Berlin . SPD-Landes- und Fraktionschef Raed Saleh will einen zweiten Anlauf zur Einführung eines Mietendeckels starten. „Ich fordere vom Bund, dass jetzt die Möglichkeit für Mietbegrenzungen in den Bundesländern geschaffen wird“, sagte Saleh im Interview mit der Berliner Morgenpost. Berlin habe mit der Einführung des Mietendeckels einen ersten Versuch dafür unternommen, wurde aber vom Bundesverfassungsgericht gestoppt, weil die rechtliche Grundlage dafür fehlte. „Die fordere ich jetzt ein, weil wir ansonsten die Mieterinnen und Mieter weiter belasten, statt zu entlasten“, sagte Saleh. „Wir sehen doch alle, dass die Belastungsgrenze an vielen Orten erreicht ist.“
Das komplette Interview lesen Sie hier: Raed Saleh: „Im Koalitionsvertrag steht nichts vom Vorrang für das Auto“
SPD-Chef befürchtet weitere Belastung der Mieterinnen und Mieter
Saleh befürchtet, dass Mieterinnen und Mieter durch die jüngsten Ankündigungen der Bundesregierung weitere Mieterhöhungen zu befürchten haben. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass jetzt auf Bundesebene die Modernisierungsumlage von acht auf zehn Prozent erhöht wird“, so Saleh weiter. Damit steige der Wert der Immobilien für die Eigentümer und gleichzeitig würden die Mieterinnen und Mieter dafür zur Kasse gebeten. „Ich will nicht, dass die Gewinne privatisiert und die Kosten sozialisiert werden.“
Ein Mietendeckel könnte aus Sicht des SPD-Chefs auch die Enteignung von Wohnungen großer Immobilienkonzerne ersetzen. Die Expertenkommission habe in ihrem Abschlussbericht Vergesellschaftungen für möglich gehalten, wenn es kein milderes Mittel zur Mietenbegrenzung gebe. „Wir brauchen die Öffnungsklausel für die Länder, damit sie selber entscheiden können, ob sie eine Mietbegrenzung vornehmen wollen, wenn es eine schwierige Lage auf dem Mietmarkt gibt“, so Saleh.
Auch die Bundes-SPD fordert eine Verschärfung des Mietrechts
Der Vorstoß Salehs ist mit der Bundespartei abgestimmt, die sich ebenfalls für eine Verschärfung des Mietrechts ausspricht. Allerdings lehnt die FDP alle entsprechenden Forderungen bislang ab. „Deswegen müssen wir jetzt eine breite Diskussion darüber führen“, fordert Saleh. „Es gibt Städte und Kommunen, die ein Problem haben, es kann nicht so weitergehen, dass die Kosten nur auf die Gemeinschaft umgelegt werden.“
Der SPD-Chef erhofft sich dadurch auch eine größere Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen. „Akzeptanz für den Klimaschutz erreicht man nur, wenn die Kosten fair verteilt werden.“ Deswegen habe sich die Koalition in Berlin darauf verständigt, ein Vergesellschaftungsrahmengesetz zu erarbeiten, das für alle Bereiche der Daseinsvorsorge gilt, nicht nur für das Wohnen.
„Das ist bundesweit einmalig“, sagte Saleh und verwies auf ähnliche Regelungen in anderen Wirtschaftsbereichen. „Im Taxigewerbe gibt es das schon lange.“ Taxifahrer dürften auch nicht Preise verlangen, wie sie wollten. „Warum sollte so etwas nicht auch beim Wohnen und anderen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge gelten?“, sagte Saleh. „Wenn etwas schiefläuft, wie es auf dem Wohnungsmarkt vieler Städte in unserem Land aktuell der Fall ist, hat der Staat die verdammte Pflicht einzugreifen.“
SPD-Chef will bei der Mobilitätswende mehr Tempo machen
In Sachen Mobilitätswende und Klimaschutz will SPD-Chef Saleh an Tempo zulegen und mahnt den Koalitionspartner CDU, sich an Absprachen zu halten. „Wir brauchen die Mobilitätswende in Berlin, weil die Stadtplanung in der Vergangenheit viel zu lange das Auto priorisiert hat“, so Saleh. „Wer heute mit offenen Augen durch die Straßen geht, bemerkt, dass sich das Mobilitätsverhalten vieler Berlinerinnen und Berliner verändert. Zum Glück!“ Es gebe mehr Radfahrende als je zuvor, Fußgänger und ÖPNV benötigten mehr Schutz und Platz.
Das sei mit der CDU so verabredet. „Wir haben einen Koalitionsvertrag, da steht nichts von einem Vorrang für Autos drin“, sagte Saleh vor dem Hintergrund des aktuellen Streits um den Radwegeausbau und den möglichen Wegfall von Parkplätzen. Um die wogen zu glätten, schlägt Saleh wie Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) die Einsetzung eines Gremiums vor, dass die Belange aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigt. „Wir brauchen einen runden Tisch Mobilität, der die unterschiedlichen Beteiligten zusammenbringt“, sagte Saleh. „Was will der ÖPNV, was die Feuerwehr, was wollen die Zufußgehenden, Rad- und Autofahrenden. Das gehe nicht ohne die Neuverteilung des öffentlichen Raumes.
Die Verkehrssenatorin hat erhebliche Kritik auf sich gezogen
Verkehrssenatorin Schreiner hatte erhebliche Kritik ausgelöst, nachdem sie zunächst alle Pläne zum Radwegeausbau in den Bezirken angehalten hatte. Inzwischen ist der Stopp für mehrere Vorhaben aufgehoben, andere sollen überprüft werden. Allerdings ist nach wie vor unklar, welche Kriterien für diese Überprüfung gelten sollen. Es drohen Fördergelder verloren zu gehen.