Berlin. In Zeiten des Fachkräftemangels kürzt der Berliner Senat die Gelder für berufliche Bildung. Ein Widerspruch zu den Förderungszielen.
Gerade erst hat der Senat das Bündnis für Ausbildung gestartet, um mehr junge Menschen den Einstieg in den Beruf zu ermöglichen, da streicht die Landesregierung gleichzeitig die Zuschüsse für die berufliche Bildung. Der Haushaltsentwurf sieht vor, die Zuschüsse für die Berufsbildung, Qualifizierung und Fortbildung um fast 30 Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren zu kürzen.
„Wir haben in den Haushaltsgesprächen hart für unser Haus verhandelt“, sagt Arbeitsstaatssekretärin Micha Klapp. „Die im vom Senat beschlossenen Haushaltsplan 2024/25 veranschlagten Mittel reichen jedoch nicht aus, um sämtliche Angebote in der Ausbildungs- und Beschäftigungsförderung im bisherigen Umfang fortsetzen.“
Konkret betroffen sind die Zuschüsse des Landes zur Aufstiegsfortbildung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung, Jobcoaching und Qualifizierung. Anbieter solcher Fortbildungsprogramme müssen künftig mit weniger Geld auskommen.
Bei der Arbeitsmarktpolitik setzt der Senat neue Schwerpunkte
Einige Kürzungen seien darin begründet, dass weniger Haushaltsmittel beantragt wurden, so die Arbeitsverwaltung. Zu berücksichtigten sei zudem, dass es in den letzten Jahren erhebliche coronabedingte außerplanmäßige Ausgaben gab, die nun teilweise wieder zurückgefahren werden müssten. „Die anstehenden Veränderungen sind Ausdruck einer veränderten Arbeitsmarktlage und damit einhergehend einer veränderten Schwerpunktsetzung des Senats“, rechtfertigt Klapp die Einschnitte.
Zum Teil seien Mittel auch umgeschichtet worden, um Schwerpunkte bei der Ausbildung und Berufsorientierung, insbesondere zur Förderung des Berufseinstiegs junger Menschen zu setzen. „Das ist uns sehr wichtig“, sagt Klapp. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat gerade angekündigt, die Berufsorientierung an Schulen ausbauen zu wollen.
Die geplanten Kürzungen stehen im Widerspruch zum Ziel des Senates, den Fachkräftemangel durch mehr Ausbildung abzumildern. 2000 zusätzliche Ausbildungsplätze sollen in den kommenden Jahren entstehen. Ende August 2025 wollen die Partner des Bündnisses überprüfen, ob dieses Ziel in Form von unterzeichneten Ausbildungsverträgen erreicht wurde.
Bis 2025 sollen 2000 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden

Senat, Wirtschaftsverbände, Kammern, Gewerkschaften und Agentur für Arbeit wollen im Rahmen des Bündnisses zudem dafür sorgen, dass freie Lehrstellen auch tatsächlich besetzt werden. Das Bündnis für Ausbildung hatten CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen. Hintergrund ist die seit Jahren sinkende Zahl betrieblicher Ausbildungsplätze.
Die Ausbildungsquote in Berlin ist seit Jahren unterdurchschnittlich. Trotz aller Bemühungen in der Vergangenheit liegt die Quote weit unter dem Bundesdurchschnitt, gleichzeitig wächst der Fachkräftemangel. Bis 2030 benötigt Berlin 300.000 Fachkräfte, um den Bedarf zu decken. Doch wie das geschehen soll, ist unklar.
Sollte das Ziel von mindestens 2000 zusätzlichen Lehrstellen bis 2025 nicht gelingen, wird eine Ausbildungsplatzabgabe für Unternehmen eingeführt, die nicht ausbilden. Die Umlage wurde von den beiden Vorgängerinnen der aktuellen Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD), Elke Breitenbach und Katja Kipping (beide Linke) auf den Weg gebracht und sollte ursprünglich bereits ab 2024 gelten.
Die Zahl der Auszubildenden sinkt in Berlin seit Jahren
Unternehmen, die nicht ausbilden, sollen sich an den Kosten der Nachwuchsförderung beteiligen, um so Unternehmen zu entlasten, die ausbilden. In der Baubranche gilt so eine Umlage bereits seit 40 Jahren. Doch die CDU lehnt eine derartige Zwangsabgabe ab. Unternehmen sollen nun zunächst zwei Jahre lang Zeit bekommen, die Ausbildungsquote freiwillig zu erhöhen.
Gab es 2002 noch rund 59.000 Auszubildende in der Stadt, waren es 2012 mit 45.000 schon deutlich weniger. Zuletzt bildeten die Berliner Unternehmen nur noch 36.430 Nachwuchskräfte aus. „Bei der Ausbildung ist Berlin eher auf dem Stand von Hertha BSC als von Union Berlin“, bilanzierte Heiko Glawe vom Deutschen Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg (DGB) die Situation. Hertha ist gerade aus der ersten Fußballbundesliga abgestiegen, Union nimmt in dieser Saison dagegen an der Champions League teil.
Aus Sicht des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung wäre eine bessere Besetzung von Ausbildungsplätzen möglich, wenn sich Unternehmen mehr für Auszubildende mit Migrationshintergrund öffnen würden. Eine Studie des Instituts habe ergeben, dass es Bewerber mit einer Einwanderungsgeschichte schwerer haben, einen dualen Ausbildungsplatz zu ergattern.
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