Hin und Her geht weiter

Doch kein Baustopp: Neue Wendung im Radwege-Chaos

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Manja Schreiner von der CDU ist neue Berliner Senatorin für Verkehr, Klimaschutz und Umwelt.

Manja Schreiner von der CDU ist neue Berliner Senatorin für Verkehr, Klimaschutz und Umwelt.

Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) konkretisiert Planungsstopp. Bereits im Bau befindliche Radwege sollen fertiggestellt werden.

Berlin. Neue Radwege, die bereits im Bau oder fertiggestellt sind, sollen nicht noch einmal überprüft werden. Das stellte Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) in einem Brief an die Bezirke klar. Alle Radwege, die im Moment im Bau sind, können demnach vollendet werden.

In den vergangenen Tagen hatte es Irritationen über die angekündigte Überprüfung von Radwegen gegeben. Die Verkehrsverwaltung wollte alle geplanten Wege, durch die Parkplätze oder Fahrspuren entfallen, zunächst stoppen und überprüfen.

Der Planungsstopp hatte scharfe Kritik ausgelöst

Das hatte erhebliche Kritik ausgelöst. Im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses herrschte am Donnerstag ebenfalls Unklarheit darüber, welche geplanten Radwege betroffen sind und auf welcher Grundlage der Planungsstopp erfolgt ist.

„Im Zuge der Überprüfung und Priorisierung der Radverkehrsmaßnahmen wurde von der Leitung der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt entschieden, alle bisher von meiner Verwaltung erteilten Finanzierungs- bzw. Mittelzusagen für das laufende und alle künftigen Haushaltsjahre temporär außer Kraft zu setzen“, heißt es in dem Schreiben der Verkehrsverwaltung.

Allerdings gelten zahlreiche Ausnahmen, die nun in dem Schreiben konkretisiert wurden. Ausgenommen von der Sperre sind Radwege, „für die vor dem heutigen Tag bereits Bau- oder Sanierungsleistungen beauftragt wurden“, heißt es. Auch Radwege, die nach Beschlüssen der der Unfallkommission zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen, sind nicht betroffen, genauso wie Vorhaben, die der Schulwegsicherung dienen.

Es gibt zahlreiche Ausnahmen vom Planungsstopp

Auch die bloße Sanierung von Radwegen kann demnach fortgesetzt werden, wenn sie nicht verbreitert werden. Schon bekannt war, dass Radwege, denen nicht mehr als zehn Parkplätze pro 500 Meter wegfallen oder den ÖPNV und den Wirtschaftsverkehr nicht beeinträchtigen weiter vorangetrieben werden können.

Wie viele Vorhaben konkret betroffen sind, blieb auch am Donnerstag unklar. Die Senatsverwaltung hat die Bezirke beauftragt, bis zum 27. Juni entsprechende Listen vorzulegen. Danach würden die Planungen priorisiert.

Ob die neue Regelung auch für die Ollenhauer Straße in Reinickendorf gilt, ist unklar. Hier ist der Radweg fertiggestellt und sollte eigentlich freigegeben werden. Doch der Bezirk stoppte das Vorhaben auf Grund der Senatsanweisung kurzfristig. Im Hauptausschuss blieb die zuständige Staatssekretärin Claudia Stutz eine Antwort darauf trotz vielfacher Nachfragen schuldig.

Der Bezirk will an der Sperrung des Radweges vorerst festhalten, trotz anderslautender Vorgaben der Verkehrsverwaltung. „Der Bezirk setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, eine vernünftige Lösung für alle in Reinickendorf zu finden“, teilte Verkehrsstadträtin Julia Schrod-Thiel mit. „Dazu braucht es aber Zeit, Geduld und vor allem Überzeugungskraft in jede Richtung – Sorgfalt vor Schnelligkeit muss hier der Grundsatz sein.“

Verwaltung will auch temporäres Parken auf Radwegen prüfen

Nach Informationen der Berliner Morgenpost will Schreiner im Rahmen der Priorisierung auch überprüfen, ob auf bestimmten neuen Radwegen das Parken temporär, zum Beispiel in der Nacht, erlaubt werden soll.

Die Maßnahme der Verkehrsverwaltung hatte massive Kritik ausgelöst, auch, weil die Bezirke möglicherweise Fördergelder für geplante Radwege wegen des Baustopps zurückzahlen müssen. Eine geplante Sondersitzung des Mobilitätsausschusses lehnten die Koalitionsfraktionen ab. Die nächste reguläre Sitzung findet in der kommenden Woche statt.

Die Opposition erneuerte am Donnerstag die Kritik am Vorgehen der Verkehrsverwaltung. Die Linke wähnt hinter der Anordnung aus der Verkehrsverwaltung sogar ein rechtswidriges Verhalten der Behörde. Da die Ermächtigung der Bezirke für die Planung und den Bau der Radwege bereits erfolgt sei und eine Rücknahme der Finanzierungszusage nur unter besonderen Umständen durch die Finanzverwaltung erfolgen könne, habe die Verkehrssenatorin kein Recht gehabt, den temporären Stopp zu verfügen, so der Rechtsexperte der Fraktion, Sebastian Schlüsselburg.

CDU und SPD verteidigen das Vorgehen der Verkehrssenatorin

CDU und SPD rechtfertigten das Vorgehen dagegen. Es sei üblich, dass neue Landesregierungen sich einen Überblick über die bestehenden Vorhaben mache und möglicherweise nach den eigenen politischen Überzeugungen neu bewerte, sagten Verkehrsstaatssekretärin Stutz und Finanzstaatssekretärin Tanja Mildenberger.

Dass die Verwaltung bereits jetzt diese Neubewertung vornehme sei ein Zeichen dafür, wie ernst es die neue Regierung mit dem Ausbau der Radwege meine. Unsinnige Planungen der Vorgängerregierung sollen gestoppt, sinnvolle Radwege schnell realisiert werden, so CDU-Haushaltsexperte Christian Goiny.

Bislang sei kein finanzieller Schaden entstanden, heißt es

Offen blieb am Donnerstag auch, ob die geplante Neubewertung nur für Radwege gilt, oder ob auch Vorhaben anderer Verwaltungen auf den Prüfstand und vorerst gestoppt werden. Auch dazu gaben die beiden Staatssekretärinnen trotz mehrerer Nachfragen keine Antwort.

Bislang sei dem Haushalt jedoch kein finanzieller Schaden entstanden, versicherte Staatssekretärin Stutz. Die Überprüfung der Radwegeplanung solle bis zu den Haushaltsberatungen abgeschlossen sein und in den kommenden Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025 einfließen.

Die aktuellen Haushaltsberatungen stehen unter einem erheblichen Einspardruck. Alle Senatsverwaltungen müssen nach den Vorgaben des Finanzsenators Stefan Evers (CDU) Kürzungen der geplanten Ausgaben hinnehmen.