Berlin. Das wäre sehr kurzfristig: “Rave the Planet“, die Nachfolgeveranstaltung der Berliner Loveparade, droht für Samstag die Absage.
Der Nachfolgeveranstaltung der Berliner Loveparade, "Rave the planet", am kommenden Samstag droht die Absage. Wie die Veranstalter am Montag mitteilten, habe der Malteser Hilfsdienst wider Erwarten mitgeteilt, man stehe für Sanitätsleistungen nicht zur Verfügung. Erwartet wurden 300.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Geplant war ein Umzug zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule mit 25 Musikwagen. Insgesamt, so die Veranstalter, könnte eine Absage zu einem wirtschaftlichen Schaden im siebenstelligen Euro-Bereich führen.
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"Rave the Planet" 2023 in Berlin auf der Kippe: Veranstalter bereit zur Klage
Von sich aus werde man den Umzug nicht absagen, erklärten sie. Derzeit gebe es zahlreiche Gespräche zu möglichen Lösungen, etwa mit den Berliner Senatsverwaltungen. Gegebenenfalls sei man allerdings bereit, für die Umsetzung von „Rave the Planet“ vor das Verwaltungsgericht zu ziehen.
Der Malteser Hilfsdienst zählt zu den großen karitativen Dienstleistern in Deutschland. Unterstützung findet die katholische Hilfsorganisation bei rund einer Million Mitgliedern. Als eingetragener Verein und gemeinnützige Gesellschaft sind Malteser in Deutschland an mehr als 700 Orten vertreten.
Loveparade-Nachfolger hat jetzt keinen medizinischen Hilfsdienst
Mit ihnen, so die gemeinnützige Rave the Planet gGmbH als Veranstalter, sei man seit März 2022 im Gespräch. Am 21. Juni habe man die Mitteilung erhalten, dass der Verein nicht zur medizinischen Versorgung beim Umzug zur Verfügung stehen werde. Zu Motiven äußerten sich die Veranstalter nur vage. Der Hilfsdienst habe demnach auf die kurzfristige Planungszeit und eine enorme Zahl von erwarteten Teilnehmern verwiesen.
Auf Anfrage der Berliner Morgenpost teilte dagegen der Malteser Hilfsdienst mit, die Veranstalter hätte bis vor wenigen Tagen wesentliche Unterlagen, etwa zum Sicherheitskonzept, nicht vorgelegt. Grundlegende Planungen seien nicht rechtzeitig übermittelt worden. Darüber hinaus habe es keinen Vertrag über Sanitätsdienstleistungen gegeben.

Die katastrophale Loveparade 2010 forderte 21 Todesopfer
Die diesjährige „Rave The Planet“ ist als großer Aufschlag geplant. Die Macher um die Geschäftsführer Dr. Motte, alias Kult-DJ Matthias Roeingh, und Timm Zeiss, verstehen ihre 2022 gestartete Open-air-Party als aktualisierte Version der Loveparade. Jenes Großereignis fand in Berlin erstmals 1989 statt und wurde zum Massenphänomen. Die letzte Parade gab es in Berlin 2006. Es folgte die Verlagerung ins Ruhrgebiet. 2010 kam es in Duisburg während der Veranstaltung zum Unglück in dessen Folge 21 Menschen starben, rund 650 Menschen wurden verletzt.
Im Rückblick auf die Berliner Ära des Raves jedoch würden Berlin-Tourismusvermarkter wohl Roeingh in seiner Einschätzung vom Montag zustimmen. „Die Techno-Bewegung hatte eine gigantische Marketing-Wirkung für Berlin“, sagte er.
Techno war für Berlin wichtiger Image-Faktor
Ihm und den Organisatoren war am Montag das Wissen um die brenzlige Situation anzumerken. Nach 200.000 Teilnehmern im vergangenen Jahr rechnet man immerhin mit einem Besucherrekord in 2023. Viele Fans kämen von außerhalb, hätten Unterkünfte gebucht, so Zeiss.

Auch die Clubszene Berlins wäre von einer Absage schwer getroffen. Die Betreiber der 25 Musikwagen mit 200 DJs haben laut Zeiss jeweils bis zu 30.000 Euro dafür investiert. Caterer hätten allein für die Stromversorgung vor Ort im Voraus 35.000 Euro bezahlt. Hinzu kommen nachfolgende Veranstaltungen in den Clubs, für die wegen des besonderen Anlasses oft herausragende, teure DJs engagiert wurden. „Wir sind jetzt sehr, sehr nervös“, sagte Zeiss.
Der Umzug sollte über die Straße des 17. Juni gehen
Für die Verpflichtung des Malteser Hilfsdienstes seien rund 50.000 Euro veranschlagt gewesen. Im Rahmen des Sanitäterkonzepts hätten am kommenden Sonnabend 300 Sanitäter und Ärzte an der Umzugsstrecke, der Straße des 17. Juni, bereit gestanden. Laut Zeiss habe man nun Kontakt mit anderen Anbietern aufgenommen, die Vergleichbares realisieren könnten. Dabei habe etwa die Berliner Feuerwehr mitgeteilt, dass man dazu nicht in der Lage sei.
Einzig private Unternehmen kämen laut Zeiss noch infrage. Die allerdings würden das Vier- bis Fünffache verlangen. Dies übersteige aber das Budget der Veranstalter, das bislang bei 105.000 Euro für den gesamten Rave liege. Zeiss geht davon aus, dass der wirtschaftliche Schaden im siebenstelligen Euro-Bereich liegen werde, wenn die Veranstaltung nun ausfallen müsse.
Keine Party ohne Sanitätsdienstleister
Ohne Sanitätsdienstleister ist „Rave The Planet“ nicht denkbar. Einen Termin dafür, vorab ihren Umzug abzusagen, nannten Motte und Co. am Montag nicht. Allerdings behalte man sich vor, bei Nichtgenehmigung durch die Versammlungsbehörde vor das Verwaltungsgericht zu ziehen. Man gehe davon aus, so die Veranstalter, dass es eine Absprache zwischen Berliner Hilfsorganisationen bestehe, den Rave sanitätsdienstlich nicht zu begleiten. Einen Beweis blieben sie allerdings schuldig.
Während jetzt fraglich ist, wie ausgereift die Planungen der Veranstalter waren und wie sinnvoll es ist, in dieser Situation einzuspringen, war offenbar vieles bereits organisiert. „Rave The Planet“-Sprecherin Ellen Dosch-Roeingh erklärte, man habe doppelt so viele WCs für den Streckenrand geordert wie im vergangenen Jahr. 2022 ging es vom Kurfürstendamm zur Siegessäule. In diesem Jahr sei dieser Streckenverlauf wegen Sicherheitsbedenken seitens der Stadt abgelehnt worden, so die Veranstalter.
Bislang halten sie an einem Start um 14 Uhr fest. Ihr Umweltkonzept sieht vor, dass Anbieter von Speisen und Getränken auf Plastikgeschirr verzichten. Glas ist nicht zugelassen. Allerdings lässt sich nicht vermeiden, dass Besucher eigene Bierflaschen mitbringen. Nach Ende der Veranstaltung ist für 22.30 Uhr eine Reinigung durch die BSR vorgesehen. Tags darauf sind Freiwillige aufgerufen, wie im vergangenen Jahr rund 235 Hektar Tiergartenfläche aufzuräumen.