zwar ohne Wenn und Aber“, sagte die jugendpolitische Sprecherin der Grünen, Klara Schedlich, am Dienstag. „Der nächstmögliche Termin ist der Plenartag am 21. September.“
Nach Angaben des Vereins „Mehr Demokratie“ wäre Berlin das siebte Bundesland, in dem 16- und 17-Jährige auf Landesebene wählen dürfen. Entsprechende Regelungen bestehen bereits in Brandenburg, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen in Nordrhein-Westfalen ist die Absenkung ebenfalls verabredet.
In manchen Ländern ist das Wahlalter an eine Berufsausbildung gekoppelt
In Österreich beträgt das allgemeine Wahlalter ebenfalls 16. In Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Slowenien beträgt das Wahlalter grundsätzlich 18, wer jedoch eine Berufsausbildung macht, darf bereits mit 16 wählen gehen. In den übrigen europäischen Ländern darf ab 18 Jahren gewählt werden, in Italien besteht für Senatswahlen darüber hinaus eine Altersgrenze von 25 Jahren.